Den Alltag in Kriegszeiten festhalten
Um ihre Kinder trauernde Eltern oder ein Mann, der streunende Katzen füttert: Die Bilder im Fotobuch "Yalla Habibi – Living with War in Aleppo" des syrischen Fotojournalisten Hosam Katan zeigen den Alltag im syrischen Bürgerkrieg. Er wollte den Menschen dort eine Stimme geben, sagt er.
"Yalla Habibi" bedeutet auf Arabisch in etwa "Los, mein Schatz!". Mit dem gleichnamigen Fotobuch will der syrische Fotojournalist Hosam Katan zeigen, wie die Zivilbevölkerung des Ostteils von Aleppo ihren Alltag inmitten des Bürgerkriegs meistert. Die Bilder nahm Katan zwischen 2013 und 2015 in seiner Heimatstadt auf. Sie zeigen etwa Väter, die den Tod ihrer Kinder beweinen; einen Mann, der streunende Katzen füttert; Jugendliche beim Baden in Bombentrichtern.
Der 1994 geborene Hosam Katan begann mit 18 Jahren als Fotograf zu arbeiten. Kurze Zeit später verbreitete die Nachrichtenagentur Reuters seine Aufnahmen, die dann in zahlreichen internationalen Magazinen abgedruckt wurden.
"Den Eingeschlossenen eine Stimme geben"
Als der Krieg nach Aleppo kam, sei es für ihn sehr wichtig gewesen, weiterzuarbeiten, sagte Hosam Katan im Deutschlandfunk Kultur. Man sehe im Krieg täglich schreckliche Dinge - "und man weiß, dass Weinen allein und einfach nur geschockt zu sein nichts daran ändert". Mit dem Fotografieren habe er ein klares Ziel verfolgt: "Ich wollte den Leuten, die in Aleppo eingeschlossen waren, eine Stimmen geben. Ich wollte, dass man sie außerhalb Syriens noch wahrnimmt - in der Hoffnung, dass irgendwann dieser Krieg stoppt."
Bei seiner Arbeit habe er versucht, sich "auch einen gewissen Respekt vor dem Leiden zu bewahren", erklärte Katan. Er würde es auch nicht mögen, wenn er leide und etwa Angehörige verloren habe und dann komme jemand und fotografiere das einfach. Er habe versucht, erst einmal den ganzen Schauplatz zu erfassen, und dann zu entscheiden, ob er eher nahe herangehe oder sich zurückhalte.
Vielfach preisgekrönt
Ende 2015 flüchtete Katan aus Syrien über die Türkei nach Deutschland. Inzwischen studiert er an der Hochschule Hannover Fotojournalismus. Seine Arbeit wurde bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Ian Parry Special Award 2014 und 2015 sowie der Nannen-Sonderpreis. Aktuell steht er auf der Shortlist des Meitar Photo Award 2017.
Die Entscheidung, Syrien zu verlassen, habe er auch getroffen, weil er sich als Fotograf weiterentwickeln wollte, erklärte Katan. Er sei dort zu einer Art Kriegsfotograf geworden. Er habe sich aber auch in anderen Bereichen im Fotojournalismus weiterentwickeln wollen. Eines seiner Ziele sei es beispielsweise, Fotobücher herauszubringen.
Respekt vor Menschen, die in Kriegszonen reisen
Gewidmet habe er das Buch "Yalla Habibi – Living with War in Aleppo" der deutschen Fotografin Anja Niedringhaus, die 2014 in Afghanistan erschossen wurde. Er habe Respekt vor Menschen wie Niedringhaus, die ihr Leben riskieren und teilweise auch dafür geben, um aus relativ sicheren Heimatländern in Kriegszonen zu reisen. "Das wollte ich, dass das nicht vergessen wird."
Außerdem sehe er im Ansatz von Anja Niedringhaus auch Bezugspunkte zu seiner Arbeit. Das erste Fotobuch, das er besessen habe, sei von ihr gewesen. "Da hat sie nicht nur den Krieg fotografiert, sondern sie hat auch versucht, den Alltag in Kriegszeiten festzuhalten. Dieser Aspekt ist mir auch sehr wichtig."
(abr)