Frank Schäfer: Henry David Thoreau. Biografie.
Suhrkamp. Berlin 2017. 252 Seiten, 16,95 Euro
Schreibender Rebell des 19. Jahrhunderts
Es ist die erste deutsche Biografie über den amerikanischen Schriftsteller Henry David Thoreau, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr begangen wird. Sein ungewöhnliches Leben hielt er in Büchern wie "Walden" fest. Der Biograf Frank Schäfer nähert sich ihm mit Witz.
Das Buch ist eine textorientierte und keine psychologisierende, allwissende oder einfühlende Biografie, sondern eine Annäherung an jemanden, der eine Text- und Vortragsproduktionsmaschine war.
Henry David Thoreau hinterließ mehr als 7000 Seiten Tagebücher und so berühmte Bücher wie "Walden" über sein Leben im Wald in einer Blockhütte. Oder "Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat", ein Buch, das Mahatma Ghandi an seine Jünger verteilte, Martin Luther King auf dem Marsch der Bürgerrechtsbewegung begleitete, die Beat Generation inspirierte und viele, viele jugendliche Aufbegehrende, damals wie heute.
Zupackend, szenisch und Witz erzählt
Der Biograf Frank Schäfer ist Musik- und Literaturkritiker. Er stellt die zahlreichen Schriften Thoreaus knapp und mit sicherem Urteil vor, ordnet sie ein in die Geistesströmungen und Konflikte der Zeit – vor allem in die Romantik, die Sklaverei in den Südstaaten sowie die beginnende Industrialisierung - und ebenso verfährt er mit dem Leben.
Am 12. Juli 2017 wurde der 200. Geburtstag Thoreaus gefeiert. Es ist die erste deutsche Biografie. Frank Schäfer erzählt mit Witz und zupackend, nicht ohne Distanz und manchmal szenisch. Er nutzt Erzählformen des Features – am Anfang gibt es eine Zitatenparade von Zeitgenossen, wie sie Thoreau gesehen haben. Er schreibt zuweilen salopp bis schnoddrig: ein "Tritt vors Schienbein" motiviere Thoreau, ein Kritiker "watsche" ihn ab. Aber Schäfer spricht auch von "semantischer Offenheit" und "Panegyrik".
Eine ungewöhnliche, knorrige Gestalt
Der Biograf kritisiert sein Objekt zuweilen für schlechte Vorträge und lobt ihn, wenn er seine Sache gut macht. Das Eine wie das Andere macht Freude – man informiert sich mit Gewinn über eine wichtige Gestalt der nordamerikanischen Literatur, über den wichtigsten Kulturkritiker der USA nicht nur des 19. Jahrhunderts, und zwar gerade weil Frank Schäfer seine Haltung nicht verbirgt genauso wenig wie seine Intelligenz.
Das Buch ist empfehlenswert, gerade weil es keinesfalls die Lektüre der Originaltexte erspart, sondern sie nötig macht. Man wird nämlich gewonnen für eine ziemlich ungewöhnliche, knorrige Gestalt.