Wie wertvoll sind die Kohl-Protokolle?
Angela Merkel? Kann angeblich nicht mit Messer und Gabel umgehen. Christian Wulff? "Ein ganz großer Verräter". Im Gespräch mit einem Ghostwriter hat Helmut Kohl mit Parteifreunden abgerechnet. Jetzt erscheinen die Protokolle - gegen seinen Willen.
Helmut Kohl hat schon mit einer Reihe alter Weggefährten abgerechnet und gebrochen, doch die Vergangenheit lässt den Altkanzler nicht ruhen: Der Journalist Heribert Schwan hat jetzt alte Gesprächsprotokolle veröffentlicht, in denen Kohl vom Leder zieht, unter anderem über Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble. Gegen den Willen Kohls, der die Bänder gerichtlich zurückgefordert hatte.
Jetzt kocht die Affäre medial kräftig hoch: "Helmut Kohl. Die Abrechnung" titelt der "Spiegel", in der CDU ist man besorgt, die teils verletzenden Kommentare könnten dem Ansehen der Partei schaden. Unsere Frage des Tages lautete deswegen: Wie wertvoll sind die Kohl-Protokolle? Beantwortet hat sie der Historiker Norbert Frei. Er spricht von Material, das man auf jeden Fall erhalten sollte. Die Bänder könnten historisch bedeutsam sein und sollten nicht nur innerhalb des Machtkampfes zwischen Schwan und Kohl verhandelt werden.
Die Beleidigungen sind historisch keine besonders relevanten Äußerungen
Frei unterstützt dabei einen Vorschlag des CDU-Politikers Volker Rühe: Dieser hatte angeregt, eine Helmut-Kohl-Stiftung einzurichten und die Protokolle dort zu verwahren. Frei bezeichnet das als "guten Weg": So würde auch Kohls Aversion gegen das Bundesarchiv nicht greifen. Die vom "Spiegel" enthüllten Beleidigungen anderer Politiker durch Kohl hält der Historiker für überschätzt: Das seien alles keine besonders relevanten Äußerungen. Wer die persönlichen Beziehungen Kohls zu seinem politischen Umfeld in Erinnerung habe, werde von den Zitaten nicht überrascht.