Fotografin Helga Paris

"Mich haben immer nur die Menschen interessiert"

32:14 Minuten
Die Fotogarfin Helga Paris auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2016.
Eine der bekanntesten Fotografinnen der DDR: Helga Paris © imago images / gezett
Moderation: Tim Wiese |
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Kaum jemand hat den Alltag in der DDR so authentisch abgebildet wie die Fotografin Helga Paris – ob Müllmänner, Textilarbeiterinnen oder Punks. Die Akademie der Künste zeigt das Werk der 81-Jährigen in einer großen Retrospektive.
"Meine Bilder zeigen den Moment einer Geschichte". Helga Paris wollte immer "das versteckte Gesicht" der Menschen fotografieren. Jenen Moment festhalten, wenn sie zur Ruhe kommen, ganz bei sich sind.
Dabei arbeitete sie am liebsten mit Schwarz-Weiß-Fotos. "Schwarz-Weiß, das ist an sich schon etwas Künstlerisches. Das ist ja schon eine Abstraktion von den Farben, und nur die Proportion und die Komposition zählen. Außerdem prägen sie sich besser ein als Farbfotos", begründet Helga Paris ihre Vorliebe.

Versteckte Selbstporträts

In ihrer aktuellen Ausstellung in der Akademie der Künste sind auch erstmals Selbstporträts der Fotografin zu sehen. Sie stammen aus den 1980er Jahren.
Lange Zeit empfand Helga Paris diese Aufnahmen als so persönlich und intim, dass sie die Bilder der Öffentlichkeit nicht präsentieren wollte. Nicht mal die Familie durfte einen Blick darauf werfen. "Jetzt bin ich nicht mehr diese Frau, und jetzt kann ich es auch ertragen, dass andere Leute diese Fotos sehen."

"Mach mal Fotografie"

Helga Paris hatte zunächst Mode studiert, aber das war nicht ihre Welt. Für Fotografie interessierte sie sich schon immer, aber es fehlte der Mut, den letzten Schritt zu gehen.
Mehr aus Zufall entdeckte ein Freund ein Foto von ihren Kindern, Helga Paris hatte es gemacht. Der sagte zu ihr: "Das Bild ist gut, mach mal Fotografie." Ab dem Moment war klar: "Dann mache ich mal Fotografie."
Die zeitgenössische schwarzweiss Fotografie zeigt das Portrait eines Mannes auf der Strasse, mit Huth und der rechten Hand an der Brusttasche.
Ohne Titel, 1991/92, aus der Serie "Moskau".© Helga Paris
Später fotografierte Helga Paris nichts, was inszeniert war. Wichtig sei ihr vielmehr die augenblickliche Stimmung, der wahre Moment gewesen. Das hätte sie festhalten wollen. Menschen bei der Arbeit, auf der Straße, in der Kneipe. Ihr Geld verdiente Paris hauptsächlich mit Auftragsarbeiten, so fertigte sie Portraits von Bildhauern und Schriftstellern an.

Flucht als Abenteuer

Helga Paris wurde 1938 in Pommern geboren, wuchs in einer Arbeiterfamilie auf. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtete sie mit ihrer Familie nach Zossen. "Das empfand ich nicht als Flucht, sondern eher als Abenteuer." In Zossen lebt die Familie der Mutter, und so wurden sie dort mit offenen Armen empfangen. In der Serie "Erinnerungen an Z." setzte sich Paris mit dieser Zeit auseinander. "Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit".
Wie schwierig war es für sie, in der DDR immer das zu zeigen, was ihr am Herzen lag? "Gar nicht schwierig", sagt Helga Paris, "meine Art der Fotografie war ja nicht für die Öffentlichkeit gedacht, und darum habe ich keine Probleme gehabt."
Die zeitgenössische schwarzweiss Fotografie zeigt eine Strassen- und Häuseransicht, mit Autos und Menschen.
Helga Paris Ohne Titel, 1983–1985. Aus der Serie "Häuser und Gesichter", deren Ausstellung Paris in der DDR verboten worden war. Halle 1983–1985.© ifa /Helga Paris
Aber einmal erfährt sie doch Restriktionen durch die Parteiführung: 1983 fotografierte und dokumentierte Paris den Verfall der Innenstadt in Halle. Drei Jahre später wollte sie die Bilder in einer Ausstellung zeigen. Der geplante Titel: "Häuser und Gesichter". Doch durch die SED-Bezirksleitung kam ein Verbot. Die Genossen wollten keine Fotos von verfallenen Häusern. "Ich hab mich zwar geärgert, aber ich hab verstanden, warum das verboten wurde, und "dann ist das eben so".
(kuc)
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