Forschung eines Nobelpreisträgers

Über den Mythos vom einsamen Genie

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Porträt von Thomas Südhof im Schneidersitz, auf den Treppenstufen der internationalen Universität von Andalusien, 2013.
Verbringt viel Arbeitszeit damit, sich mit Kolleginnen und Kollegen per Videochat auszutauschen: Nobelpreisträger Thomas Südhof. © AFP / Jorge Guerrero
Thomas Südhof im Gespräch mit Nicole Dittmer |
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Gemeinschaftsarbeit, Diskussionen ums Forschungsthema, Zank um den Ruhm: So sieht der realistische Alltag von Forschenden aus. "Das isolierte Genie, das alleine durchbrechende Forschung entwickelt, gibt es nicht", sagt Nobelpreisträger Thomas Südhof.
Der Nobelpreis soll jährlich an diejenigen gehen, "die den größten Nutzen für die Menschheit erbracht haben". Pro Sparte können maximal aber nur drei Wissenschaftler ausgezeichnet werden. Da wissenschaftliche Erkenntnisse meist auf der Leistung ziemlich vieler Forschender beruhen, heißt das: Wenige werden ausgezeichnet, viele gehen leer aus.
Denn der Mythos vom Forscher, der einsam und allein in seinem Kämmerchen Geniales entwickelt, gilt heute nicht mehr – wenn er denn je wahr gewesen sein sollte. "Das isolierte Genie, das allein durchbrechende Forschung entwickelt, gibt es nicht", sagt auch Medizin-Nobelpreisträger Thomas Südhof. Wissenschaft sei "uneingeschränkt" immer eine Gemeinschaftsleistung.

Teamarbeit und Einzelleistung

Allerdings bestehe diese Art der Kooperation vor allem darin, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler austauschen und Ideen geben. "Aber nur einige von diesen haben dann das Glück, die Ergebnisse weiterzuentwickeln." Insofern gebe es immer ein Zusammenspiel von Teamarbeit und Einzelleistung.
Er selbst verbringt – neben der Büroarbeit – viel Zeit damit, sich mit Kolleginnen und Kollegen über Videochat auszutauschen, vor seinem Computer zu sitzen und zu überlegen. So beschreibt Südhof seinen Arbeitsalltag.

Konkurrenz und Diskussionen

Dass es beim gemeinsamen Austausch und der Zusammenarbeit auch zu Konkurrenzsituationen kommt, sieht Südhof als durchaus wichtig für die Wissenschaft an: "Ich glaube, dass Wissenschaft Rechtfertigung braucht und konstante Diskussionen darüber, was richtig ist und wer recht hat", betont er. "Das ist Teil der Teamarbeit, dass man sich auch streitet." Beständige Argumentationen seien für die Forschung wichtig.

Auch unser Zeitfragen-Feature vom 10. Juni 2021 beschäftigt sich mit der Frage "Wem gehört der Ruhm in der Wissenschaft?".

Auch Streitigkeiten darüber, wer bei einer Veröffentlichung als Autor zuerst genannt wird, und dadurch mehr Anerkennung erfährt, kennt er aus seinem eigenen Labor, in dem etwa 20 Menschen arbeiten. "Manchmal kann das schon zu erbitterten Diskussionen führen. Meistens können wir das aber klären."
In Bezug auf Corona habe er die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aber als sehr einig wahrgenommen, betont Südhof. Streit habe es eher bei den politischen Fragen gegeben.
(lkn)
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