CO2-Ausstoß im Straßenverkehr

Neue Ideen für die Mobilität der Zukunft

08:55 Minuten
Illustration mehrerer Verkehrsmittel über einem städtisch-ländlichen Hintergrund.
Eine intelligente Ampelsteuerung, Leichtbaumobile im Schwarm und KI-Empfehlungen für Standorte von E-Ladesäulen: Daran wird in Paderborn momentan getüftelt. © Getty Images / iStockphoto / chombosan
Von Vivien Leue |
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Der Verkehr verursacht rund ein Fünftel des CO2-Ausstoßes in Deutschland. Bis 2030 sollen dessen Emissionen um die Hälfte sinken. E-Autos alleine reichen dafür nicht, vor allem auf dem Land. In Ostwestfalen werden daher zusätzliche Ansätze erprobt.
Autos, Lkws, Motorräder – unser Verkehr ist ein Klimakiller: Gut 140 Millionen Tonnen Kohlendioxid stieß der Verkehr in Deutschland 2020 aus. Das ist etwa ein Fünftel der gesamten CO2-Emissionen. Bis 2030 will Deutschland die Verkehrsemissionen fast halbieren. Und Nordrhein-Westfalen will die erste klimaneutrale Industrieregion Europas werden.
Um diese Ziele zu erreichen, wird es nicht genügen, Fahrzeuge auf Elektromotoren umzustellen. Es braucht mehr Ansätze. In Paderborn in Ostwestfalen werden neue Ideen bei der Fortbewegung entwickelt – so etwa diese drei:

Intelligente Ampelsteuerung

Bei der intelligenten Ampelsteuerung geht es darum, Ampeln so zu schalten, dass wartende Fahrzeuge weniger CO2 ausstoßen. Kevin Malena, Doktorand am Heinz-Nixdorf-Institut der Universität Paderborn, hat die Ampeln zusammen mit einem Forschungsteam entwickelt und getestet.
Der Clou: Ein Algorithmus, also ein Computerprogramm, lässt Lastwagen mit ihren hohen CO2-Emissionen früher weiterfahren als Pkw oder gibt einer großen Gruppe von Autos den Vorrang vor Fahrrädern.
Dafür wurden sechs Kreuzungen im Paderborner Stadtteil Schloss Neuhaus umgerüstet. Außerdem registrierten Sensoren im gesamten Testgebiet: Welches Fahrzeug fährt wo entlang – und wartet gleich vor einer Ampel? Ist es ein Lkw, ein Kleinwagen oder ein Fahrrad? Und wie viele sind es? Auf Basis dieser Schätzung werde dann die Ampel geschaltet, so Malena.
Der Wissenschaftler ist zufrieden mit den Ergebnissen der vierwöchigen Testphase. Zwar sei die Übertragungszeit der Daten etwas langsam gewesen und Ampeln hätten immer wieder mal Fehlermeldungen gesendet – aber beim Thema Emissionen könnte eine intelligente Ampelsteuerung viel bewirken: In manchen Szenarien der Simulation seien 30 bis 40 Prozent weniger CO2 in die Luft geblasen worden.

Nemobil – Mobil im Schwarm

Bei der Mobilitätswende auf dem Land geht es vor allem darum, vom privaten Pkw wegzukommen. Das Nemobil ist ein Forschungsprojekt dazu, angesiedelt am Institut für Leichtbau mit Hybridsystemen der Uni Paderborn. Ein Mobilitätskonzept mit Schwarmcharakter, „mit dem Sie sich abholen lassen können wo und wann sie möchten“– so steht es auf der Webseite der Initiative Neue Mobilität Paderborn, eines gemeinnützigen Vereins.
Animationen zeigen, wie ein Schwarm kleiner Leichtbau-Autos – elektrisch betrieben und autonom, also ohne Fahrer – Menschen in den ländlichen Regionen abholt. Auf Überlandstraßen koppeln sie sich an Zugfahrzeuge, die „Pro“ heißen. So könnten sie auch größere Strecken effizient zurücklegen, während sie „vom Pro aufgeladen“ würden, erklärt die Webseite. In der Stadt entkoppeln sich die kleinen Fahrmobile dann wieder und bringen die Passagiere bis an ihr Ziel.
Das Projekt Nemobil ist gerade erst gestartet. Nun geht es um die technischen Feinheiten: Wie viele Sitzplätze sollten die Schwarm-Autos haben? Eher zwei oder vier? Vereinsgeschäftsführer und Ingenieur Volker Grienitz ist wichtig: "Sie sollen leichter als ein Auto sein."
Vor der Testphase müssten auch noch Fragen geklärt werden nach Haltepunkten oder der Abholung zu Hause. Auf dieser Grundlage werden dann mit ersten Pilot-Kommunen konkrete Konzepte entwickelt. Vielleicht können die kleinen Autos dann schon in drei Jahren fahren.

ladeplan – KI für den Ausbau von E-Ladesäulen

Ausreichend Ladesäulen für E-Autos sind bei Weitem nicht überall vorhanden. Master-Student Lorenz Pott will deshalb Kommunen dabei helfen, ein gutes Angebot zu schaffen. Mit zwei Kommilitonen der Uni Paderborn hat er deshalb vor knapp einem Jahr das Unternehmen ladeplan gegründet.
„Der Bund hat da relativ hohe Ziele gesteckt“, sagt Pott: 15 Millionen Elektroautos und um die 850.000 Ladepunkte bis bis 2030. „Aktuell sind wir da bei etwa 65.000.“ 2021 seien mehr als 60 Prozent der Kommunen ohne öffentliche Ladesäule gewesen, gerade auch im ländlichen Raum.
ladeplan erstellt für Kommunen digitale Straßenkarten, die vorhersagen, wo sich Ladesäulen lohnen. Das Programm ist KI-basiert und entwickelt sich mit Veränderungen im Stadtbild mit. Es gehe um Kriterien wie: „Sind dort Parkplätze in der Nähe? Ist die Anbindung zu Schnellstraßen gut? Wie viele Ladepunkte gibt es schon an dem an dem jeweiligen Ort?" Einige Kommunen nutzten seine intelligenten Karten bereits, sagt Lorenz Pott.
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