Architektur als sozialer Akt
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Der Pritzker-Preis 2022 geht an den Architekten Francis Kéré. Eine ideale Wahl, findet Andres Lepik vom Münchner Architekturmuseum. Denn Kérés Gebäude seien mit den Menschen für die Menschen gebaut. Und bald auch in Deutschland zu bewundern.
Francis Kéré wird mit dem Pritzker-Preis 2022 geehrt. Die Auswahl des Preisträgers zeigt, dass sich die Architekturauszeichnung weiterentwickelt hat, sagt der Leiter des Münchner Architekturmuseums, Andres Lepik.
"Es ist der erste Pritzker-Preis, der an Afrika geht", sagt Lepik. Viel zu lange sei es darum gegangen, männliche Stararchitekten der westlichen Hemisphäre zu würdigen.
Nachdem in den letzten Jahren die ersten Architektinnen ausgezeichnet wurden, sei der Preis für Kéré der nächste logische Schritt: "Es war eine Frage der Zeit, bis der Pritzker-Preis sich diesem Thema des Sozialen zugewandt hat", sagt Lepik.
Kérés Architektur richtet sich an die Öffentlichkeit
Geboren wurde Francis Kéré in Gando, Burkina Faso. Seit er zwanzig Jahre alt ist, lebt er in Deutschland. Bekannt wurde der Architekt durch das Operndorf Afrika. Nach einer Idee des Regisseurs Christoph Schlingensief sollte in Burkina Faso ein interkultureller Ort entstehen, der Klassenräume, eine Krankenstation und als Herzstück ein Festspielhaus umfasst.
Die Planung der Gebäude übernahm Kéré mit seiner typischen Handschrift. "Für ihn ist Architektur in erster Linie ein sozialer Akt", sagt Lepik. Es sei kein Zufall, dass sich die meisten Gebäude, die Kéré baut, an die Öffentlichkeit richten. Schulen, Parlamentsgebäude, Krankenhäuser, sie alle kommen einem größeren Kreis von Menschen zugute.
Mit den Menschen für die Menschen
"Das große Geheimnis liegt darin, dass er mit den Menschen für die Menschen plant", sagt Lepik. Dabei benutzt Kéré lokale Materialien, oftmals Lehm, und orientiert sich an den Gegebenheiten vor Ort. So auch bei der Grundschule, die er in seinem Geburtsort Gando gebaut hat.
"Da spielt das Dach eine entscheidende Rolle", sagt Lepik. Das schwebe dank einer einfachen, aufgeständerten Konstruktion über der Zimmerdecke. So könne der Wind durchziehen und die Räume blieben immer im Schatten. Keine energiefressende Klimaanlage ist nötig, nur durchdachtes Bauen, das sich von der Umgebung inspirieren lässt.
In Deutschland sind bisher noch keine Gebäude von Kéré zu sehen, sagt Lepik, aber das ändere sich bald: "Er ist gerade dabei, in Weilheim eine Waldorfschule zu bauen. Und er hat eine Brücke in Mannheim in Planung."
(beb)