Die ganze Welt vor der Linse
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Auf der Osterinsel erreichte den Schweizer Fotografen Beat Presser der Auftrag, ein Buch über die heimischen Alpen zu machen. Typisch für einen Künstler, dessen wichtigste Bilder im Urwald und auf dem Meer entstanden sind. Und an deutschen Film-Sets.
Auftrag bekommen, Auto verkauft, Wohnung aufgegeben, ins Flugzeug gesetzt mit dem Ziel Peru: Im Leben von Beat Presser ist die radikale Wende keine Seltenheit. Der Fotograf hat mehrere Jahre seines Lebens auf dem Meer verbracht und länger in buddhistischen Klöstern in Südostasien gelebt. Aus einem ursprünglich dreimonatigen Aufenthalt auf Madagaskar können bei Beat Presser schnell mal fünf Jahre werden.
Jugendträume auf Fotopapier
"Die Fotografie hat mir diesen Weg erlaubt", sagt der Schweizer. "Ich gehe den Themen nach, die mir wirklich nahe liegen." Im Grunde seien alle Geschichten, die er fotografisch realisiert habe, "die Umsetzung von Jugendträumen."
Schon als kleiner Junge entschloss er sich beim Blick in den alten Atlas seines Urgroßvaters, später einmal den aufregend fremd klingenden Ort Antananarivo zu besuchen - der Grundstein für sein bis heute anhaltendes Interesse an Madagaskar.
Auch sein über Jahre erarbeitetes Foto-Projekt über buddhistische Mönche war nicht nur der Tatsache geschuldet, dass er als junger Mann nach einem schweren Unfall in Thailand in einem buddhistischen Kloster gesund gepflegt wurde. Interesse hatte er bereits als Kind:
"Als Zwölfjähriger habe ich angefangen, Yoga zu machen. Und vorher habe ich mich mit der Literatur auseinandergesetzt, mit Hinduismus und Buddhismus. Das war schon verankert."
Nach der Schule ging der 1952 in Basel geborene Beat Presser zunächst allein auf Weltreise. Später arbeitete er als Modefotograf in Paris, lebte eine Zeitlang in New York und heuerte schließlich einige Monate als Matrose auf einer Segeljacht an, mit der er durch die Karibik kreuzte.
Mit Kinski im peruanischen Dschungel
Anfang der 1980er Jahre landete er am Set von Werner Herzogs berühmtem Film "Fitzcarraldo" mit dem ebenso berühmten wie berüchtigten Klaus Kinski in der Hauptrolle. Beat Presser hatte den Schauspieler Jahre zuvor für das Magazin "The Village Cry" porträtiert.
Während der Dreharbeiten sei es für ihn nicht schwierig gewesen, den exzentrischen Kinski zu fotografieren – im Gegenteil, erzählt Beat Presser. Die meisten der Bilder gefielen dem Schauspieler.
"Das hat dem Klaus natürlich gut gefallen, weil er gedacht hat, da hat er ein Gegenüber, der ihn für die Ewigkeit bannt. Das hat er gewusst."
Als Kinski 1991 starb und die Yellow Press Beat Pressers Fotos kaufen wollte, lehnte er ab: "Ich habe mir gedacht, wenn ich jetzt alles verkaufe, dann würden diese Bilder an Brisanz verlieren." Also habe er alle seine Kinski-Bilder mit einem einjährigen "Bann" belegt.
Eine Ausstellung, die er dann später in Berlin machte, wurde vom Goethe-Institut übernommen und in den nächsten zwanzig Jahren in 120 Ländern gezeigt: "Es war also ein kluger Entscheid, es so zu machen und nicht umgekehrt."
Ein Denkmal für Clowns und Dompteure
Auch für seine neueste Ausstellung hat sich Beat Presser mit der Welt des Films auseinandergesetzt. Seine Hommage an den Neuen Deutschen Film war gerade im Berliner Willy-Brandt-Haus zu sehen und musste wegen der Coronapandemie nun vorzeitig abgebaut werden.
Glücklicherweise ist dazu aber auch ein Buch entstanden mit Porträts von 55 Protagonistinnen und Protagonisten dieser filmischen Epoche – Volker Schlöndorff, Ulrike Ottinger, Hanna Schygulla, Irm Herrmann, Alexander Kluge, um nur einige zu nennen - die Beat Presser für das Projekt außerdem interviewt hat.
Nach Jahrzehnten, in denen der Fotograf auf der ganzen Welt unterwegs war, hat er vor einiger Zeit nun auch seinem Heimatland ein Denkmal gesetzt und über Monate und meist auf Skiern die Schweizer Alpen fotografiert. Den Auftrag bekam er, als er gerade auf der Osterinsel weilte.
Beat Pressers nächstes Projekt ist eine Fotoreihe über den Zirkus – wieder ein Kindheitstraum. Auf der ganzen Welt hat er sich mit dem Leben der Artisten, Akrobatinnen, Clowns und Dompteure beschäftigt:
"Ich finde es schade, dass das jetzt alles verloren geht leider. Ich möchte dem einfach noch einmal einen Kranz binden, weil ich finde, das ist eine wunderbare Welt."
(era)