Wie positioniert sich die Schaubühne gegen rechte Hetze?
Morddrohungen gegen den Theaterregisseur Falk Richter, rechte Schmierereien gegen die Schaubühne und ihr Stück "Fear" – Thomas Ostermeier sagt, wie sein Theater mit Einschüchterungsversuchen umgeht und die Freiheit der Kunst verteidigt: "Wir sind eine wichtige Gegenöffentlichkeit."
Die Berliner Theaterszene ist aufgeschreckt: Morddrohungen gegen den Theaterregisseur Falk Richter, Drohanrufe und Schmierereien am Gebäude der Schaubühne. Diese Reaktionen auf Richters Stück "Fear", das ungewohnt deutlich und direkt den Fremdenhass der AfD- und Pegida-Anhänger thematisiert, sind vermutlich die beste Bestätigung dafür, dass die Inszenierung einen Nerv getroffen hat.
Dennoch hätte Schaubühnen-Chef Thomas Ostermeier mit derart heftigen Reaktionen nicht gerechnet. "Es war ja gar nicht unsere Absicht, solche Reaktionen hervorzurufen. Unsere Absicht war ja eher – und das finde ich eher ein bisschen witzig, dass das aus dem Fokus geraten ist –, so eine aufgeklärte Hipster-Gesellschaft, der wir leider, die einen mehr, die anderen weniger, alle angehören, und ihre Untätigkeit und Ratlosigkeit ob der politischen Entwicklungen zu spiegeln", sagte er im Deutschlandradio Kultur.
Eine Form von Exorzismus
Die Inszenierung von Falk Richter könne auch als eine Form von Exorzismus gesehen werden - "nicht, dass man jemand anderem den Teufel austreiben will, sondern dass wir uns selbst unsere Dämonen austreiben wollen". Statt ängstlich und eingeschüchtert zu reagieren angesichts rechter und fremdenfeindlicher Strömungen, sollten die Bürger sich "als wichtige Gegenöffentlichkeit" sehen, "die sich nicht wegduckt und versucht, mit der Politik der Angst umzugehen".
Die allermeisten Zuschauerzuschriften seien ermutigend, sagte Ostermeier. "Ich würde mal sagen: 98 Prozent sagen uns, es ist ganz wichtig, dass es diese Aufführung gibt. Sie gehen aus dieser Aufführung gestärkt raus, sie haben wieder Mut geschöpft, weil sie das Gefühl haben, dass andere eine ähnliche Sicht auf die Welt und eine ähnliche Sorge um die politische Entwicklung in Deutschland haben."
Nicht den Skandal gesucht
Es sei aber keineswegs so, "dass wir jetzt glücklich lächelnd und selbstzufrieden in unseren Sesseln sitzen uns sagen: Hurra, wir haben einen Skandal", betonte Ostermeier. Im Gegenteil: Er und sein Schaubühnen-Team seien sehr besorgt über die Forderungen, das Stück abzusetzen und über die Versuche, sein Theater zu verleumden und als Auslöser für Angriffe auf AfD-Anhänger hinzustellen.
Politiker und politische Strömungen zu karikieren, habe eine "irrsinnig lange Tradition in den bürgerlichen Demokratien". Wenn diese Freiheit der Karikatur und Satire jetzt in Frage gestellt werden, sei das alles andere als schön.