Die Halsbandaffäre, die ganz Europa erregte
Der Skandal um ein Halsband und der Ärger über die Prunksucht am französischen Hof lieferte um 1780 viel Gesprächsstoff. Königin Marie Antoinette und der höchste geistliche Würdenträger waren darin verwickelt. Die Urheberin der Affäre war Madame de La Motte, die heute vor 225 Jahren starb.
"Denken Sie stets und in allen Lebenslagen daran, dass Sie eine Valois sind! Und sorgen Sie dafür, dass Ihre Gefühle niemals Ihren Namen entehren können!"
Mit diesen stolzen Worten wandte sich der komplett verarmte Jacques de Saint-Remy auf dem Totenbett an seine siebenjährige Tochter Jeanne. Und tatsächlich, das Wissen um ihre königliche Herkunft, die auf einen unehelichen Sohn Heinrich II. zurückging, nistete sich tief im Gedächtnis des Mädchens ein. Die hübsche Jeanne, 1756 auf Schloss Fontenette in der Champagne geboren, wurde nach dem Tod ihres Vaters von ihrer Mutter zum Betteln auf die Straße geschickt. Sie errang das Mitleid der Marquise de Boulainvilliers, die für eine Unterbringung bei den Ursulinen sorgte. Vom eleganten Leben im Haus der Marquise fasziniert, fasste die heranwachsende Jeanne ehrgeizige Pläne. Reichtum und Ehre, beides wollte sie erlangen. Als Erstes eroberte sie den alerten Rechtsanwalt Jacques-Claude Beugnot:
"Sie hatte blaue, ausdrucksvolle Augen unter schwarzen, schön gewölbten Brauen. Sie entbehrte jeder Art von Bildung, war dafür aber sehr unterhaltsam, lebhaft und scharfsinnig. Von Geburt an stand sie auf Kriegsfuß mit der gesellschaftlichen Ordnung, über deren Gesetze sie sich ebenso selbstverständlich hinwegsetzte wie über die der Moral."
Ein teuflischer Plan
Jeanne brauchte dringend einen Ehemann, denn sie war schwanger. Marc Antoine de La Motte, ein besitzloser Offizier mit falschem Adelstitel, heiratete sie. Ihre Zwillinge starben kurz nach der Geburt. Das Paar ging nach Paris, wo sich Jeanne Zugang zum Hof verschaffen wollte. 1781 lernte sie Kardinal Rohan kennen, der das höchste geistliche Amt des Landes bekleidete, aber darunter litt, von Marie Antoinette missachtet zu werden. Mit ihrem feinen Gespür für Schwächen umgarnte Jeanne den Kardinal. Sie stünde mit der Königin auf vertrautem Fuße, behauptete sie und begann, Briefe in deren Namen zu verfassen.
Als ihr Mann eine Kurtisane auftrieb, die der Königin verblüffend ähnlich sah, kam es sogar zu einem nächtlichen Treffen, das den Verkleidungsszenen in Mozarts überall gefeierter Oper Figaro in nichts nachstand. Jeanne verfolgte einen teuflischen Plan. Marie Antoinette wolle unbedingt ein berühmtes Halsband erwerben, behauptete sie, müsse dies aber verdeckt tun. Der Kardinal solle es in ihrem Namen auf Raten kaufen. Da Marie Antoinette für ihre Prunksucht bekannt war, fielen sowohl Rohan als auch die Juweliere auf den Betrug herein. Der Geistliche Abbé Georgel beschreibt in seinen Erinnerungen die Übergabe:
"Die geschickte Schauspielerin Madame de La Motte platzierte ihren einzigen Zuschauer in einem Nebenraum mit Glastür; schummriges Licht herrschte in der Wohnung; eine Tür geht auf; eine Stimme ruft laut: "Ich komme von der Königin".
Verleumderische Autobiografie
Nur eine Stunde später brachen Jeanne und ihr Ehemann die Steine mit Küchenmessern aus der Fassung. Der Verkauf der Diamanten in Paris misslang, aber in London ließ sich das Diebesgut verscherbeln. Als die erste Zahlungsrate fällig wurde, flog die Sache auf. Kardinal Rohan wurde kurz vor einer feierlichen Messe in vollem Ornat verhaftet. Ganz Frankreich geriet in helle Aufregung. Ein Skandal, in den die Königin verwickelt war! Madame de La Motte stritt alles ab. Als man ihr das Urteil vorlas, verfiel die Comtesse in Raserei – eine Valois dürfe man so nicht behandeln, schrie sie. Es folgten Auspeitschung und Brandmarkung mit einem glühenden Eisen. Schuld an allem sei Marie Antoinette, verbreitete Jeanne später.
"Die Königin, so betörend wie Circe, so verführerisch wie Kalypso, so furchtbar wie Medea hat mich mit unzüchtigen Liebkosungen verführt. Als Belohnung, dass ich ihre glühenden Leidenschaften geteilt hatte, hatte sie mich für diesen abscheulichen Diebstahl bestrafen lassen."
Aus unerklärlichen Gründen gelang Madame de La Motte am 5. Juni 1787 die Flucht nach England, wo sie eine verleumderische Autobiografie schrieb, die trotz königlicher Aufkäufe reißenden Absatz fand. Am 12. Juni 1791 klopfte jemand an die Tür ihrer ärmlichen Behausung. Außer sich vor Angst stürzte sie sich aus dem Fenster. Zwei Monate später, am 23. August 1791, erlag Jeanne de La Motte ihren Verletzungen. Nur drei Jahre später landete Marie Antoinette auf dem Schafott.