"Fotzenfenderschweine"

Almut Klotz erzählt von ihrer Liebe

Ein Herz, gemalt auf einer Wand, in Berlin im Bezirk Kreuzberg.
Ein Herz, gemalt auf einer Wand, in Kreuzberg. Klotz zog 1985 in den Berliner Bezirk. Das postum veröffentlichte Buch "Fotzenfenderschweine" handelt von der Liebesgeschichte zu ihrem Lebensgefährten. © dpa / picture alliance / Wolfram Steinberg
Olga Hochweis im Gespräch mit Andreas Müller |
Bis kurz vor ihrem frühen Krebstod schrieb Lassie-Singers-Gründerin Almut Klotz an dem Buch "Fotzenfenderschweine". Ihr langjähriger Lebensgefährte Christian Dabeler hat es nun veröffentlicht. Im Mittelpunkt steht die Liebe des Künstlerpaares.
Almut Klotz hat viel gemacht in ihrem Leben - und das bis kurz vor ihrem frühen Tod im August 2013. Zehn Jahre lang war sie Teil der legendären Berliner Indie-Band Lassie Singers, die mit ihren rotzig-klug-naiven Texten noch heute Kultstatus genießen.
Nach deren Auflösung 1998 folgten diverse musikalische Kurzzeit-Projekte wie "Parole Trixi" und "Maxi unter Menschen". Almut Klotz betrieb mit ihrer einstigen Band-Kollegin Christiane Rösinger die Flittchenbar in einem Berliner Club und das Label "Flittchenrecords".
Außerdem gründete und leitete sie einen Pop-Chor. Sie schrieb Zeitungskolumnen und literarische Texte, war Co-Autorin eines Romans und eines Erzählbands. Bis kurz vor ihrem frühen Krebstod mit 50 Jahren schrieb Almut Klotz noch an einem Buch, das ihr langjähriger Lebensgefährte Christian Dabeler und ihr Sohn Aaron Klotz nun gemeinsam im Verbecher Verlag herausgegeben haben.
Auf den Wunsch der Autorin trägt das Fragment den Titel "Fotzenfenderschweine" - ein von Dabeler benutztes Schimpfwort, der im Anhang des Buchs nebst Foto in einem Kommentar verrät, dass der Wortkern auf die kugelförmigen Polster (Fender) zurückgeht, die zum Schutz des Rumpfs eines Bootes oder einer Yacht an die Kaimauer gehängt werden.

Almut Klotz erzählt von ihrer Liebe

Aber so irritierend aggressiv (und sexistisch) der Buchtitel auch klingen mag: Almut Klotz erzählt hier im Kern sehr offenherzig von ihrer Liebe. Mit Detailfreude und Witz beschreibt sie die Geschichte einer Beziehung zwischen zwei Leuten, die unterschiedlicher kaum sein könnten: zwischen der unbekümmerten Frau aus dem badischen Bildungsbürgertum, die quasi mit links in der Berliner Indie-Szene reüssiert, und dem Hamburger Studiomusiker, Autor, Darsteller, Produzenten Christian Dabeler, dem diese Szene aufgrund ihrer geringen ästhetischen und musikalischen Ambitionen völlig verhasst ist, der zusammen mit Musikern wie Rocko Schamoni oder Robert Forster von den Go-Betweens zusammenarbeitet , sich aber zeitlebens seit Kindertagen als einsamer Außenseiter und Underdog versteht.
Dabeler legt sich früh den Künstlernamen Reverend zu und demonstriert diesen "Hochwürden", diese ehrwürdige Haltung auch optisch in der Wahl seiner Kleidung. Die ständigen Streitereien des Paares - über Musik, über Milieus, über Anpassungswahn und Eigenständigkeit, über Heuchler - nehmen erst ein Ende, als sich eine produktive Arbeitsbeziehung zwischen den beiden entwickelt.
Es entstehen gemeinsame Texte, ein Roman und Erzählungen sowie zwei Alben. Die beglückenden Auftritte bei Lesungen und Konzerten halten die beiden zusammen.

"Frauen sind oft faul und verlassen sich auf Männer"

Aber die inhaltlichen Auseinandersetzungen hinterlassen ihre Spuren: hin und wieder übernimmt Almut Klotz einige der Ansichten ihres Lebensgefährten und schießt dabei manchmal in ihren Schlussfolgerungen auch übers Ziel hinaus:
"Frauen sind nicht so ehrgeizig wie Männer, sind oft sogar faul und verlassen sich auf Männer. Musikkolleginnen haben sich oft beklagt, warum es so wenige Musikerinnen gäbe. Neben allen Steinen, die ihnen von den bösen Jungs in den Weg gelegt werden, kommt aber nie zur Sprache, dass kaum ein Mädchen sich mit seinem Instrument, seinem Sound mal richtig beschäftigt und übt, sodass sie mit ihrer Band weiterkommen könnte."
Man liest dieses Buch trotz solcher Verallgemeinerungen mit Gewinn, denn Almut Klotz zeigt, dass es zwischen Schwarz-Weiß noch sehr viele Grau- und häufig sogar Blautöne gibt, dass es lohnt, den Schwierigkeiten zu trotzen.
Sie hat bis zum Schluss gearbeitet und ihr Leben gelebt und den "hysterischen, exzentrischen Mann an ihrer Seite" kurz vor ihrem Tod geheiratet. Respekt gebührt auch ihm, Reverend Christian Dabeler, der dieses für ihn nicht immer schmeichelhafte Buch mitherausgegeben hat.

Almut Klotz: "Fotzenfenderschweine"
Hardcover, 144 Seiten, mit Abbildungen
Preis: 19 Euro

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