Vom Kohl-Anhänger zum Postmarxisten
Der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister hat den verstorbenen "FAZ"-Mitherausgeber Frank Schirrmacher als einen Geist mit Wirkungsmacht, Ausstrahlungskraft und "unglaublicher Energie" gewürdigt - "mit all dem Abgründigen, das sich damit auch verbindet".
Hachmeister sagte im Deutschlandradio Kultur, Schirrmachers Wirken als Journalist und Autor sei durch die Frage geprägt gewesen, wie ein "gehobener bürgerlicher Journalismus überhaupt noch überleben" könne in einer Zeit der "technologischen und ökonomischen Verwerfung". Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sei, im Wortsinn, seine Heimat gewesen. Er habe das Blatt "vollkommen verwandelt (...), also, nach links gerückt", unerwarteterweise, nachdem er sich zunächst als Anhänger von Helmut Kohl profiliert hat, und sei dann zu "einer Art Postmarxist" geworden.
Sehr machtbewusst und zielstrebig
Lutz Hachmeister sagte weiter, Schirrmacher sei kein einfacher Mensch gewesen, er sei jedoch auch vermeintlichen Gegnern wie ihm, Hachmeister selbst, nach einem Schlagabtausch "sehr umarmend" und charmant begegnet. Auf der anderen Seite sei Schirrmacher sehr machtbewusst und zielstrebig gewesen.
Der "FAZ"-Mitherausgeber sei unter seinen in der Öffentlichkeit in Erscheinung tretenden Altersgenossen eine solitäre Erscheinung gewesen: Denn bei den um 1960 herum Geborenen treffe man es nicht häufig an, "dass jemand sich einer Sache mit Leib und Leben geradezu annimmt".