Forschung in ferngesteuerten Klimakammern
Am Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie simulieren Wissenschaftler die ersten Lichtstrahlen des Polarkreises oder den Sonnenuntergang der Sahara. Sie erforschen das Wachstum von Pflanzen. Denn ohne Pflanzen könnte der Mensch nicht leben.
"Wir können den Klimawandel durchspielen, wir können auch Bedingungen, wie sie in verschiedenen Regionen der Erde herrschen, durchspielen. Diese Sachen sind alle möglich und das auf kleinstem Raum."
Ludgar Wessjohann, Professor für Pflanzenchemie, läuft durch lange Gänge mit kahlen Betonmauern, vorbei an dicken Stahltüren, über ihm an der Decke hängen große Belüftungsrohre. Am Institut für Pflanzenbiochemie in Halle befinden sich die modernsten Gewächshäuser im Keller. Es gibt keine Fenster und kein Sonnenlicht. Kein Gärtner würde wohl auf die Idee kommen, hier sein Gemüse, Kräuter oder Blumen zu pflanzen. Doch für Pflanzenforscher bieten die unterirdischen Räume optimale Bedingungen. Hier können sie Wetter und Klima exakt steuern. Licht, Wärme, Luftfeuchtigkeit und Regen, alles wird vom Computer berechnet. Das sind Idealbedingungen, kein einziger Windstoß stört die Pflanzen beim Wachstum, sagt der Wissenschaftler.
"Also wir haben die Pflanzen, die möglichst gleich sein sollen, unter gleichen Bedingungen und dann können wir kontrolliert eine Bedingung ändern, zum Beispiel die Pflanzen trockenfallen lassen. Und dann kann man schauen, was in der Pflanze unter diesem sogenannten Trockenstress, der ja immer wichtiger wird in der ganzen Welt durch den Klimawandel, was sich verändert. Man kann schauen, welche Gene ein- oder ausgeschaltet werden oder welche chemischen Verbindungen anders werden, um daraus zu lernen, wie man solchen Problemen begegnen kann."
In den unterirdischen Gewächshäusern, die Wissenschaftler nennen sie Phytokammern, leben die Pflanzen in einer Art Parallelwelt, die Natur wird nur simuliert. Gerste wächst hier, Tabakpflanzen, Raps und der Ackerschmalwand, ein kleines Wegeunkraut, die Modelle und Experimentierpflanzen der Pflanzenforscher. Jedes Gewächs hat seine Kammer, 21 Stück sind es am Institut. 12 Quadratmeter misst eine. Kaum größer als eine Gefängniszelle. Und so sehen sie auch aus – gefüllt mit vielen kleinen grünen Pflanzen, die aufgereiht in Regalen nebeneinander stehen.
"Hier kann der Wissenschaftler einen schnellen Blick in die Kammer werfen, ohne dass er die Tür öffnen muss. Das hat den Sinn, dass man das Klima da drin nicht aus dem Gleichgewicht bringt."
Dirk Michael schaut durch die Guckluke in einer der dicken Stahltüren. Was da wächst? Keine Ahnung, er ist Techniker, hat die Anlage konzipiert. Denn sind die Pflanzen einmal in der Phytokammer drin, wird alles Weitere über den Computer gesteuert.
"Wir haben bei den Phytokammern eine sehr innovative Regelungstechnik installiert. Die basiert auf dem bekannten Java, was wir in Computer finden, in Autos, in Handys, also überall. Und diese Java-Software gestattet es, in einer sehr komfortablen Weise, dass jeder von jedem PC im Institut aus auf seine Kammer zugreifen kann, er kann also online von seinem Computerarbeitsplatz die Kammer programmieren, er kann den Betriebszustand überwachen. Er muss also nicht vor Ort gehen und das ist der große Vorteil der modernen Computertechnik, das so was möglich ist."
Die Wissenschaftler können das Wachstum der Pflanzen über eine Webcam beobachten. Auch das Blumengießen erfolgt am Computer. Wer nicht gerade mit seinen Pflanzen ein Trockenstress-Experiment durchführt, gibt die gewünschte Wassermenge pro Pflanze in ein digitales Formular ein und stellt noch Uhrzeit und Dauer der Bewässerung ein. Ebenso lassen sich auch Jahreszeiten und die Lichtverhältnisse verschiedener Orte auf der Welt programmieren.
"Wir können Tagesverläufe simulieren, wir können auch besondere Lichtqualitäten simulieren. Denn ein Licht am Polarkreis ist natürlich anders zusammengesetzt als ein Licht am Mittelmeer oder in der Nähe eines Wassers, wo es reflektiert."
Für den Sonnenaufgang der Sahara oder den am Nordpol nutzen die Pflanzenforscher LED-Lampen in rot, grün, blau und gelb. Denn richtig gemischt ergibt ihr Licht den entsprechenden Sonnenaufgang.
Für den Morgen bedeutet das einen höheren Rotanteil, am Mittag steigt dagegen der Blauanteil. Diese unterschiedlichen Farbspektren des Lichts wirken sich erheblich auf das Pflanzenwachstum aus, sagt Professor Steffen Abel, Leiter der Abteilung Molekulare Signalverarbeitung.
"Wenn Pflanzen beschattet werden von Nachbarpflanzen oder im Wald durch eine Baumkrone, die Lichtqualität ändert sich hier dramatisch. Und was dann passiert, ist, dass unterschiedliche Wachstumsantworten eingeleitet werden. Die Pflanzen versuchen jetzt dem Schatten zu entweichen, das heißt, sie beschleunigen das Wachstum des Stängels. Sie versuchen dem Schatten zu entkommen und suchen das Licht. Das ist eine typische Antwort auf langwelliges Rotlicht und hat auch Interesse für die Landwirtschaft, wenn man an dicht besäte Felder denkt. Mais- oder Kornfelder, wo die Pflanzen in Konkurrenz miteinander wachsen, sich also gegenseitig beschatten drückt das die Erträge."
Doch angesichts einer stetig wachsenden Weltbevölkerung wird die Frage, unter welchen Bedingungen Pflanzen an besten wachsen, immer wichtiger, betont Ludger Wessjohann.
"Letztlich kommen unsere Pflanzen auch aus der Natur und letztlich wollen wir auch wieder in die Natur rein."
So simulieren die Wissenschaftler nicht nur das Wetter und Klima von morgen – sondern sehen auch gleich die ganz konkreten Auswirkungen auf die Pflanzenwelt.
Ludgar Wessjohann, Professor für Pflanzenchemie, läuft durch lange Gänge mit kahlen Betonmauern, vorbei an dicken Stahltüren, über ihm an der Decke hängen große Belüftungsrohre. Am Institut für Pflanzenbiochemie in Halle befinden sich die modernsten Gewächshäuser im Keller. Es gibt keine Fenster und kein Sonnenlicht. Kein Gärtner würde wohl auf die Idee kommen, hier sein Gemüse, Kräuter oder Blumen zu pflanzen. Doch für Pflanzenforscher bieten die unterirdischen Räume optimale Bedingungen. Hier können sie Wetter und Klima exakt steuern. Licht, Wärme, Luftfeuchtigkeit und Regen, alles wird vom Computer berechnet. Das sind Idealbedingungen, kein einziger Windstoß stört die Pflanzen beim Wachstum, sagt der Wissenschaftler.
"Also wir haben die Pflanzen, die möglichst gleich sein sollen, unter gleichen Bedingungen und dann können wir kontrolliert eine Bedingung ändern, zum Beispiel die Pflanzen trockenfallen lassen. Und dann kann man schauen, was in der Pflanze unter diesem sogenannten Trockenstress, der ja immer wichtiger wird in der ganzen Welt durch den Klimawandel, was sich verändert. Man kann schauen, welche Gene ein- oder ausgeschaltet werden oder welche chemischen Verbindungen anders werden, um daraus zu lernen, wie man solchen Problemen begegnen kann."
In den unterirdischen Gewächshäusern, die Wissenschaftler nennen sie Phytokammern, leben die Pflanzen in einer Art Parallelwelt, die Natur wird nur simuliert. Gerste wächst hier, Tabakpflanzen, Raps und der Ackerschmalwand, ein kleines Wegeunkraut, die Modelle und Experimentierpflanzen der Pflanzenforscher. Jedes Gewächs hat seine Kammer, 21 Stück sind es am Institut. 12 Quadratmeter misst eine. Kaum größer als eine Gefängniszelle. Und so sehen sie auch aus – gefüllt mit vielen kleinen grünen Pflanzen, die aufgereiht in Regalen nebeneinander stehen.
"Hier kann der Wissenschaftler einen schnellen Blick in die Kammer werfen, ohne dass er die Tür öffnen muss. Das hat den Sinn, dass man das Klima da drin nicht aus dem Gleichgewicht bringt."
Dirk Michael schaut durch die Guckluke in einer der dicken Stahltüren. Was da wächst? Keine Ahnung, er ist Techniker, hat die Anlage konzipiert. Denn sind die Pflanzen einmal in der Phytokammer drin, wird alles Weitere über den Computer gesteuert.
"Wir haben bei den Phytokammern eine sehr innovative Regelungstechnik installiert. Die basiert auf dem bekannten Java, was wir in Computer finden, in Autos, in Handys, also überall. Und diese Java-Software gestattet es, in einer sehr komfortablen Weise, dass jeder von jedem PC im Institut aus auf seine Kammer zugreifen kann, er kann also online von seinem Computerarbeitsplatz die Kammer programmieren, er kann den Betriebszustand überwachen. Er muss also nicht vor Ort gehen und das ist der große Vorteil der modernen Computertechnik, das so was möglich ist."
Die Wissenschaftler können das Wachstum der Pflanzen über eine Webcam beobachten. Auch das Blumengießen erfolgt am Computer. Wer nicht gerade mit seinen Pflanzen ein Trockenstress-Experiment durchführt, gibt die gewünschte Wassermenge pro Pflanze in ein digitales Formular ein und stellt noch Uhrzeit und Dauer der Bewässerung ein. Ebenso lassen sich auch Jahreszeiten und die Lichtverhältnisse verschiedener Orte auf der Welt programmieren.
"Wir können Tagesverläufe simulieren, wir können auch besondere Lichtqualitäten simulieren. Denn ein Licht am Polarkreis ist natürlich anders zusammengesetzt als ein Licht am Mittelmeer oder in der Nähe eines Wassers, wo es reflektiert."
Für den Sonnenaufgang der Sahara oder den am Nordpol nutzen die Pflanzenforscher LED-Lampen in rot, grün, blau und gelb. Denn richtig gemischt ergibt ihr Licht den entsprechenden Sonnenaufgang.
Für den Morgen bedeutet das einen höheren Rotanteil, am Mittag steigt dagegen der Blauanteil. Diese unterschiedlichen Farbspektren des Lichts wirken sich erheblich auf das Pflanzenwachstum aus, sagt Professor Steffen Abel, Leiter der Abteilung Molekulare Signalverarbeitung.
"Wenn Pflanzen beschattet werden von Nachbarpflanzen oder im Wald durch eine Baumkrone, die Lichtqualität ändert sich hier dramatisch. Und was dann passiert, ist, dass unterschiedliche Wachstumsantworten eingeleitet werden. Die Pflanzen versuchen jetzt dem Schatten zu entweichen, das heißt, sie beschleunigen das Wachstum des Stängels. Sie versuchen dem Schatten zu entkommen und suchen das Licht. Das ist eine typische Antwort auf langwelliges Rotlicht und hat auch Interesse für die Landwirtschaft, wenn man an dicht besäte Felder denkt. Mais- oder Kornfelder, wo die Pflanzen in Konkurrenz miteinander wachsen, sich also gegenseitig beschatten drückt das die Erträge."
Doch angesichts einer stetig wachsenden Weltbevölkerung wird die Frage, unter welchen Bedingungen Pflanzen an besten wachsen, immer wichtiger, betont Ludger Wessjohann.
"Letztlich kommen unsere Pflanzen auch aus der Natur und letztlich wollen wir auch wieder in die Natur rein."
So simulieren die Wissenschaftler nicht nur das Wetter und Klima von morgen – sondern sehen auch gleich die ganz konkreten Auswirkungen auf die Pflanzenwelt.