Trockenheit in Franken

Wie der Klimawandel den Wein verändert

09:19 Minuten
Sonnenverbrannte Bacchustraube in Franken
Sonnenverbrannt und verschrumpelt: So sehen Bacchus-Trauben in diesem Jahr mancherorts in Franken aus. Wegen der zunehmenden Trockenheit hat die Rebsorte wohl keine Zukunft in der Region. © Heiner Kiesel
Von Heiner Kiesel · 08.09.2022
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Franken gehört zu den trockensten Regionen Deutschlands. Das wirkt sich auch auf den Wein dort aus. Die frühere Lese verändert den Geschmack und der Umzug von Weinbergen ins Tal könnte weniger Touristen bedeuten. Vor allem aber braucht es Wasser.
In vielen Gebieten hat jetzt die Weinlese begonnen. Auch weil der Sommer heiß und trocken war, wird teilweise früher geerntet als sonst – auch in Franken im Nordwesten Bayerns, eine der trockensten Regionen Deutschlands. Zudem eine traditionelle und bekannte Weinbaugegend.
Das letzte Mal richtig geregnet hat es rund um das kleine Dörfchen Escherndorf an der Mainschleife im April. Oberhalb des Dorfes, das zum Weinort Volkach gehört, liegen Daniel Sauers Weinberge. Die Gegend ist eine Urlaubsregion, ein Radfahrparadies.
Er selbst könne sich nicht an einen ähnlich trockenen Sommer erinnern, sagt der 38-jährige Daniel Sauer. Sein Vater habe erzählt, das Jahr 1976 sei extrem trocken gewesen. Und aus anderen Überlieferungen wisse er, dass das wohl auch auf das Jahr 1946 zugetroffen habe.

Volle Weintrauben mit prallen Beeren

Der Boden in Daniel Sauers Weinbergen ist hart und staubig. Es ist schwer, Halt zu bekommen. Die Weinstöcke sehen aber trotzdem gut aus: Das Laub hat ein dunkles Grün, nichts ist gelb oder eingerollt. Vor 25 Jahren wurden sie gepflanzt. Sauers Leute, die mit Gartenscheren im Weinberg unterwegs sind, greifen volle Weintrauben mit prallen Beeren heraus.
Es wird aufgrund des Klimawandels immer heißer und trockener in Deutschland. Der Winzer sagt aber, die Weine litten nicht darunter – im Gegenteil: Seine Trauben haben hohe Öchslegrade, das spricht für Qualität. Früher hat man darum gekämpft und getrickst. Jetzt wird früher geerntet, damit die Alkoholwerte nicht zu hoch ausfallen.
Aspekte, warum Winzer Daniel Sauer bislang kaum Schwierigkeiten wegen der zunehmenden Trockenheit hat: Die Pflanzen kommen aus dem Süden und sind erst mal ziemlich gut auf den Klimawandel vorbereitet. Außerdem gibt es hier bei Escherndorf zur Bewässerung auch das Wasser aus dem Main. Wie lange ist jedoch nicht absehbar.

Verschärfter Kampf um Wasser

Zwischen Sauers Rebstöcken liegen fingerdicke schwarze Leitungen. „Wir dürfen momentan – ich bin auch Vorsitzender des örtlichen Wasser- und Bodenverbandes – unter ganz strengen Auflagen noch Wasser aus dem Main nehmen“, erklärt der Winzer. Aber: „Wenn die Pegelstände unter einen bestimmten Wert sinken, darf auch für die Weinberge kein Wasser mehr aus dem Main entnommen werden, um das Ökosystem Gewässer schützen zu können.“
In diesem Sommer war an Zuläufen des Mains die Wasserentnahme bereits zeitweise untersagt. Zudem verschärft sich der Kampf um die Wasserressourcen: Bauern wollen sie nutzen, die Schifffahrt murrt bei Niedrigwasser. Es muss sich etwas ändern.

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In Volkach gibt es ein Becken, das möglicherweise einen Blick in die Zukunft gewähren kann. Der Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes, Hermann Schmitt, steht an diesem Becken. Darin werde Wasser gespeichert, das aus den Weinbergen abläuft, sagt er.
In dem Becken ist sogar Wasser. „Etwa 6000 Kubikmeter.“ Das Wasser werde hochgepumpt in zwei Speicherbecken – 14.000 Kubikmeter und 9000 Kubikmeter. Im unteren Becken werde nicht nur Wasser gesammelt, „sondern auch die Nährstoffe, die aus dem Weinberg ausgespült werden und auch die Erde“. Das diene dem Erosionsschutz und es werde nichts in den Main eingetragen.
Ziel sei, so der Weinbaufunktionär, dass die Winzer kein Wasser mehr verbrauchen, das sie nicht vorher in diesem Becken eingesammelt haben. Schmitt hat sich über die Zukunft des Weinbaus in Zeiten des Klimawandels kundig gemacht, ist viel gereist. In Israel hat er sich Bewässerungs- und Anbaumethoden angeschaut.
Das Anbaugebiet des Frankenweins liegt in einem der trockensten Gebiete Deutschlands – in Jerusalem regne es mehr als hier, sagt Schmitt. Auch wenn viele Rebsorten in Franken südländische Pflanzen sind – wenn sich die Bedingungen für sie ändern, verändert sich auch der Anbau. Durch die veränderten Wachstumsbedingungen in Franken würde das heißen, dass der Wein von der Steillage mehr in die Fläche wandern würde und wie in Italien, Frankreich oder Spanien angebaut würde.

Ohne Weinberge keine Touristen?

Das allerdings würde das Landschaftsbild rund um Würzburg total verändern. Mit Weinbergen bepflanzte Hänge gelten als romantisch. Der Frankenwein mit seinen 6000 Hektar Rebfläche bringe jährlich 280 Millionen Euro ein, der Weintourismus vor Ort generiere 3,2 Milliarden Euro, sagt Hermann Schmitt.
Weinberge im Herbst in Franken am Main, rund um Nordhofen
Der Weintourismus bringt jedes Jahr viel Geld nach Franken – hier eine Ansicht im Herbst bei Nordhofen. Wie die Region attraktiv halten, wenn die Weinberge ins Tal ziehen müssen?© picture alliance / Eibner-Pressefoto / Augst
Sehr viel Wein wachse in Steillagen – und die ein oder andere Steillage werde bereits nicht mehr bewirtschaftet. Als Alternativen seien bereits Esskastanie und Trüffel angepflanzt worden. „Erste interessante Ansätze“, so Schmitt.

Bis zu 50 Prozent Ertragseinbuße

Doch die Herausforderung sei: „Wie schaffen wir es, die Landschaft attraktiv zu halten? Wenn die Steilhänge bewaldet wären, dann wäre es nicht mehr so schön und dann würden die Menschen auch nicht mehr hierherkommen.“
Im kleinen Weinort Ramsthal abseits des Mains – ein Stück weiter nördlich, fast an der Rhön – im Weinberg von Lorenz Neder, sieht man den Rebstöcken die Trockenheit sehr wohl an. Die untersten Blätter sind bereits verdorrt.
„Die Trauben schauen noch relativ gut aus“, sagt Neder. „Aber in einem normalen Jahr hätten wir deutlich mehr und größere Beeren am Stock.“ Hier gibt es keinen großen Fluss zum Bewässern, aber auch steile Hänge. Der Wald darüber sieht eher herbstlich aus. Die Buchen sind ganz braun.
Er rechne mit 40 bis 50 Prozent weniger Ertrag dieses Jahr, so Neder. Bei ihm beginnt die Weinlese in einer Woche. Der Silvaner sieht noch ganz gut aus. Anders der Bacchus: Die Beeren sind sonnenverbrannt und verschrumpelt. Diese Rebsorte hat wahrscheinlich keine Zukunft in Franken. Ähnlich ist es beim Müller-Thurgau.

Kein klassischer Frankenwein mehr?

Neder versucht, mit der Trockenheit umzugehen: Schneidet die Blattfläche zurück, damit sie weniger Wasser verbrauchen, verstärkt die Humusschicht, damit der Boden mehr Wasser speichert. Bewuchs vermindert die Erosion und Ostlagen werden wichtiger.
Auch Lorenz Neder erwartet einen tollen Wein nach der Lese. Aber er wird wahrscheinlich weniger Säure haben als früher. Bei vorgezogener Ernte fehlen kühle Nächte, die das Aroma beeinflussen. Gibt es künftig also keinen klassischen Frankenwein mehr? Das ist eine eher nebensächliche Frage für den 32-Jährigen.
Veränderung gebe es immer. „Es ist nicht nur der Weinanbau, der sich verändert, sondern auch der Geschmack der Bevölkerung.“ Sein Vater sage sehr oft: „Was da vor 30 bis 40 Jahren als Frankenwein verkauft wurde, das würde heute jeder links liegen lassen.“
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