"Macron hat den Kontakt zu den Leuten verloren"
Die Anspannung wird größer in Frankreich: Zum Wochenende werden erneut gewaltsame Proteste gegen die Regierung erwartet. Dass nun auch Schüler und Studenten auf die Straße gehen, überrascht Frankreich-Expertin Julie Hamann nicht.
Bei Protesten von Studenten und Schülern sind gestern in Frankreich fast 150 Personen festgenommen worden. Zentrum der Proteste war Mantes-La-Jolie, ein kleiner Ort nordwestlich von Paris. Am morgigen Samstag rechnen aber viele vor allem in Paris wieder mit schweren Ausschreitungen. Für Julie Hamann von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik kommen die Proteste der Jugend nicht überraschend.
Die Schüler protestierten im Kern gegen eine Reform des Abiturs in Frankreich, sagt Hamann im Deutschlandfunk Kultur. Gegen diese habe es vor Monaten schon Widerstand gegeben, als sie in Kraft getreten sei. Aber nun nutzten viele junge Menschen die Gelegenheit, erneut auf die Straße zu gehen. "Die Unzufriedenheit steckt tief." Schon das Wahlergebnis vor zwei Jahren habe den großen Vertrauensverlust in die Politik gezeigt. Gerade auch junge Leute hätten sich bei den Wahlen enthalten oder die Radikalität gewählt, sagt Hamann. So gesehen seien die Ausschreitungen nicht überraschend. "Das ist schon eine Radikalität, die nicht ganz neu ist."
Das Problem sei, dass viele Franzosen von Präsident Emmanuel Macron erwarteten, dass er sich direkt an sie wende. Das habe er bisher nicht getan. "Er hat in diesem Fall komplett den Kontakt verloren zu den Leuten."