Das Sechseck als Prinzip
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Mit der Eröffnung des Flughafens BER Ende Oktober wird der Flughafen Tegel schließen. Fasziniert von der besonderen Architektur des denkmalgeschützten Bauwerks hat der Fotograf Peter Ortner den 1974 gebauten Flughafen in einem Bildband verewigt.
"Tegel war Liebe auf den zweiten Blick" – so beschreibt Peter Ortner sein Verhältnis zum letzten innerstädtischen Flughafen in Berlin. Der Fotograf beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Architekurfotografie und hat jetzt den Bildband "The Essence of Berlin-Tegel" vorgelegt.
Erst nach Recherchen habe er das Gesamtkonzept hinter dem Gebäudekomplex erkannt – mehr "als einen Betonbau mit hässlichen Ecken", wie er den Flughafen vor seinem Fotoprojekt als Reisender wahrgenommen hätte. "Ich habe dann entdeckt, dass es im Endeffekt ja ein Gesamtkunstwerk war, was da 1974 gebaut wurde." Und dieses werde viel zu wenig gewürdigt, findet Ortner. Denn das Konzept der Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg habe nicht nur das Flughafengebäude, sondern auch die Gestaltung von der Bushaltestelle bis zur Tankstelle umfasst.
"Das große Konzept war ja dieses Sechseck, das man vielleicht auch gar nicht kennt, wenn man nur so schnell hineinhopst. Dieser ganze Flughafen ist ein großes Sechseck mit 120 Metern Seitenlänge, und darauf baut sich eigentlich alles auf." Das Prinzip des Sechsecks mit 60-Grad-Winkeln spiegele sich auch in vielen kleinen Ecken des Gebäudes – auch die Bodenfliesen wären ursprünglich sechseckig gewesen. Zudem würden auch Stilelemente von Eck-Typen immer wiederkehren: "Das wurde wirklich durchgezogen bis zu den Waschbecken, bei den Nebengebäuden, auch bei dem Fußgängertunnel, den man durchgehen muss. Der hat auch oben rechts eine runde Ecke – also schon sehr konzeptionell."
Idee des humanen Flughafen
Ziel sei gewesen, einen menschenfreundlichen Flughafen bauen, bei dem man schnell im Flugzeug ist, so Ortner: "Nach den Plänen kann man sehen, dass die Entfernung von Taxitür zum Flughafen im besten Falle 28 Meter beträgt. Das dürfte ein Rekord sein." Auch bei einer Ankunft fünf Minuten vor dem Abflug hätte man prinzipiell noch seinen Flug bekommen können. Diese Einfachheit der Orientierung für Fluggäste habe sich auch beim Farbkonzept der Terminals aus Gelb, Rot und Grün fortgesetzt – bis hin zu den Waschräumen:
"Die sind teilweise fast ein bisschen zen-buddhistisch angehaucht. So ein Sechseck in einem hellen Raum und auch in einem dunklen Raum ist alles sehr beruhigend. Sobald die Tür zu ist, denkt man gar nicht mehr an Berlin-Tegel. Das fand ich sehr spannend und hat so ein besonderes Flair."
Trauriger Abschied
Angesichts der finanziell angespannten Lage durch wenig Reisende in der Coronazeit sei verständlich, dass Tegel möglicherweise schon im Juni geschlossen werde. Kein schöner Abschied, bedauert Ortner: "Er hätte schon noch verdient, zum letzten Tag mit Trara und schönen Flaschen Champagner irgendwie an die Wand geknallt – dass es wirklich ein schöner, feierlicher Abschied ist. Das ist ja eher so eher eine heimliche Beerdigung."
(mle)