NSU-Tatorte in Schwarz-Weiß
Bildermachen sei eine permanente Auseinandersetzung mit der Welt, meint die Fotografin Regina Schmeken. Mit der Kamera hat sie die Tatorte der NSU-Morde besucht. Zu sehen sind die Bilder ab dem 29.7. in der Ausstellung "Blutiger Boden" im Berliner Martin-Gropius-Bau.
Seit dreißig Jahren begleitet sie das politische Geschehen mit ihren Aufnahmen, die in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht werden - nie illustrierend, immer kommentierend. Am Anfang war ihre besondere Art, Politiker zu fotografieren, eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Presselandschaft.
"Ich habe irgendwann angefangen, die politische Fotografie auch für mich zu entdecken, war bei Parteitagen zugegen, und auch auf dem ersten Weltwirtschaftsgipfel, glaube ich, in Deutschland überhaupt damals in München. Und ich habe dann angefangen, die Politiker anders zu beobachten, als es damals üblich war. Vielleicht so als Menschen wie Du und Ich, die auch mal krumm dastehen, die ihren Platz suchen, nach ihre Fähnchen schauen, die sie sich aufstellen. Normal war, dass man ein Bild zeigt, wenn ein Gruppenfoto abgeschlossen war, wenn alle schön standen in Reih und Glied. Aber diesen Prozess des Aufstellens, der ja sehr witzige Momente haben kann, den hat man nicht gezeigt. Und das ist heute aber ganz normal, dass man diese auch ironischen und witzigen Bilder von Politikern ganz bewusst zulässt."
"Für mich ist Fotografie Arbeit mit Licht"
Regina Schmeken beschäftigt sich darüber hinaus mit vielen anderen Themen. Und sie fotografiert immer in schwarz-weiß - ob es um Schlachthöfe, Bunker oder Fußballspieler geht.
"Für mich ist Fotografie eine Arbeit mit Licht. Das Bild entsteht früher noch beim Negativ, aber das Negativ ist nur das halbfertige Bild. Dann geht es daran das Bild zu bearbeiten, das Licht zu lenken, das Licht zu gewichten, die Kontraste zu entscheiden. Dann folgen viele kleine Entscheidungen, wie male ich sozusagen mit Licht, wie positioniere ich das Licht, wo kommt mehr schwarz hin, um im Vordergrund noch zu betonen und so weiter. Das ist dann die Arbeit am Bild."
Aus vielen Zeitungsaufträgen sind Bücher und Ausstellungen entstanden.
So auch jetzt mit "Blutiger Boden - die Tatorte der NSU", ab dem 29. 7. im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen. Sechs bis dreizehn Jahre nach den Morden der NSU hat Regina Schmeken die Orte aufgesucht, an denen Menschen durch den nationalsozialistischen Untergrund ihr Leben verloren haben.
"Ich wollte auf keinen Fall in so eine voyeuristische Geschichte rein, also keine Tatortfotografie, nicht im engsten Sinne - das habe ich nicht leisten können. Das war ein Versuch, eine Annäherung, dieses Thema zu bewältigen, zu hinterfragen mit bildnerischen Mitteln. So sind die Bilder entstanden. Überhaupt, wenn ich unterwegs bin, wenn ich Bilder mache, ist so eine Intuition, so ein Gefühl für die Dinge kann man vielleicht sagen."
Wie sie die Bildsprache bei der Zeitung verändert hat, warum ihre Aufnahmen von der Tatorten der NSU verstören und wie sie Politiker auf Gruppenfotos aufmischt – darüber hat Regina Schmeken mit Ulrike Timm gesprochen.