Reformen sind wichtig - aber Macron trifft nicht den Ton
Der Terroranschlag in Straßburg gewährte der französischen Regierung nur eine kurze, traurige Pause: Die Gelbwesten-Bewegung setzt ihre Proteste fort. Die Politikwissenschaftlerin Julie Hamann sagt, viele Franzosen sähen durchaus die Notwendigkeit von Reformen.
Die französische Regierung hat die Protestbewegung der "Gelbwesten" nach dem Terroranschlag in Straßburg aufgerufen, am Wochenende nicht zu demonstrieren. Es gab jedoch auch weiterhin verbreitet Protestaktionen und Straßensperren, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie an den Wochenenden zuvor.
Julie Hamann ist Frankreich-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Sie ist der Ansicht, dass der französische Präsident Macron noch eine ganze Weile mit der Protestbewegung wird leben müssen. Diese habe sich schon seit Anfang des Jahres angekündigt, als die französischen Eisenbahner gegen die Erhöhung ihrer Pensionsgrenze streikten. Aber nicht nur die ehrgeizige Reformagenda des Präsidenten stieß auf Widerspruch. Viele Franzosen seien mittlerweile davon überzeugt, dass Frankreich angesichts einer hohen Arbeitslosigkeit Reformen brauche. Aber die Gelbwesten-Proteste seien durch den Eindruck befördert worden, dass Macron sich nach einem extrem bürgernahen Wahlkampf zu einem extrem volksfernen Präsidenten entwickelt habe, der oft nicht den richtigen Ton im Umgang mit den Wählern treffe.
Was stimmt nicht in Frankreich?
Fragen an Julie Hamann: Aus welchen Quellen speist sich die Protestbewegung der Gelbwesten? Auf welchen Feldern liegt der Reformbedarf in der französischen Gesellschaft und was davon hat den Macron bereits abgearbeitet? In diesem Zusammenhang auch ein Blick über die Grenze: Was stimmt nicht mit dem vielbeschworenen deutsch-französischen Motor?
Zur Person: Julie Hamann studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Technischen Universität Dresden und am Institut d’Études Politiques in Lyon und erhielt ihren Master of Arts in Politikwissenschaft und International Security vom Institut d'Études Politiques in Paris sowie der Freien Universität Berlin. Seit Februar 2015 ist sie Programmmitarbeiterin des Programms Frankreich/deutsch-französische Beziehungen bei der DGAP.