Sie sind eher Opfer als Schwerverbrecherinnen
Sie kommen aus Syrien und dem Irak nach Deutschland zurück: Frauen, die sich dem sogenannten Islamischen Staat (IS) angeschlossen haben, mit Terroristen zusammenlebten. Soll man sie künftig härter bestrafen? Die Journalistin Jenni Zylka und der Jurist Christoph Safferling sehen das kritisch.
Frauen, die sich dem IS angeschlossen, aber selbst nicht gekämpft haben, sollen laut Generalbundesanwalt Peter Frank als Mitläuferinnen härter bestraft werden können. Frank meint: "Wir sind der Meinung, dass sich auch bei diesen Frauen die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation bejahen lässt, weil diese Frauen die innere Struktur des sogenannten Islamischen Staates und damit diese Terrororganisation von innen heraus stärken."
Aber sind diese Frauen nicht eher Opfer? Weil sie Angst um ihre Kinder hatten, den Umgang mit der Waffe zur Selbstverteidigung gelernt haben? Jenni Zylka meint dazu: Über eine Mitschuld solcher Frauen nachzudenken, sei nachvollziehbar und auch legitim. Jedoch müsse sehr genau hingeschaut und jede dieser Frauen einzeln betrachtet werden. Man müsse unterscheiden, ob Frauen mit IS-Terroristen zusammengelebt und für diese gesorgt hätten oder ob sie selbst militant geworden seien. Viele von ihnen seien zudem traumatisiert durch die Erlebnisse in den IS-Lagern.
Nicht wie Schwerverbrecherinnen behandeln
Christoph Safferling, Professor für Strafrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg, sagt, er halte die Argumentation des Generalbundesanwalts für problematisch. Es handle sich zunächst einmal um alltägliche Handlungen wie Kochen und Sorge um die Kinder. "Und die Frage ist: Wann sind solche neutralen Handlungen tatsächlich straftatunterstützend." Ein Vorsatz, die terroristischen Strukturen zu unterstützen, müsse klar nachgewiesen werden.
Vielmehr stelle sich die Frage, ob die Frauen nicht eher als Opfer betrachtet werden müssten. Viele hätten sich wie unter Zwang auf die Situation eingelassen - diese könne man strukturell durchaus mit den Bedingungen von Zwangsprostitution vergleichen. Viele der jungen Frauen seien auch unter Drogen gesetzt worden.
Zugeständnis an Irak?
Eine mögliche Erklärung der harten Linie der Generalbundesanwaltschaft über die man nur spekulieren könne: "Ich kann mir auch vorstellen, dass, wenn es jetzt darum geht, Irak davon zu überzeugen, die deutschen Staatsangehörigen, die dort einsitzen, auszuliefern, man ihnen gegenüber auch zu verstehen geben muss, dass die hier einer Strafverfolgung zugeführt werden. Ansonsten würde der Irak sich vielleicht weigern, sie auszuliefern."
Safferling hält eine intensive Betreuung der zurückgekehrten Frauen und Mädchen für unerlässlich - man dürfe sie keinesfalls alleine lassen und nicht wie Schwerverbrecherinnen behandeln. Es müsse vielmehr verhindert werden, dass die jungen Frauen etwa in die Salafisten-Szene abtauchten.