Verantwortung sieht anders aus
Der vom Kabinett verabschiedete Entwurf verbietet Fracking nur in sensiblen Regionen, wie Wasserschutzgebieten. Man sei der Industrie regelrecht auf den Leim gegangen, kommentiert Theo Geers: Dieses Gesetz müsse verschärft werden.
So viel Unbehagen wie beim heute verabschiedeten Gesetzentwurf zum Fracking war selten. Verwunderlich ist das nicht. Ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das im Grundsatz erst etwas verbietet, um es dann durch die Hintertür doch zu erlauben, schafft nun mal Unbehagen. Das müssen sich Umweltministerin Hendricks und Wirtschaftsminister Gabriel vorhalten lassen. Beide haben sich zwar bemüht, das Unbehagen in Grenzen zu halten, geschafft haben sie es nicht.
Dieses Gesetz muss verschärft werden und die Ansätze dafür sind in dem Gesetz ja angelegt. Wenn Fracking in Nationalparks, Natur- und Wasserschutzgebieten verboten wird, dann zeigt dies schon die Richtung, in die es gehen muss. Ganz oben steht der Schutz der Wasserreserven. Hier kann es keine Kompromisse geben. Diesem Leitgedanken - Trinkwasserschutz - muss sich alles andere unterordnen, insbesondere das Profitstreben von Konzernen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf können diese darauf setzen, über das Recht zu sogenannten Probebohrungen auch in sensiblen Gebieten das Verbot des kommerziellen Frackings aufzubohren.
Der Industrie auf den Leim gegangen
Die Entscheidung darüber soll nach 2018 auch noch eine sechsköpfige Expertenkommission fällen. Die ist demokratisch überhaupt nicht legitimiert und noch nicht einmal zur Einstimmigkeit verdammt wie es bei der Risikotechnologie Fracking geboten ist. Das sind zwei Hintertüren, die mit Blick auf das eigentliche Anliegen - den Schutz der Lebensgrundlage Trinkwasser - viel zu weit offen stehen. Hier ist die Regierung dem Drängen der Industrie regelrecht auf den Leim gegangen. Fracking, so das fragwürdige Argument, dürfe schon allein deshalb nicht völlig verboten werden, weil die Förderung heimischen Erdgases Deutschland zumindest ein bisschen unabhängiger mache zum Beispiel von Russland. Platter geht's nimmer.
Zehn Prozent unseres Erdgases stammt noch aus heimischen Feldern. Die Tendenz ist fallend und das liegt schlicht daran, weil die Reserven aufgebraucht sind. Das wiederum leitet über zur eigentlichen Frage, die auch zu diskutieren ist: Muss man - wie es beim Fracking exemplarisch ist - wirklich auch noch die letzten Reserven eines Rohstoffes aus dem Boden quetschen? Verfrühstückt wird dadurch alles, gewonnen dagegen wenig. Abgesehen vom Risiko für die Wasservorräte springt im besten Fall eine Art Galgenfrist von ein paar Jahren heraus, in denen das heimische Gas noch gefördert würde, dann aber ist Schluss. Und zwar endgültig.
Fracking löst kein Problem, das wird bei unserer Energieversorgung haben. Seine Befürworter machen es sich sehr einfach: Sie gaukeln uns vor, dass es mit dem Öl oder dem Gas schon immer irgendwie weiter geht. Wenn die konventionellen Lagerstätten leer sind, nehmen wir eben die unkonventionellen. Nachhaltige Politik nach dem Prinzip Verantwortung sieht wahrlich anders aus.