Wie spricht man vorurteilsfrei von den Übergriffen in Köln?
Eine große Gruppe von Männern soll an Silvester in Köln Frauen sexuell belästigt und teilweise beraubt haben. Zeugenaussagen zufolge sollen sie aus dem arabischen Raum stammen. Wie spricht man vorurteilsfrei darüber? Wir fragen einen Sprachwissenschaftler.
Nach den Übergriffen auf Frauen in Köln und Hamburg entlädt sich in den sozialen Netzwerken die Wut der User. Doch nicht nur dort bringt die Beschreibung der mutmaßlichen Tätergruppe einige Probleme mit sich: Waren es Männer aus dem nordafrikanischen oder arabischen Raum? Kann, darf, soll man das erwähnen?
Einige werfen Medien vor, sie würden die mutmaßliche Herkunft der Täter absichtlich nicht nennen, um die Aufmerksamkeit nicht auf die Flüchtlinge zu lenken und zur Verallgemeinerung einzuladen. Andere betonen, dass die Herkunft der Männer egal sei, sondern dass es sich einfach um Verbrechen handele, die geahndet werden müssten.
Eine neutrale Sprache gibt es nicht
"Eine 'richtige' Sprache kann es nicht geben", sagt der Sprachwissenschaftler Joachim Scharloth. Denn Beschreibung und Bewertung ließen sich schon rein sprachlich nicht trennen: "Immer wenn wir sprechen, beschreiben wir nicht nur die Wirklichkeit, sondern wir bewerten sie auch. Also, da ist, glaube ich, kein Entkommen." Insofern ist es für Scharloth letztlich eine Frage der politischen Agenda, ob man bestimmte Ausdrücke erwähne oder nicht.
"Pi-News titelt heute zum Beispiel: 'Auch in Hamburg jagte arabischer Sex-Mob'. Da haben wir einerseits drin, dass der arabische Kulturkreis relevant gesetzt wird. Wir haben die Bezeichnung Mob darin, das heißt, überwiegend niedriges Bildungs- und Sozialniveau. Wir haben den Sex-Mob, das heißt, die Zusammenrottung ist sexuell motiviert. Und wir haben die Metapher der Jagd."
Justizminister Heiko Maas hingegen habe die Vorfälle "eine neue Dimension organisierter Kriminalität" genannt, damit das gezielte, planvolle Vorgehen betont und zugleich die Herkunft der Täter unsichtbar gemacht." Sowohl PI-News als auch der SPD-Politiker verfolgten damit eine politische Agenda. "Die von Justizminister Maas ist sicherlich gemeinwohlverträglicher als die andere, aber gleichwohl tun beide nichts anderes als Politik mit Sprache."