"Politik gegen die Interessen der Verbraucher"
Der Einfluss der Bauernlobby sei fast legendär, kritisiert der Geschäftsführer von Foodwatch, Martin Rücker, angesichts des Rufs nach staatlicher Hilfe für die Landwirtschaft wegen der Dürre. Die Politik handle entgegen den Interessen der Verbraucher.
Wegen der Sommerhitze und der andauernden Dürre hoffen die deutschen Landwirte auf staatliche Hilfe in Milliardenhöhe. "In der Situation muss man natürlich hinschauen, wie es den Betrieben geht und ob da politisches Handeln erforderlich ist", sagte der Geschäftsführer der Verbraucherorganisation Foodwatch, Martin Rücker, im Deutschlandfunk Kultur. Allerdings sei es schon erstaunlich, wie schnell die Politik jetzt reagiere.
Der Einfluss des Bauernverbandes sei fast legendär und habe unter der Führung von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) noch zugenommen. Das Ministerium sei sowohl für die Erzeugerseite, die Ernährungsindustrie, die Landwirtschaft als auch den Verbraucherschutz zuständig. Aber im Namen trage es den Verbraucherschutz nicht mehr, sondern heiße nur noch Landwirtschafts- und Ernährungsministerium. "Das ist ein Interessenkonflikt, den man in einem Ministerium eigentlich gar nicht auflösen kann. Und wir erleben es in der Politik, dass die Wirtschaftsinteressen sich ganz häufig durchsetzen und Politik gegen die Interessen der Verbraucher gemacht wird", kritisierte Rücker.
Reaktionäre Debatten
Außerdem gebe es eine starke personelle Verflechtung der Interessen. Viele Bundestagsabgeordnete seien nicht nur als Landwirte tätig, sondern übten neben ihrem Mandat auch noch bezahlte Lobbyfunktionen aus. Im Landwirtschaftsausschuss säßen dadurch Parlamentarier, die bezahlte Präsidenten eines Bauernverbandes seien. "Das kann nicht funktionieren", sagte Rücker und forderte eine stärkere Entflechtung. Ähnliches gelte auch für Klöckner selbst, die beispielsweise als "Bierbotschafterin" Werbepositionen der Branche übernehme. "Eine reine Werbe-Maskottchen-Position." Die Ministerin sei außerdem Mitglied bei den Landfrauen, für die sie ein eigenes Referat im Ministerium schaffen wolle.
Der Foodwatch-Vertreter kritisierte, dass sich die Landwirtschaft trotz der verbreiteten Kritik an ihren Praktiken zu wenig verändere. Themen wie die Verantwortung der Landwirtschaft für den Klimaschutz oder die Tierhaltung würden dadurch vernachlässigt, es gebe leider nur "sehr reaktionäre Debatten".
(gem)