Franz Alt, Ernst Ulrich von Weizsäcker: „Der Planet ist geplündert“

Ewiges Wachstum führt in die Krise

04:58 Minuten
Das Cover des Buchs zeigt die Illustration eines vertrockneten Asts auf gelbem Hintergrund.
© S. Hirzel Verlag

Franz Alt , Ernst Ulrich von Weizsäcker

Der Planet ist geplündert. Was wir jetzt tun müssenHirzel , Stuttgart 2022

210 Seiten

22,00 Euro

Von Johannes Kaiser |
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Der Klimawandel hat dramatische Folgen: brennende Wälder in Kalifornien und Australien, 18 Grad plus in der Antarktis, Hitzesommer in Europa. „Der Planet ist geplündert“ ist ein Plädoyer für Selbstermächtigung.
Es ist kein gutes Zeichen, dass sich der inzwischen 82-jährige Franz Alt mit einer dramatischen Bestandsaufnahme der aktuellen Situation an die Öffentlichkeit wendet. Wie die von ihm hoch gelobte Bewegung "Fridays for Future" fordert er rasches Handeln, denn die Zeit, die Erde noch vor dem Schlimmsten zu bewahren, werde knapp.
In fünf großen Kapiteln greift der Journalist alle Themen auf, die mit der Klimaveränderung in Zusammenhang stehen. Dazu gehören Natur- und Artenschutz ebenso wie erneuerbare Energien. Alt plädiert für das Recycling von wertvollen Rohstoffen, fordert Abfallvermeidung und Plastikverzicht, begrüßt Ökolandwirtschaft und neue Formen der Mobilität, klimaneutrale Wirtschaft und Solararchitektur.

Einblick in den derzeitigen Forschungsstand

Es ist ein akribischer, journalistisch gut aufbereiteter und umfassender Einblick in den derzeitigen Forschungs-, Wissens- und Technikstand. Alt wartet mit vielen positiven Beispielen auf und mit bisweilen wenig bekannten Informationen. So zahlt man zum Beispiel in Shanghai für das Nummernschild eines Autos mit Verbrennungsmotor 15000 Euro. Ein E-Auto-Kennzeichen kostet nichts.
Zur wieder aufgeflammten Diskussion über Atomkraft rechnet der Autor unter anderem vor, wie viel es kosten würde, eine Million Jahre einen Pförtner für die Bewachung eines Atommüllendlagers zu bezahlen. Die Gesamtsumme überstiege die gesamte weltweit verfügbare Geldmenge.
Die Sonne, so Alt weiter, liefert dagegen saubere, billige und unerschöpfliche Energie ohne riskante Nebenwirkungen. Die Kosten für Solarstrom sind in den letzten 20 Jahren extrem gesunken. Mit einem Cent pro Kilowattstunde im sonnenreichen Süden ist sie unschlagbar günstig.

Gegen die Wegwerfgesellschaft

Besonders die Wegwerfgesellschaft aber erregt seinen Zorn. Die Natur kennt keinerlei Abfall oder Abgase. Sie lebt im Kreislauf. Für Franz Alt ist sie deshalb Vorbild für eine zukünftige, klimaneutrale Ökonomie.
Immer wieder kommt der gläubige Christ auf Gott zu sprechen. Gott steht bei ihm für Liebe zur Natur, zur Kreatur und zum Mitmenschen. Das menschliche Bewusstsein und Wissen sind für ihn die natürliche Kraft Gottes. Die Wirtschaft der Zukunft solle, so das Plädoyer, auf geistigem Gewinn statt auf Profit beruhen. "Es geht", schreibt Alt, "um Ökosysteme nicht Egosysteme".
Dem folgt ein dringlicher Appell, weltweit stärker abzurüsten. Ein Appell, der angesichts des Ukraine-Krieges aber wenig Aussicht auf Erfolg beschieden sein dürfte. Das Gegenteil ist ja der Fall.

Das Buch hat eigentlich nur einen Autor

Verwunderlich und ärgerlich ist, dass neben Franz Alt quasi gleichwertig Ernst-Ulrich von Weizsäcker als Autor auf dem Buchtitel genannt wird. Doch von dem renommierten Wissenschaftler stammen nur knappe 18 Seiten und die sind enttäuschend.
Von Weizsäcker resümiert allein die Erfolgsgeschichte des Club of Rome, einer Gruppe von Wissenschaftlern, die bereits 1972 in ihrem Report "Die Grenzen des Wachstums" vor ungezügeltem Wirtschaftsboom und Ressourcenknappheit warnten. Neue Ideen fehlen.
Doch das tut Franz Alts beeindruckendem, überzeugendem Appell jetzt zu handeln, keinen Abbruch. Jeder sollte dieses überzeugende Buch lesen.

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