Frankreichs Faszination für Militärparaden

"Die Armee war die Retterin der Revolution von 1789"

07:00 Minuten
Soldaten in bunten Uniformen defilieren am 14. Juli über die Champs-Élysées in Paris.
"Ein Teil der nationalen Symbole Frankreichs", sagt Journalist Pascal Thibaut: Militärparade am 14. Juli 2018 in Paris. © picture alliance/Olivier Corsan/MAXPPP/dpa
Pascal Thibaut im Gespräch mit Ute Welty |
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Was finden die Franzosen bloß an Militärparaden? Das fragen sich viele, wenn am 14. Juli wieder Panzer über die Champs-Élysées rollen. Der Journalist Pascal Thibaut sieht einen Grund in der republikanischen Tradition des französischen Militärs.
Panzer, Kampfjets und Soldaten in bunten Prachtuniformen: Dass Frankreich seinen Nationalfeiertag am 14. Juli nach wie vor mit viel Pomp und einer großen Militärparade auf den Champs-Élysées begeht, mag gerade in Deutschland vielen anachronistisch vorkommen.
Pascal Thibaut, Korrespondent von Radio France International in Berlin, kann das mit Blick auf die deutsche Geschichte durchaus nachvollziehen. Aber in Frankreich ist Thibaut zufolge die Situation insofern eine andere, als Patriotismus "sehr lange ein Wert der Linken gegen reaktionäre Kräfte [war], die die Republik oder die Revolution verraten wollten", sagt Thibaut. "Und dadurch hat sich auch die Bedeutung der Armee und dieser Parade am 14. Juli stark im Nationalbewusstsein verankert."

1880 wurde die Militärparade eingeführt

So wird am 14. Juli der Sturm auf die Bastille 1789 gefeiert, "als die Armee und die Massenmobilisierung der einzelnen Bürger dazu beitrug, die Revolution vor den reaktionären Kräften im Inland zu schützen, also vor den Anhängern der Monarchie, und natürlich vor den Kräften aus dem Ausland, die diese Revolution vernichten wollten", so Thibaut. "Die Armee war die Retterin der Revolution, später der Republik."
Als die Militärparade dann 1880 eingeführt wurde, zehn Jahre nach der Niederlage gegen Deutschland im deutsch-französischen Krieg 1870/71, sei sie ein Zeichen gewesen, "dass Frankreich wieder eine Rolle spielt".
Militärparade auf den Champs-Élysées am 14. Juli 2018.
Längst ist die Parade auf den Champs-Élysées keine rein französische Veranstaltung mehr, auch deutsche Soldaten durften dort schon mitmarschieren. © picture alliance/dpa/Olivier Corsan/MAXPPP
Insofern ist die jährliche Parade zum Nationalfeiertag Thibaut zufolge schon eine Demonstration militärischer Stärke. Aber sie habe sich in den letzten Jahrzehnten durchaus verändert, etwa dadurch, dass auch andere Kräfte eingebunden wurden. 1994 zum Beispiel, als zum ersten Mal das Eurokorps mitmarschierte: "Das heißt, zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg marschierten deutsche Soldaten auf den Champs-Élysées, das hatte auch eine starke Bedeutung", sagt der Journalist.
"Ich denke, man versucht mit diesen Akzenten ein bisschen zu zeigen, dass Frankreich wahrscheinlich immer noch eine Grande Nation ist, wie die Deutschen sehr gerne sagen, aber dass wir auch natürlich Teil von größeren Bündnissen sind."
(uko)
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