Ausstellung in Potsdam

Was von der Frauenbewegung der DDR geblieben ist

12:37 Minuten
Demonstration in Potsdam 1989, es sind viele Transparent zu sehen, auf einem steht: "Stasi raus".
Demonstration in Potsdam am 4.11.1989: Die Unabhängige Initiative Potsdamer Frauen läuft hinter dem "Stasi raus"-Banner. © Tim Jolas/Klaus D. Fahlbusch
Jeanette Toussaint im Gespräch mit Vladimir Balzer |
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1989 ist die DDR im Aufbruch: Überall wird demonstriert, werden Forderungen laut, neue Gesellschaftsformen diskutiert – auch von und für Frauen. Eine Ausstellung schaut nun zurück und zieht Bilanz, was von der Zeit geblieben ist.
Am Ende gärte es in der DDR. Initiativen jeglicher Couleur fanden sich zusammen, um ihre Unzufriedenheit mit dem sozialistischen Staat auszudrücken und eine freiere Gesellschaft zu fordern.
Auch Frauen trafen sich in der ganzen Republik in Gruppen, um ihre Wünsche und Forderungen zu formulieren. So auch in Potsdam. Eine Ausstellung würdigt jetzt die Geschichte der "Unabhängigen Initiative Potsdamer Frauen".

Treffpunkt Stasi-Gefängnis

Am Anfang traf sich die Initiative, wie auch andere Bürgerrechtsgruppen, ausgerechnet im ehemaligen Potsdamer MfS-Untersuchungsgefängnis. Später ging es dann in ein Gebäude, in dem davor eine Diabetiker-Zentrale eingerichtet war.
Jeanette Toussaint, Gründerin der Initiative und Kuratorin der Ausstellung, erinnert sich: "Wir haben zuerst ein Café eingerichtet, als Anlaufstelle. Um zu informieren, aber auch, um die Gelegenheit zu bieten, sich zu treffen, sich auszutauschen, Ideen zu spinnen."

Die Ausstellung „Wir dachten, wir können die Welt aus den Angeln heben. Die Unabhängige Initiative Potsdamer Frauen (1989 bis 1995)“ läuft noch bis zum 8.1.2023 in der Gedenkstätte Lindenstraße.

Die Umbruchzeit, die Zeit, als die DDR noch nicht ganz untergegangen war und der Westen sich noch nicht überall ausgebreitet hatte, war die spannendste, sagt Toussaint: "Die Zeit, wo wir am meisten gelernt haben und wo ein großer Aufbruch war und wo viele Enttäuschungen passiert sind. Das war schon eine sehr aufregende Zeit."

Mit den gefälschten Wahlen fing es an

Toussaints Interesse erwachte im Mai 1989: "Ich hatte eine Freundin, die mich mitgenommen hat zur Auszählung der Wählerstimmen bei der Volkskammerwahl, wo sich herausstellte, dass die Wahlen manipuliert waren in der DDR. Das war für mich der Punkt, wo ich angefangen habe, mich zu politisieren. Das fand ich spannend."
Dann kamen die Fragen: Was bedeutet überhaupt Gleichberechtigung? Was haben wir nicht in der DDR? Was waren nur Lippenbekenntnisse? Wo müssen wir jetzt in dieser Umbruchzeit gucken, dass Rechte nicht verloren gehen, dass neue Rechte durchgesetzt werden?

Einiges erreicht, anderes nicht

Einiges konnte im Lauf der Jahre erkämpft werden, meint Toussaint: "Wir haben erreicht, dass es Gleichstellungsbeauftragte in allen Ebenen gibt. Wir haben erreicht, dass es eine Sprachregelung gibt, die immer mehr auch Frauen mitbedenkt. Wir haben erreicht, dass es Teilzeitarbeit gibt, dass es in bestimmten Bereichen schon Parität gibt."
Die vollständige Streichung des Abtreibungsparagrafen 218 ist allerdings noch nicht Wirklichkeit geworden – auch wenn sich hier Ost und West mit am nächsten waren, wie Toussaint erzählt:
"Das war der Punkt, wo die Ostfrauen mit den Westfrauen wirklich sehr gut kooperiert haben, was sonst nicht immer so gut gelungen ist. Da musste man sich annähern. Dieser Punkt, gemeinsam auf die Straße zu gehen, gemeinsam zu kämpfen, dass der Paragraf hier nicht eingeführt wird, in der DDR und dass man ihn ganz abschafft, das hat uns miteinander verbunden. Das ist bis heute leider nicht gelungen."
(beb)

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