Oper muss nicht an den Stadtrand
In Frankfurt gab es eine Protestwelle gegen die Idee, Schauspiel und Oper aus dem Zentrum in einen möglichen Neubau am Rande der Innenstadt zu verlegen. Doch nun haben sich maßgebliche Politiker aller Regierungsparteien im Rathaus gegen die Verlagerung ausgesprochen.
Es wird nun sehr wahrscheinlich keine Verlagerung der Oper und des Schauspiels Frankfurt am Main in Messeviertel am Rande der Innenstadt geben. Denn nachdem sich bereits Opernintendant Bernd Loebe sowie die neue Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) und die Grünen im Frankfurter Rathaus heute dagegen ausgesprochen haben, hat sich nun auch der frisch gewählte CDU-Bürgermeister und Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU) gegen einen Umzug der städtischen Bühnen ins Messeviertel ausgesprochen. Damit haben maßgebliche Vertreter der drei Regierungsparteien der neuen Frankfurter Stadtregierung ein Bekenntnis zum jetzigen Standort abgelegt. Bürgermeister Uwe Becker:
"Darüber wird an einzelnen Stellen gesprochen, ob nicht auch eine gänzliche Verlagerung des Standortes in Betracht kommen könnte. Ich persönlich präferiere stark den heutigen Standort, weil er eine geschichtliche Rolle hat, weil er eine Tradition hat und weil er nahezu im Zentrum auch liegt. Deswegen bin ich persönlich keiner, der einer Verlagerung des Standortes das Wort redet, aber die Option, auch am Standort selbst Abriss und Neubau zu prüfen, das sollten wir tun, bevor wir irgendwann mit einer Sanierung anfangen, die dann aus irgendwelchen Gründen aus dem Ruder läuft und dann irgendeiner sagt: Hätte man doch am Anfang nachgedacht."
Sie ist nun mehr als ein halbes Jahrhundert alt: Die sogenannte "Theater-Doppelanlage" des Schauspiels und der Oper Frankfurt am Main am Willy Brandt-Platz in der Innenstadt der Mainmetropole. Sanierung tut not. Doch aktuelle Baugutachten besagen, es müssten möglicherweise bis zu 300 Millionen Euro in eine Sanierung gesteckt werden. CDU-Politiker Uwe Becker ist als Bürgermeister auch Stadtkämmerer von Frankfurt am Main und deshalb für die Finanzen der Kommune verantwortlich:
"Es ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden, dass es einen erheblichen Sanierungsbedarf in den städtischen Bühnen gibt. Wir haben ja vor Jahren bereits erste Maßnahmen im Bereich der Kammerspiele und der Werkstätten vollzogen. Auch in der Größenordnung von rund 60 Millionen Euro. Aber es ist eben über die Jahre deutlich geworden, dass eben in der übrigens Substanz, wenn man so will, der Wurm nagt."
Was also tun? Die in den letzten Tagen in Frankfurt am Main diskutierten Alternativen waren Sanierung der bestehenden Doppelanlage von Oper und Schauspiel, Abriss und Neubau an gleicher Stelle oder eine Verlagerung der städtischen Bühnen in die Nähe des Messegeländes. Letzteres ist für Opern-Intendant Bernd Loebe keinerlei Option. Wir erreichen ihn per Telefon an seinem Urlaubsort in Frankreich:
"Ja, weil wir am Theaterplatz spielen, auch wenn er Willy Brandt-Platz heißt. Weil dieser Ort ein geschichtsträchtiger Ort ist für alle Theatermenschen. Es ist ein Ort, der zentral erreichbar ist. Die Tiefgarage ist perfekt. Der Anschluss ans Museumsufer ist perfekt. Es ist ein idealer Ort, umzingelt von den Symbolen des Kapitalismus, des vielleicht nicht mehr ganz so funktionierenden Kapitalismus."
Mit der Identität der Stadt verwachsen
Es war vor allem der SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann, der sich die Option eines Neubaus von Oper und Schauspielhaus an ganz anderer Stelle offen halten wollte. Doch nicht nur Grüne und CDU in der Frankfurter Regierungskoalition mit der SPD haben sich heute dagegen ausgesprochen, sondern auch die frisch gewählte sozialdemokratische Kulturdezernentin Ina Hartwig:
"Für mich sind Oper und Schauspiel am Willy Brandt-Platz ein Ensemble, das mit der Identität Frankfurts zutiefst verwachsen ist. Und dieses Ensemble halte ich für ein Kraftzentrum der Stadt, für ein kulturelles und gesellschaftliches Kraftzentrum an zentraler Stelle und das sollte es auf lange Sicht auch bleiben."
Nach der Sommerpause dürfte es nun vor allem um die Frage gehen, wo Oper und Schauspiel für die drei bis vier Jahre unterkommen, wenn am jetzigen Standort weitgehend abgerissen und neu gebaut wird. Opern-Intendant Bernd Loebe hatte als Interimsspielort für das Musiktheater die alte Großmarkthalle aut dem Gelände der Europäischen Zentralbank ins Gespräch gebracht. Doch das werde sich alleine aus Sicherheitsgründen nicht realisieren lassen, glaubt Bürgermeister Uwe Becker:
"Ich sehe nicht, dass das im Rahmen des heutigen EUB-Geländes funktioniert. Ich glaube man wird an anderen Stellen – man hat ja das Depot, man hat Ausweichmöglichkeiten – es wird auch da eine Ausweich-Situation geben, die auch da dem Anspruch Frankfurts an seine Kultur Rechnung tragen wird."
Die wichtigste Botschaft heute Abend lautet aber: Ein dauerhafter Umzug der städtischen Bühnen in Frankfurt am Main in die Nähe der Messe hat kulturpolitisch keine Chance. Oper und Theater werden höchstwahrscheinlich in der Innenstadt bleiben, versichert der Bürgermeister:
"Der heutige Standort ist schon derjenige, der egal ob im Rahmen von Abriss und Neubau oder einer internen Sanierung auch der künftige Standort bleiben soll."