Formeln für den alltäglichen Gebrauch
Henry Wadsworth Longfellow gilt als einer der Klassiker der amerikanischen Literatur des 19. Jahrhunderts, der vor allem mit seinem "Lied von Hiawatha" berühmt wurde. Als Professor für moderne Sprache machte er auch die deutsche Literatur in Amerika bekannt und bereiste während längerer Europa-Aufenthalte vor allem die Rheinlandschaft.
Der Fremde war fast ganz in Weiß gekleidet und wirkte so auf den ersten Blick als eine "kühle und vornehme Erscheinung". Er hielt sich zu einer Wasserkur in Boppard auf und war für einen Tag nach St. Goar gekommen, weil er den dort lebenden deutschen Dichter Ferdinand Freiligrath kennen lernen wollte. Freiligraths Frau hat die Szene am Rhein im Jahr 1842 beschrieben:
"Longfellow, der, wenn auch noch nicht so berühmt wie später, doch schon eine immer sehr hervorragende Stellung in der amerikanischen Literatur einnahm, dachte sicherlich nicht, dass sein Ruf schon bis St. Goar gedrungen war, und war daher nicht wenig erstaunt, als Freiligrath eine amerikanische Anthologie vom Büchergestell nahm und ihn fragte, ob er der Verfasser der darin unter diesem Namen verzeichneten Gedichte sei."
Am Rhein hat Henry Wadsworth Longfellow Spuren hinterlassen, die noch heute zu besichtigen sind. Der Marktbrunnen in Geisenheim trägt seinen Namen, mit einer Inschrift, die einen Text Longfellows aus dem Jahr 1851 zitiert:
"Was für ein Läuten mag das sein, es klingt so mild, so tief und rein? Das ist zum Sonnenuntergang voll Wehmut, dass der Tag versank, der Glockenklang von Geisenheim."
Ferdinand Freiligrath hat später viele Texte Longfellows ins Deutsche übersetzt und ihn populär gemacht. Der meist in Weiß gekleidete Herr war auch intellektuell eine kultivierte Erscheinung. Am 27. Februar 1807 in Portland im Bundesstaat Maine geboren und in einer traditionsreichen Puritanerfamilie Neuenglands aufgewachsen, studierte er moderne Sprachen am Bowdoin College und wurde dort später Professor, im Alter von 22 Jahren; später lehrte er in Harvard. Er hatte früh zu schreiben begonnen und mit seinem ersten Gedichtband "Voices of the Night" von 1839 auch sofort breite Anerkennung gefunden. "A Psalm of Life" heißt ein Gedicht darin, mit einer klaren Botschaft:
"Lern zu arbeiten und zu warten."
Die Melodie des Lebens, die Longfellow in seinen Büchern spielte, war einerseits die Melodie des Alltags, die er auch auf ihre Nutzbarkeit hin überprüfte und in Formeln für den alltäglichen Gebrauch fasste:
"Schaue nicht klagend in die Vergangenheit zurück, sie kommt nicht wieder [...] So lasst uns denn bereit sein und handeln, auf jedes Schicksal gefasst [...] Es ist einfacher, eine Sache richtig zu machen, als zu erklären, warum man sie falsch gemacht hat [...]."
Andererseits erkundete er die Lebensmelodie des amerikanischen Volkes und hat für sie in seinem Buch "Das Lied von Hiawatha" einen legendären Ausdruck gefunden.
"Fragt ihr mich vielleicht, von wannen / Diese Märchen, diese Sagen, / Voll vom Duft des Waldes, / Voll vom Dunst und Tau der Wiesen, / Voll vom steigenden Rauch der Wigwams, / Voll vom Rauschen großer Ströme, / Voll von steter Wiederholung, / Voll von wildem Hall und Rückhall, / Wie des Donners in den Bergen? / Geb' ich Antwort, sprech und sag'ich / "Aus den Wäldern und den Steppen, / Von den großen Seen des Nordlands, / Aus dem Land der Tschippewäer, / Aus dem Land der Dacothas, /Aus den Bergen, Mooren, Sümpfen, / Wo der Reiher, der Shu-shu-gah, / Nahrung sucht in Rusch und Röhricht! / Wiedergeb' ich sie getreulich, / Wie vom Munde Nawadahas's, / Wie vom Mund des süßen Singers / Selber ich sie vordem hörte!"
Longfellows Epos "Das Lied von Hiawatha" beschreibt das Leben des indianischen Ojibwa-Häuptlings Hiawatha, ein weit in amerikanische Mythen und Geschichte zurückgreifender lyrischer Gesang, in dem nicht nur die Natur gefeiert wird, sondern auch Legenden wie die Geschichte vom nackten Bär oder von der Friedenspfeife aufbewahrt werden. Das Gedicht hat die amerikanische Literaturgeschichte wesentlich geprägt und wurde zu einem Nationalepos. Von heute aus gelesen fällt die, wenn auch emphatisch aufgeladene, Konventionalität der Wörter und Bilder auf. Zu Longfellows Lebzeiten galt der Text durchaus als klassisch innerhalb der Tradition. Diese Tradition kannte Longfellow auch aus der europäischen Literaturgeschichte, die er dem amerikanischen Publikum zum Beispiel durch Übersetzung von Dantes "Göttlicher Komödie" zu vermitteln versuchte. Auch die formale Struktur des "Lied von Hiawatha" kam aus dieser Tradition, indem Longfellow sich am Vorbild des finnischen Nationalepos Kalevala orientierte und dafür extra Finnisch gelernt hatte. Ein unermüdlicher Ideenvermittler, der zum Beispiel Goethe und die deutsche Romantik in Amerika bekannt gemacht hat.
Nach seiner Pensionierung als Professor in Harvard lebte Longfellow als freier Schriftsteller, schrieb viel - das meiste ist heute vergessen - und bereiste 1878 noch einmal Europa. Gestorben ist er am 24. März 1882 in Cambridge, Massachusetts. Der Dichter war im Alter eine völlig weiße Erscheinung geworden, mit langem weißen Haar und weißem Rauschbart.
"Longfellow, der, wenn auch noch nicht so berühmt wie später, doch schon eine immer sehr hervorragende Stellung in der amerikanischen Literatur einnahm, dachte sicherlich nicht, dass sein Ruf schon bis St. Goar gedrungen war, und war daher nicht wenig erstaunt, als Freiligrath eine amerikanische Anthologie vom Büchergestell nahm und ihn fragte, ob er der Verfasser der darin unter diesem Namen verzeichneten Gedichte sei."
Am Rhein hat Henry Wadsworth Longfellow Spuren hinterlassen, die noch heute zu besichtigen sind. Der Marktbrunnen in Geisenheim trägt seinen Namen, mit einer Inschrift, die einen Text Longfellows aus dem Jahr 1851 zitiert:
"Was für ein Läuten mag das sein, es klingt so mild, so tief und rein? Das ist zum Sonnenuntergang voll Wehmut, dass der Tag versank, der Glockenklang von Geisenheim."
Ferdinand Freiligrath hat später viele Texte Longfellows ins Deutsche übersetzt und ihn populär gemacht. Der meist in Weiß gekleidete Herr war auch intellektuell eine kultivierte Erscheinung. Am 27. Februar 1807 in Portland im Bundesstaat Maine geboren und in einer traditionsreichen Puritanerfamilie Neuenglands aufgewachsen, studierte er moderne Sprachen am Bowdoin College und wurde dort später Professor, im Alter von 22 Jahren; später lehrte er in Harvard. Er hatte früh zu schreiben begonnen und mit seinem ersten Gedichtband "Voices of the Night" von 1839 auch sofort breite Anerkennung gefunden. "A Psalm of Life" heißt ein Gedicht darin, mit einer klaren Botschaft:
"Lern zu arbeiten und zu warten."
Die Melodie des Lebens, die Longfellow in seinen Büchern spielte, war einerseits die Melodie des Alltags, die er auch auf ihre Nutzbarkeit hin überprüfte und in Formeln für den alltäglichen Gebrauch fasste:
"Schaue nicht klagend in die Vergangenheit zurück, sie kommt nicht wieder [...] So lasst uns denn bereit sein und handeln, auf jedes Schicksal gefasst [...] Es ist einfacher, eine Sache richtig zu machen, als zu erklären, warum man sie falsch gemacht hat [...]."
Andererseits erkundete er die Lebensmelodie des amerikanischen Volkes und hat für sie in seinem Buch "Das Lied von Hiawatha" einen legendären Ausdruck gefunden.
"Fragt ihr mich vielleicht, von wannen / Diese Märchen, diese Sagen, / Voll vom Duft des Waldes, / Voll vom Dunst und Tau der Wiesen, / Voll vom steigenden Rauch der Wigwams, / Voll vom Rauschen großer Ströme, / Voll von steter Wiederholung, / Voll von wildem Hall und Rückhall, / Wie des Donners in den Bergen? / Geb' ich Antwort, sprech und sag'ich / "Aus den Wäldern und den Steppen, / Von den großen Seen des Nordlands, / Aus dem Land der Tschippewäer, / Aus dem Land der Dacothas, /Aus den Bergen, Mooren, Sümpfen, / Wo der Reiher, der Shu-shu-gah, / Nahrung sucht in Rusch und Röhricht! / Wiedergeb' ich sie getreulich, / Wie vom Munde Nawadahas's, / Wie vom Mund des süßen Singers / Selber ich sie vordem hörte!"
Longfellows Epos "Das Lied von Hiawatha" beschreibt das Leben des indianischen Ojibwa-Häuptlings Hiawatha, ein weit in amerikanische Mythen und Geschichte zurückgreifender lyrischer Gesang, in dem nicht nur die Natur gefeiert wird, sondern auch Legenden wie die Geschichte vom nackten Bär oder von der Friedenspfeife aufbewahrt werden. Das Gedicht hat die amerikanische Literaturgeschichte wesentlich geprägt und wurde zu einem Nationalepos. Von heute aus gelesen fällt die, wenn auch emphatisch aufgeladene, Konventionalität der Wörter und Bilder auf. Zu Longfellows Lebzeiten galt der Text durchaus als klassisch innerhalb der Tradition. Diese Tradition kannte Longfellow auch aus der europäischen Literaturgeschichte, die er dem amerikanischen Publikum zum Beispiel durch Übersetzung von Dantes "Göttlicher Komödie" zu vermitteln versuchte. Auch die formale Struktur des "Lied von Hiawatha" kam aus dieser Tradition, indem Longfellow sich am Vorbild des finnischen Nationalepos Kalevala orientierte und dafür extra Finnisch gelernt hatte. Ein unermüdlicher Ideenvermittler, der zum Beispiel Goethe und die deutsche Romantik in Amerika bekannt gemacht hat.
Nach seiner Pensionierung als Professor in Harvard lebte Longfellow als freier Schriftsteller, schrieb viel - das meiste ist heute vergessen - und bereiste 1878 noch einmal Europa. Gestorben ist er am 24. März 1882 in Cambridge, Massachusetts. Der Dichter war im Alter eine völlig weiße Erscheinung geworden, mit langem weißen Haar und weißem Rauschbart.