Frank-Walter Steinmeier: "Flugschreiber, Notizen aus der Außenpolitik in Krisenzeiten"
Propyläen, Berin 2016
240 Seiten, 24 Euro
Das Poesiealbum des Außenministers
Wer von dem neuen Buch Frank-Walter Steinmeiers, "Flugschreiber", reflektierte Analysen außenpolitischer Konflikte erwartet, wird enttäuscht. Das Buch gleicht eher einer umfangreichen Werbebroschüre für deutsche Außenpolitik – oder einem Poesiealbum, meint unser Kritiker.
Das Buch des Außenministers und baldigen Bundespräsidenten ähnelt oft einem Poesiealbum. Wer von den "Notizen aus der Außenpolitik in Krisenzeiten" – so der Untertitel – eine reflektierte Analyse der vielen gegenwärtigen außenpolitischen Konflikte erwartet oder tiefere Gedanken dazu, wird bitter enttäuscht.
Die sogenannten "Notizen" bestehen lediglich aus einer Auswahl von Reden des Ministers aus der gegenwärtigen Amtszeit, die zu einzelnen Kapiteln zusammengefasst sind. Wie in einem Poesiealbum stellt Steinmeier private Begebenheiten dem jeweiligen Kapitel voran, aber gerne auch autobiografische Plaudereien aus dem diplomatischen Nähkästchen, die sich eher zur Veröffentlichung in der "Bunten" oder in der "GALA" eignen und dort mit besseren Fotos. So erfährt der Leser wie unterschiedlich die Größe und Reihung der Fahrzeugkolonnen der Regierungsvertreter eines Empfangsstaats sein können und andere "bedeutsame" außenpolitischen Rahmenbedingungen mehr.
Die sogenannten "Notizen" bestehen lediglich aus einer Auswahl von Reden des Ministers aus der gegenwärtigen Amtszeit, die zu einzelnen Kapiteln zusammengefasst sind. Wie in einem Poesiealbum stellt Steinmeier private Begebenheiten dem jeweiligen Kapitel voran, aber gerne auch autobiografische Plaudereien aus dem diplomatischen Nähkästchen, die sich eher zur Veröffentlichung in der "Bunten" oder in der "GALA" eignen und dort mit besseren Fotos. So erfährt der Leser wie unterschiedlich die Größe und Reihung der Fahrzeugkolonnen der Regierungsvertreter eines Empfangsstaats sein können und andere "bedeutsame" außenpolitischen Rahmenbedingungen mehr.
Werben für Bedachtsamkeit und Beharrlichkeit
Manche Rede Steinmeiers ist dann angesichts der rasanten außenpolitischen Veränderungen schon überholt wie seine Antrittsrede im Auswärtigen Amt im Dezember 2013, - also noch vor der russischen Krim-Annexion und vor dem Gipfel der Flüchtlingskrise. Die Reden enthalten die Grundkonstanten bundesdeutscher Außenpolitik: die Unverzichtbarkeit der europäischen Integration und des transatlantischen Bündnisses, eine neu gewachsene, globalere außenpolitische Verantwortung der Bundesrepublik, die Absage an die einfachen Antworten auf komplexe gegenwärtige Konflikte und das Prinzip der Beharrlichkeit in der Diplomatie, für dessen Erfolg er mehrfach den Atomdeal mit dem Iran 2015 nach zehnjährigen Verhandlungen anführt.
Auch sonst findet sich das Werben für Bedachtsamkeit und Beharrlichkeit in vielen der hier abgedruckten Reden wieder. So richtig diese Konstanten sind, so sehr ermüdet ihre häufige Wiederholung auf Dauer, zumal sie in allen Tagesmedien wiederzufinden sind.
Floskel vom "im Gespräch bleiben"
So eingeschränkt ein Außenminister allein durch sein Amt auch ist - denn was er wie sagt, ist Politik – aber kann er in seinen Reden nicht trotzdem auch darüber nachdenken, wie mit einem Putin umzugehen ist, der in Aleppo eine Stadt und ihre Bevölkerung brutal auslöscht, an diplomatischen Lösungen nicht interessiert ist und nur militärische Antworten kennt? Ist die gebetsmühlenhaft vorgetragene Floskel, "wir müssen mit Russland im Gespräch bleiben" als alleinige Antwort nicht zu wenig?
Steinmeier hat an anderer Stelle in diesem Jahr durchaus bedenkenswerte Reflexionen über die Sinnkrise Europas oder über Deutschland als "Nachdenklicher Macht" formuliert. Hier hat er leider nur einer etwas umfangreicheren Werbebroschüre für deutsche Außenpolitik den Vorzug gegeben. Aber ab Februar 2017 wird ihm mit dem Bundespräsidialamt eine ganze Behörde zur Verfügung stehen in seine dann zu haltenden Reden tiefere Analysen und umfassendere politische Perspektiven aufzunehmen. Das lässt hoffen.