Frankreich vor der Wahl

Sorge vor einem Wahlsieg von Marine Le Pen

08:32 Minuten
Wahlunterlagen französischer Präsidentschaftskandidaten wie Emmanuel Macron und Marine Le Pen, liegen übereinander.
In Frankreich wird am Sonntag gewählt. In der vergangenen Woche haben sich die Umfragen für Präsident Emmanuel Macron deutlich verschlechtert. © picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Emmanuel Droit im Gespräch mit Dieter Kassel |
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Für einen erneuten Wahlsieg von Präsident Emmanuel Macron könnte es knapp werden, fürchtet der französische Historiker Emmanuel Droit. Die Dynamik liege nach jüngsten Umfragen eher bei der rechtsextremen Herausforderin Marine Le Pen.
Bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich am Sonntag zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Amtsinhaber Emmanuel Macron und der rechtsextremen Politikerin Marine Le Pen ab. Noch vor einer Woche habe er an den Wahlsieg von Macron geglaubt, sagt der französische Historiker Emmanuel Droit. Doch in den vergangenen Tagen habe sich die Dynamik zugunsten von Le Pen verändert.
"Das macht mir schon Sorge", sagt Droit. Allein die Vorstellung, dass die rechtsextreme Kandidatin in den Elysee-Palast einziehen könnte, würde einen dramatischen Erdrutsch in Europa bedeuten im Zeitalter einer krisenhaften Situation in der Ukraine.

Das Image von Le Pen hat sich gewandelt

Der rasche Aufstieg des extrem rechten Publizisten Eric Zemmour und seiner Bewegung habe sich dabei ausgewirkt, sagt Droit. Dessen radikale Positionen hätten vielen Wählern aus dem rechten Spektrum Angst gemacht.
Dadurch wirke Le Pen auf viele Franzosen wie eine gemäßigte Politikerin mit Erfahrung. Ihr Programm erscheine deshalb wie eine mögliche Alternative zum Wahlprogramm von Macron.

Kaufkraft ist das wichtigste Wahlkampfthema

Die Ukraine-Krise habe Le Pen nicht, wie zunächst erwartet, geschadet, so der Historiker. Obwohl sie über Jahre von einer russischen Bank unterstützt worden sei und 2017 noch als Gast bei Präsident Wladimir Putin in Moskau gewesen sei, wirke das jetzt kaum nach.

Der Präsidentschaftswahlkampf laufe auf diesen Zweikampf hinaus, weil das Parteiensystem kaputt sei, sagt der Zeit-Journalist Marc Brost in unserer Mittagssendung . Er hofft, dass es in der ersten Runde der Wahl nur zu einem "Denkzettel" für Macron kommt und die zweite Runde sich dann doch für ihn und gegen Le Pen entscheidet.

Im Wahlkampf seien die gesunkene Kaufkraft der Franzosen und die hohen Preise das entscheidende Thema, nicht etwa der Ukraine-Krieg. "Das hat Marine le Pen sehr geholfen", so Droit.

Polarisierte Gesellschaft

"Frankreich bleibt nach wie vor – und das seit dem 19. Jahrhundert – ein konservatives Land", sagt der Historiker. Die Linke sei heute schwach und das Land vor allem durch die starke Polarisierung des politischen Spektrums geprägt.
"Wir erleben in Frankreich eine Art Zersplitterung der französischen Gesellschaft", beschreibt es Droit. Die Umfragen zeigen, dass fast die Hälfte der Wähler rechtsradikal wählen. "Das ist ein Zeichen für die krisenhafte Situation unserer Demokratie in Frankreich und das macht mir schon Sorgen."

Zweite Runde der Wahl ist entscheidend

Spannend dürfte dabei vor allem die zweite Runde der Wahlen werden. Vor fünf Jahren hatte Macron dort noch einmal zugelegt und die Wahlen zu seinen Gunsten entscheiden können. Droit fürchtet, dass die Dynamik gerade eher bei Le Pen liege. Es werde für Macron voraussichtlich schwierig, dieses Mal in der zweiten Runde noch zusätzliche Stimmen dazu zu gewinnen.

(gem)

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