Forschung

    Deutsche Expertise für Waffen weltweit

    An deutschen Forschungseinrichtungen gibt es mehr vom Ausland finanzierte militärische Forschung als bislang bekannt. Aufträge kommen nicht nur vom US-Militär, sondern auch aus Australien, Großbritannien, die Schweiz und Singapur.
    Das australische Militär forscht an einem Hyperschall-Jet. Doch an diesem "High-Fire-Programm" sind nicht nur australische und amerikanische Militärexperten beteiligt, sondern auch deutsche Wissenschaftler. Für die Mitarbeit am HiFire-Programm hat das australische Militär dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt - einer öffentlich finanzierten Einrichtung - seit 2009 knapp drei Millionen Euro bezahlt, berichtet Benedikt Strunz. Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die dem NDR und der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
    "Die Antwort der Bundesregierung auf unsere kleine Anfrage zeigt, wie groß der Mangel an Transparenz und demokratischer Kontrolle in diesem Bereich ist", sagt Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. " Weil diese ganzen Kooperationen sozusagen in der Öffentlichkeit gar nicht bekannt waren."
    Mehr als das Doppelte an ausländischen Militärmitteln
    Vor rund eineinhalb Monaten berichteten Medien, dass deutsche Hochschulen und Forschungsinstitute in den vergangenen Jahren Forschungsgelder vom US-Militär erhalten haben. Damit wurde sowohl Grundlagen- als auch Rüstungsforschung finanziert. Die Verträge hätten ein Gesamtvolumen von mehr als 9,4 Millionen Dollar, hieß es damals.
    Nun wollte Gohlke von der Bundesregierung wissen, inwiefern neben dem US-Pentagon auch Verteidigungsministerien anderer Länder Forschungen in Deutschland finanzieren. Jetzt steht fest: Es ist mehr als das Doppelte an ausländischen Militärmitteln in die deutsche Forschung geflossen. Und das Geld kommt nicht nur vom US-Militär, sondern auch die Verteidigungsministerien Australiens, Großbritanniens, der Schweiz, Südkoreas, und selbst Singapurs lassen in Deutschland forschen.
    Das Bundesbildungsminsterium betont, bei den Projekten gehe es lediglich um Grundlagenforschung. "Ich finde, dass das deutlich zu wenig ist an Aussage und auch an Information", kritisiert Gohlke. "Wenn militärische Stellen Aufträge vergeben, dann erwarten sie sich davon auch einen, sagen wir, militärischen Nutzen."
    Zwar finden sich in der Liste tatsächlich Projekte im Bereich Grundlagenforschung, beispielsweise zum Thema Brustkrebs. Es gibt aber auch ganz andere Projekte wie etwa ein Workshop des deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums in Braunschweig zur Drohnentechnik, finanziert vom US-Militär; oder ein Stuttgarter Forschungsprojekt zur Verbesserung von Lasern, bezahlt mit Militärmitteln aus Singapur.
    "Hat die Bundesregierung ein schlechtes Gewissen?"
    "Die Informationspolitik der Bundesregierung ist in höchstem Maße irritierend und verbesserungsbedürftig", ärgert sich der hochschulpolitische Sprecher SPD-Bundestagsfraktion, Swen Schulz. Er hatte der Bundesregierung bereits selbst vor Wochen ähnliche Anfrage gestellt. Allerdings bekam er eine aus seiner Sicht höchst unvollständige Antwort:
    "Wenn die Bundesregierung der Auffassung wäre, alles das, was in diesem Feld getan wird, ist gut und richtig so, dann könnte sie ja vollkommen offen, schnell und umfassend informieren. Da sie das aber nicht tut, stellt sich doch die Frage: Hat sie ein schlechtes Gewissen?"
    Es sei jetzt allerhöchste Zeit, alle Karten auf den Tisch zu legen, fordert Schulz von der neuen Großen Koalition. Schulz bekommt dabei Unterstützung von der Linken und den Grünen. Denn bislang ist noch völlig unklar, inwiefern nicht nur außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Deutschland, sondern auch Hochschulen von weiteren Verteidigungsministerien finanziert werden. Eine Antwort auf diese Frage lehnt die Bundesregierung nach wie vor ab. Was an den Universitäten passiert, sei ausschließlich Sache der Länder.
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