"Mit Journalismus kann man Dinge verändern"
Kaschmir, Syrien, Irak: Andy Spyra arbeitet seit Jahren als dokumentarischer Beobachter an den gefährlichen Orten der Welt. Warum er aber ausdrücklich kein Kriegsfotograf sein will, erklärt er unserem Moderator Matthias Hanselmann.
Wo keiner hin will, dort ist Andy Spyra. Der 32-jährige Fotograf arbeitet seit Jahren an Kriegsfronten: in Kaschmir, in Syrien, im Irak oder in Nigeria.
Den renommierten Getty Images Grant erhält Spyra als erster deutscher Preisträger 2008 für seine allerersten Fotos. Er bereist auf eigene Faust Nordindien, gerät zufällig in den Bürgerkrieg in Kaschmir und drückt auf den Auslöser.
Kaschmir, Syrien, Irak, Nigeria: Der inzwischen 32-jährige Spyra arbeitet seit Jahren als dokumentarischer Beobachter an den gefährlichen Orten der Welt. Er ist der Fotograf der Angst und des menschlichen Leides – fast immer in Schwarz-Weiß, meistens konzentriert auf ein Detail oder ein Gesicht.
Kein Kriegsfotograf
Wichtig sei ihm "der Mensch im Krieg aber auch darüber hinaus, Menschenschicksäle und wie Menschen mit solchen extremen Situationen umzugehen vermögen - Menschen oder eben auch ganze Gesellschaften".
Ausdrücklich will er nicht als Kriegsfotograf bezeichnet werden. Er konzentriere sich auf die Konsequenzen des Krieges und dokumentiere deshalb Menschen und ihr Schicksal oftmals über einen langen Zeitraum. Fünf Jahre lang verfolgt Spyra mit seiner Kamera beispielsweise, die Vertreibung der Christen aus Syrien oder dem Irak.
"Dieses Thema - Christen im Nahen Osten - ist ja ein Thema wo es um Religionen und um Religionskonflikte geht, und das ist ein Thema, was mich persönlich auch sehr interessiert."
Im Irak, erzählt er, hätten 1,3 Millionen Christen gelebt. Nach neuesten Schätzungen seien es inzwischen nur noch circa 200 000. Exemplarisch sei die Entwicklung des christlichen Dorfes Karakosh bei Mossul. Dort lebten inzwischen nur noch die Alten, die Jungen seien geflohen. Spyra dokumentiert die Entwicklung des Dorfes in einem soeben erschienenen selbstverlegten Fotobuch:
"Nicht, weil ich unbedingt so religiös wäre, aber weil ich durchaus ein Zugang dazu habe. Weil mich diese Thematik fasziniert, was kann Religion mit Menschen machen im Guten wie im Schlechten, und ich habe für beide Extreme ganz tolle Beispiele gefunden oder tragische Beispiele eben auch."
In der Regel hält er sich mehrere Wochen in den Krisenregionen auf. Auch in Nigeria war er schon mehrmals. Der Afrikakenner und Publizist Michael Obert und Spyra schafften es 2014 als erste deutsche Medienvertreter einen hochrangigen Vertreter der Terrorgruppe Boko Haram zu treffen. Sie trafen auch Mädchen, die von den Radikalen entführt worden waren . Sie zu fotografieren, sei schwierig gewesen:
"Ich gehe ganz oft ganz offen auf Menschen zu. Mir ist es ganz wichtig, eine Beziehung zu den Personen aufzubauen, die ich porträtiere. Da passiert viel über Körpersprache, über Mimik, über Augenkontakt auch - also gar nicht über die Sprache. Wir sprechen dieselbe Sprache, alles fließt durch einen Übersetzer durch. Und ich glaube viel geht dabei verloren."
Nach einigen seiner Reisen sei vor allem das Zurückkommen in seine Heimat Hagen schwierig. Als Journalist stoße er manchmal an die Grenzen der Objektivität und auch Angst kenne er, aber die schütze auch vor Dummheiten. Wichtig sei ihm, "dass man eben mit Journalismus Dinge verändern kann, vor Ort Realität verändern kann und Leben verändern kann - zum Positiven." So habe er mit einem Kollegen Geld gesammelt für Menschen in Nigeria. Fast 80.000 Euro seien da schon zusammen gekommen.