Frankreichs berühmtester Justizskandal
1894 nahm in Frankreich eine Affäre ihren Lauf, die die Republik im Zeichen des Antisemitismus erschütterte. Ein Hauptmann der französischen Armee stand im Zentrum der Ereignisse. Sein Name: Alfred Dreyfus.
"Alfred Dreyfus, Sie sind unwürdig, die Waffe zu tragen. Im Namen des französischen Volkes degradiere ich Sie. Man vollziehe das Urteil."
Es war ein grauer Wintermorgen im Januar 1895, an dem ein General zu Pferd auf dem Hof der Pariser Ecole Militaire diesen Befehl gab. 5000 Soldaten waren abkommandiert, um dem Ereignis beizuwohnen. 12.000 Zivilisten waren aus freien Stücken gekommen, hingen an Zäunen und auf Bäumen, um sich ja nichts entgehen zu lassen. Die Trommeln wurden gerührt, dem Verurteilten die Schulterstücke abgerissen, sein Säbel zerbrochen, während die Menge "Tod dem Juden" brüllte. Eine Zeitung berichtete:
Nun begann der Rundgang vor der Front der Truppe. Dreyfus schritt an dem Truppenspalier vorbei wie ein Mann, der sich unschuldig fühlt. Er kam an einer Gruppe von Offizieren vorbei, die ihm zuschrien: "Judas! Verräter!" Dreyfus wurde dann gefesselt und den Gendarmen übergeben.
Wenige Tage vorher war Dreyfus wegen Spionage von einem Militärgericht zu lebenslänglicher Verbannung auf die Teufelsinsel vor der Küste Französisch-Guayanas verurteilt worden – eine krasse Fehlentscheidung, wie später offenbar wurde.
Alfred Dreyfus war glühender französischer Patriot. Am 9. Oktober 1859 war er als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie im elsässischen Mulhouse zur Welt gekommen. Der Eintritt in die Armee war ihm Dienst am Vaterland.
1894 hatte es der 35-Jährige zum Hauptmann der Artillerie im Generalstab der Grande Armée gebracht. Im selben Jahr war von der französischen Abwehr entdeckt worden, dass militärische Geheimnisse aus dem Bereich der Artillerie an die deutsche Botschaft gelangt waren. Die Offiziere, die die Untersuchung leiteten, hatten bald Dreyfus im Visier. Handfeste Beweise gab es nicht. Doch die Tatsache, dass er Jude war, machte ihn verdächtig.
Die Revolution von 1789 hatte den französischen Juden zwar die bürgerlichen Freiheiten gebracht, dennoch gab es in der französischen Gesellschaft – wie in anderen Ländern auch – eine wachsende antisemitische Stimmung. Für viele Offiziere hatten die Niederlage im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und der Zusammenbruch des Kaiserreichs Napoleons des III. nur eine Ursache: die Verschwörung der in Frankreich gerade einmal 70.000 Köpfe zählenden Juden.
Dreyfus wurde als Landesverräter angeprangert. Wo Zweifel an seiner "Schuld" aufkeimten, wurden sie mit Dokumenten erstickt, die von Angehörigen des Geheimdienstes gefälscht worden waren. Die Regierung deckte das. So wurde eine "Affäre Dreyfus" konstruiert, die in Wirklichkeit eine Staatsaffäre war. Als einem neuen Chef der Abwehr Bedenken kamen, erklärte ihm ein Vorgesetzter:
Was macht es Ihnen aus, wenn dieser Jude auf der Teufelsinsel sitzen bleibt?
Der Gefangene wäre an den unmenschlichen Haftbedingungen zugrunde gegangen, wenn sich nicht 1898 ein berühmter Schriftsteller des Falles angenommen hätte. Emile Zola war von Alfred Dreyfus' Unschuld überzeugt. In einem Brief an den französischen Staatspräsidenten, der unter der Überschrift "J'accuse" – "Ich klage an" – veröffentlicht wurde, zerriss er das von reaktionären Politikern, Militärs und antisemitischen Hetzern gewebte Lügengespinst.
Oh, die Leere dieser Beschuldigungen! Dass ein Mann auf dieser Grundlage verurteilt werden konnte, ist ein Gipfel der Ungerechtigkeit. Kein ehrlicher Mensch kann sie lesen, ohne sich zu entrüsten und zu empören. Die Wahrheit ist auf dem Weg und nichts wird sie aufhalten.
Zolas Vorstoß mobilisierte alle, die an den Errungenschaften der Französischen Revolution - den Menschen- und Bürgerrechten – festhalten wollten. Die Antisemiten hielten dagegen. Bald war das ganze Land in Anhänger und Gegner von Alfred Dreyfus gespalten und stand am Rande eines Bürgerkrieges. Erst als der wirkliche Spion gestanden hatte und Dreyfus 1899 begnadigt wurde, kehrte Frankreich zum normalen Leben zurück. Sieben Jahre später wurde der Hauptmann voll rehabilitiert und in allen Ehren wieder in die Armee aufgenommen.
In einer Tonaufnahme aus dem Jahr 1912 nahm er noch einmal Stellung.
Der Tag seiner Reintegration in die Armee sei ein guter Tag für Frankreich und die Republik gewesen, eine Belohnung für alle, die für die Gerechtigkeit kämpften. Die Ideen der Freiheit und der Solidarität seien wiederaufgelebt.
Es war ein grauer Wintermorgen im Januar 1895, an dem ein General zu Pferd auf dem Hof der Pariser Ecole Militaire diesen Befehl gab. 5000 Soldaten waren abkommandiert, um dem Ereignis beizuwohnen. 12.000 Zivilisten waren aus freien Stücken gekommen, hingen an Zäunen und auf Bäumen, um sich ja nichts entgehen zu lassen. Die Trommeln wurden gerührt, dem Verurteilten die Schulterstücke abgerissen, sein Säbel zerbrochen, während die Menge "Tod dem Juden" brüllte. Eine Zeitung berichtete:
Nun begann der Rundgang vor der Front der Truppe. Dreyfus schritt an dem Truppenspalier vorbei wie ein Mann, der sich unschuldig fühlt. Er kam an einer Gruppe von Offizieren vorbei, die ihm zuschrien: "Judas! Verräter!" Dreyfus wurde dann gefesselt und den Gendarmen übergeben.
Wenige Tage vorher war Dreyfus wegen Spionage von einem Militärgericht zu lebenslänglicher Verbannung auf die Teufelsinsel vor der Küste Französisch-Guayanas verurteilt worden – eine krasse Fehlentscheidung, wie später offenbar wurde.
Alfred Dreyfus war glühender französischer Patriot. Am 9. Oktober 1859 war er als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie im elsässischen Mulhouse zur Welt gekommen. Der Eintritt in die Armee war ihm Dienst am Vaterland.
1894 hatte es der 35-Jährige zum Hauptmann der Artillerie im Generalstab der Grande Armée gebracht. Im selben Jahr war von der französischen Abwehr entdeckt worden, dass militärische Geheimnisse aus dem Bereich der Artillerie an die deutsche Botschaft gelangt waren. Die Offiziere, die die Untersuchung leiteten, hatten bald Dreyfus im Visier. Handfeste Beweise gab es nicht. Doch die Tatsache, dass er Jude war, machte ihn verdächtig.
Die Revolution von 1789 hatte den französischen Juden zwar die bürgerlichen Freiheiten gebracht, dennoch gab es in der französischen Gesellschaft – wie in anderen Ländern auch – eine wachsende antisemitische Stimmung. Für viele Offiziere hatten die Niederlage im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und der Zusammenbruch des Kaiserreichs Napoleons des III. nur eine Ursache: die Verschwörung der in Frankreich gerade einmal 70.000 Köpfe zählenden Juden.
Dreyfus wurde als Landesverräter angeprangert. Wo Zweifel an seiner "Schuld" aufkeimten, wurden sie mit Dokumenten erstickt, die von Angehörigen des Geheimdienstes gefälscht worden waren. Die Regierung deckte das. So wurde eine "Affäre Dreyfus" konstruiert, die in Wirklichkeit eine Staatsaffäre war. Als einem neuen Chef der Abwehr Bedenken kamen, erklärte ihm ein Vorgesetzter:
Was macht es Ihnen aus, wenn dieser Jude auf der Teufelsinsel sitzen bleibt?
Der Gefangene wäre an den unmenschlichen Haftbedingungen zugrunde gegangen, wenn sich nicht 1898 ein berühmter Schriftsteller des Falles angenommen hätte. Emile Zola war von Alfred Dreyfus' Unschuld überzeugt. In einem Brief an den französischen Staatspräsidenten, der unter der Überschrift "J'accuse" – "Ich klage an" – veröffentlicht wurde, zerriss er das von reaktionären Politikern, Militärs und antisemitischen Hetzern gewebte Lügengespinst.
Oh, die Leere dieser Beschuldigungen! Dass ein Mann auf dieser Grundlage verurteilt werden konnte, ist ein Gipfel der Ungerechtigkeit. Kein ehrlicher Mensch kann sie lesen, ohne sich zu entrüsten und zu empören. Die Wahrheit ist auf dem Weg und nichts wird sie aufhalten.
Zolas Vorstoß mobilisierte alle, die an den Errungenschaften der Französischen Revolution - den Menschen- und Bürgerrechten – festhalten wollten. Die Antisemiten hielten dagegen. Bald war das ganze Land in Anhänger und Gegner von Alfred Dreyfus gespalten und stand am Rande eines Bürgerkrieges. Erst als der wirkliche Spion gestanden hatte und Dreyfus 1899 begnadigt wurde, kehrte Frankreich zum normalen Leben zurück. Sieben Jahre später wurde der Hauptmann voll rehabilitiert und in allen Ehren wieder in die Armee aufgenommen.
In einer Tonaufnahme aus dem Jahr 1912 nahm er noch einmal Stellung.
Der Tag seiner Reintegration in die Armee sei ein guter Tag für Frankreich und die Republik gewesen, eine Belohnung für alle, die für die Gerechtigkeit kämpften. Die Ideen der Freiheit und der Solidarität seien wiederaufgelebt.