Klaus Reichert: "Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen"
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
248 Seiten, 26 Euro
Wolken und was sie uns sagen können
"Wolkendienst" heißt das neue Buch von Klaus Reichert. Der ehemalige Präsident der Akademie für Sprache und Dichtung hat darin auch ein "Wolkentagebuch" festgehalten. Mit dem Schriftsteller Florian Illies spricht er über die Schönheit der Himmelsgebilde in der Kunst.
Wolken am Himmel: Immer schon haben sie Künstler, Schriftsteller und Maler fasziniert. Diesem Naturphänomen hat der Anglist, Übersetzer und Schriftsteller Klaus Reichert jetzt ein Buch gewidmet. Die Faszination an Wolken teilt Reichert mit dem Kunsthistoriker Florian Illies, dem Verfasser des Bestsellers "1913". Beide Autoren waren im Doppelgespräch in unserer Sendung "Lesart" zu Gast.
Von Kindesbeinen an sei er von den flüchtigen Gebilden am Himmel begeistert gewesen, so erzählt Reichert und beschreibt die damalige Veränderung seiner Wahrnehmung:
"Bei mir hat es so ungefähr mit sieben Jahren angefangen. Bis dahin hatte ich am Himmel eben immer nur Flugzeuge gesehen. Und auf einmal, nach der Zerstörung unserer Städte, lag ich auf der Wiese und sah zum ersten Mal echte Wolken am Himmels. Ich habe damals angefangen, Wolken zu beschreiben. Das war so schön, ich musste es aufschreiben. Seitdem versuche ich, Wolken zu beschreiben und merke: Es geht nicht, es ist so schwer."
Bei Florian Illies ist die Neigung zu den Wolken durch die Beschäftigung mit der Kunst des 19. Jahrhunderts ausgelöst worden. In dieser Zeit sei plötzlich die einzelne Wolke zum Bildobjekt geworden, sagt er:
"Durch das Anschauen dieser Bilder, durch die Schönheit dieser Bilder bin ich dann in einem zweiten Schritt auch dazu gekommen, wieder mehr nach oben zu schauen. In diesem Wechselspiel zwischen Kunst und dem Leben, was sich dort im Himmel abspielt. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren sehr damit. Und bin deshalb auch so glücklich, wenn man plötzlich jemanden findet wie Herrn Reichert. Wo man sieht, aus welcher tiefen Fülle er seine Wolkenkenntnisse schöpft."
Reicherts Buch enthält auch das "Wolkentagebuch" des Autors, es finden sich Gedankensplitter und ausführliche Essays zu Literatur und Kunst. Er sei von den Wolken den Weg zu den Bildern gegangen, sagt Reichert – es war also ein umgekehrter Prozess als bei Illies:
"Die Bilder habe ich mir wegen einer bestimmten Frage angesehen: Wie hat man denn fixiert, was sich nicht fixieren lässt, was so flüchtig ist? Ich schaue es an. Und wenn ich es beschrieben will, hat es sich schon wieder verwandelt. Und ähnlich ging es den Künstlern mit der Frage: Wie kann ich es denn fixieren? Einer der ganz großen Wolkenmaler des 19. Jahrhunderts ist eben John Constable."