Pikante Lausch-Angriffe in Paris
Ein Ex-Präsident wird von der Justiz abgehört, die Justizministerin verwickelt sich in Widersprüche und fast nebenbei wird die Liste der Verfahren gegen Nicolas Sarkozy länger und länger. Frankreich hat eine bewegte Woche hinter sich - ein Rückblick.
Als die Zeitung "Le Monde" vor acht Tagen mit der Nachricht auf den Markt kam, Telefonate des Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy mit seinem Anwalt würden seit Monaten abgehört, und diesmal seien es nicht Sarkozys eigene Leute, die da lauschten, wie in einem gerade erste bekannt gewordenen anderen Zusammenhang, sondern diesmal lausche die französische Justiz, als diese Nachricht also auf den Markt kam, war das an sich bereits spektakulär. Die Anwaltskammer protestierte, sah den Schutz des Berufsgeheimnisses verletzt.
Das Ziel der Lauschaktion war herauszufinden, ob tatsächlich 2007 Gelder aus Libyen, also von Ghaddafi, in Sarkozys Wahlkampf geflossen waren, wie vielfach behauptet und berichtet wird. Die Ermittler aber stießen, während sie das Handy Sarkozys, das auch noch auf falschen Namen angemeldet war, abhörten, auf einen anderen Straftatbestand: "Versuchte Bestechung" steht im Raum, denn es wurden Bemerkungen zu den Karrierechancen eines kenntnisreichen Staatsanwalts aufgezeichnet.
Die Regierung verstrickt sich in Widersprüche
So hätte man meinen können, die konservative Opposition habe ein Problem. Aber die Abhöraffäre um den Ex-Präsidenten wandelte sich zum Fettnäpfchen für die Regierung. Die verstrickte sich in einen Widerspruch nach dem anderen.
Sie habe nichts gewusst, bevor der Zeitungsartikel erschien, sagte Justizministerin Christiane Taubira am Montagabend. Die Frau, die erst vor Kurzem die Staatsanwälte angewiesen hatte, sie über alle "sensiblen" Verfahren direkt zu informieren. Wirklich pikant wurde es für die Ministerin aber erst tags darauf, als der Premierminister persönlich im Fernsehen sagte, die Justizministerin sei durchaus informiert gewesen. Und auch die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass das Justizministerium bereits am 26. Februar eine Auswertung der Abhörarbeit erhalten habe.
"Zuviel ist zuviel", riefen da die Konservativen aus ihrer Oppositionsecke. "Die Justizministerin hat gelogen", sagte UMP-Chef Jean-Francois Copé und forderte den Rücktritt von Christiane Taubira.
Die Fronten verschieben sich
"Nein" verteidigte sich diese wiederum in einer Pressekonferenz Mitte der Woche. Sie habe nicht gelogen. Zwei Briefe hielt Taubira in die Kameras, Kopien verteilte sie nicht, aber der Inhalt geriet an die Öffentlichkeit. Peinlich nur für die Ministerin, dass auf den Zetteln etwas anderes stand, als sie gerade in die Mikrofone gesagt hatte. Dass die Papiere auch Äußerungen des Premierministers widerlegten, ging da im Trubel fast unter.
Die Justizministerin in Erklärungsnot, der Premierminister ebenfalls, der Innenminister angeblich uninformiert, die regierenden Sozialisten also insgesamt stark unter Druck, da rieb sich die Opposition naturgemäß die Hände. Allerdings nicht sehr nachhaltig. Denn die Front verschob sich erneut und erneut zu Lasten der Konservativen.
Ein anderes Ermittlungsverfahren der Justiz wurde bekannt, diesmal rund um den Wahlkampf 2012 und angebliche Unregelmäßigkeiten im Umfeld von Parteichef Copé. Jetzt war es wieder an der Opposition sich zu verteidigen, sie entschied sich für Gegenangriff und beklagte, dass ausgerechnet der sozialistische Arbeitsminister über dieses Ermittlungsverfahren schon im Radio geplaudert habe, noch bevor es öffentlich wurde. Die ganze Regierung sei offenbar informiert gewesen und damit beschäftigt, den Konservativen etwas anzuhängen, mutmaßten UMP-Größen.