Franziskus schneidet alte Zöpfe ab
In einem halben Jahr hat Franziskus die Kirche schon weiter nach vorn gebracht als seine beiden Vorgänger in den 35 Jahren zuvor. Das neue Papst-Interview zeigt: Wir sind Zeugen eines großen Umschwungs in der katholischen Weltkirche, meint Philipp Gessler.
Es empfiehlt sich, bei Jesuiten immer genau nachzulesen und nachzuhören, was sie geschrieben oder gesagt haben. Als Jorge Mario Bergoglio im März dieses Jahres zum neuen Papst gewählt wurde, war das eine Überraschung. Und schon seine ersten demutsvollen Gesten und Worte als Papst ließen Neues erwarten.
Aber kaum jemand hätte erwartet, mit welchem Tempo und Eifer der neue Papst sich daran macht, die katholische Kirche zu verändern. Fast im Wochenrhythmus prescht er vor, reißt Jahrzehnte- oder Jahrhunderte alte Rede- und Denkmauern ein, schneidet alte Zöpfe ab. Sein neuester Vorstoß ist ein Interview, das er für etwa ein Dutzend Jesuiten-Zeitschriften weltweit gegeben hat.
Der Papst nennt sich darin einen Sünder, der lange viel zu autoritär war und deshalb Fehler gemacht hat. Er sagt, Frauen seien nötig "an Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden". Er fordert seine Kirche auf, sich nicht festzubeißen in die Themen Abtreibung, Homosexualität oder Verhütungsmethoden. Er strebt eine Kurienreform an, in der es "echte, keine formelle Beratungen" geben soll – vor allem im Achter-Kardinals-Kollegium, das Anfang Oktober in Rom erstmals zusammentritt.
Der Pontifex Maximus warnt, seine Kirche dürfe sich nicht in ein "schützendes Nest unserer Mittelmäßigkeit" reduzieren. Und zum Thema Homosexualität bemerkt er trocken: "Es darf keine spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben." Das klingt fast wie: Liebe – und tu, was du willst.
Was der Papst in diesem bemerkenswerten Interview leistet, ist keineswegs eine komplette Neu-Erfindung der katholischen Kirche – er selbst sagt es: "Ich bin ein Sohn der Kirche." Aber der Ton ist neu. Papst Franziskus verschiebt die Akzente: Er fordert und praktiziert in seinem eigenen Leben und in seinem Amt eine arme, demutsvolle und hörende Kirche.
Sicherlich, auch die Strukturen der Kirche insgesamt und der Kurie im besonderen muss er noch ändern, ebenso viele Bestimmungen des Kirchenrechts. Und ob er den Frauen in der Kirche wirklich mehr Macht gibt, wird man sehen. Es lohnt sich, die Sätze des Papstes genau zu lesen – und man erkennt: Sie haben meistens ein jesuitisches Hintertürchen.
Dennoch: Dieser Papst hat in einem halben Jahr die Kirche schon weiter nach vorn gebracht als seine beiden Vorgänger in den 35 Jahren zuvor. Wir sind Zeugen eines großen Umschwungs in der katholischen Weltkirche. Sie tritt wieder in einen Dialog mit der Welt.
Aber kaum jemand hätte erwartet, mit welchem Tempo und Eifer der neue Papst sich daran macht, die katholische Kirche zu verändern. Fast im Wochenrhythmus prescht er vor, reißt Jahrzehnte- oder Jahrhunderte alte Rede- und Denkmauern ein, schneidet alte Zöpfe ab. Sein neuester Vorstoß ist ein Interview, das er für etwa ein Dutzend Jesuiten-Zeitschriften weltweit gegeben hat.
Der Papst nennt sich darin einen Sünder, der lange viel zu autoritär war und deshalb Fehler gemacht hat. Er sagt, Frauen seien nötig "an Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden". Er fordert seine Kirche auf, sich nicht festzubeißen in die Themen Abtreibung, Homosexualität oder Verhütungsmethoden. Er strebt eine Kurienreform an, in der es "echte, keine formelle Beratungen" geben soll – vor allem im Achter-Kardinals-Kollegium, das Anfang Oktober in Rom erstmals zusammentritt.
Der Pontifex Maximus warnt, seine Kirche dürfe sich nicht in ein "schützendes Nest unserer Mittelmäßigkeit" reduzieren. Und zum Thema Homosexualität bemerkt er trocken: "Es darf keine spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben." Das klingt fast wie: Liebe – und tu, was du willst.
Was der Papst in diesem bemerkenswerten Interview leistet, ist keineswegs eine komplette Neu-Erfindung der katholischen Kirche – er selbst sagt es: "Ich bin ein Sohn der Kirche." Aber der Ton ist neu. Papst Franziskus verschiebt die Akzente: Er fordert und praktiziert in seinem eigenen Leben und in seinem Amt eine arme, demutsvolle und hörende Kirche.
Sicherlich, auch die Strukturen der Kirche insgesamt und der Kurie im besonderen muss er noch ändern, ebenso viele Bestimmungen des Kirchenrechts. Und ob er den Frauen in der Kirche wirklich mehr Macht gibt, wird man sehen. Es lohnt sich, die Sätze des Papstes genau zu lesen – und man erkennt: Sie haben meistens ein jesuitisches Hintertürchen.
Dennoch: Dieser Papst hat in einem halben Jahr die Kirche schon weiter nach vorn gebracht als seine beiden Vorgänger in den 35 Jahren zuvor. Wir sind Zeugen eines großen Umschwungs in der katholischen Weltkirche. Sie tritt wieder in einen Dialog mit der Welt.