Women in Architecture Berlin 2021
Festival vom 1. Juni - 1. Juli 2021
Die vergessenen Architektinnen
09:40 Minuten
Die Architektin Marlene Moeschke-Poelzig ist längst nicht so bekannt wie ihr Mann: Als Frau konnte sie nur in seinem Schatten arbeiten. Bis heute sei die Architektur männlich dominiert, sagt Isabel Thelen vom Festival "Women in Architecture Berlin".
Viele berühmte Architektinnen gibt es nicht: Wahrscheinlich fällt den meisten genau eine ein – Zaha Hadid. Dabei gibt es viele Frauen, die auch schon vor hundert Jahren großartige Bauten geplant haben.
Das Festival "Women in Architecture Berlin" legt mit Dutzenden Veranstaltungen vier Wochen lang den Fokus auf diese vergessenen Architektinnen: zum Beispiel auf Marlene Moeschke-Poelzig, die unter anderem am Haus des Rundfunks in Berlin und an Theaterbauten für Max Reinhardt beteiligt war.
Ein Hauptgrund dafür, dass so wichtige Architektinnen wie Marlene Moeschke-Poelzig heute so wenig bekannt und präsent sind, sei, dass viele ihre Arbeit nur durchführen konnten, indem sie sich mit Männern zusammentaten, erzählt die Architektin Isabel Thelen aus dem Festivalteam. So habe auch Marlene Moeschke-Poelzig zwar mit ihrem Mann zusammen das Büro geführt. Sehr viel berühmter wurde jedoch Hans Poelzig.
In der Zeitschrift "Bauwelt" wurde Marlene Moeschke-Poelzig sogar einmal aus einem Foto rausgeschnitten, das zur Bebilderung eines Textes über das von ihr entworfene und gemeinsam mit ihrem Mann Hans bewohnte Haus diente. "Das ist schon ziemlich drastisch", so Thelen.
Ins Studium getrickst
Auch die Architektin Emilie Winkelmann sei nur in kleinen Kreisen bekannt. Sie habe zunächst Zimmerei gelernt und sich 1902 Zugang zur Hochschule verschafft, indem sie sich mit "E. Winckelmann" dort anmeldete, also ohne ihr Geschlecht zu erkennen zu geben.
"Dadurch konnte sie studieren", erzählt Thelen. "Sie hat später ein eigenes Büro geführt." Als Architektin sei Winkelmann in Berlin und europaweit sehr erfolgreich gewesen.
Männerdominierte Architektur
Auch in der Gegenwart ist die Situation für Architektinnen nicht so gut wie für ihre männlichen Kollegen. "In der Architektenwelt haben wir eine männliche Dominanz nach wie vor", stellt Thelen fest. Es sei leider noch nicht die Bereitschaft da, in einem wünschenswerten Maß Führungspositionen an Frauen abzugeben.
Frauen hätten schon früh andere Schwerpunkte bei Wohnungsgrundrissen und auch in der Stadtplanung gelegt, erzählt die Architektin:
"Es wurde ja lange gebaut nach dem Motto: Hier haben wir die Schlafstätten, da die Produktion. Dadurch wurden die Städte entmenschlicht zu bestimmten Zeiten. Das haben Frauen schon sehr früh kritisch betrachtet."
(jfr)