Kristine von Soden: Und draußen weht ein fremder Wind – über die Meere ins Exil
Aviva Verlag, Berlin 2016
240 Seiten, 19,90 Euro
Wann ist der richtige Zeitpunkt zu fliehen?
Wie sich Frauen - darunter die Schriftstellerin Anna Seghers oder die Dichterin Mascha Kaleko - auf die Ausreise aus Nazideutschland vorbereiteten, davon erzählt Kristine von Soden in "Und draußen weht ein fremder Wind". Diese Frage erscheint heute aktueller denn je.
Wann genau ist der richtige Zeitpunkt, zu fliehen? Und: In welches Land? Anhand zahlreicher Frauenbiographien, wie der der Schriftstellerinn Anna Seghers, der Dichterin Mascha Kaleko oder der Journalistin Gabriele Tergit, erzählt Kristine von Soden eindrücklich, wie sich Frauen – vor allem Schriftstellerinnen, Künstlerinnen, Schauspielerinnen, Ärztinnen und Juristinnen – auf die Ausreise aus Nazideutschland vorbereiteten.
Welche Formalien waren zu erfüllen? Welche logistischen Fragen zu klären? Wie erlebten sie die Überfahrt, im Gepäck das fahle Gefühl, in der Fremde zu landen und möglicherweise daheim gebliebene nie wieder zu sehen?
Psychologische und rein praktische Hürden
Eindringlich verbindet die Autorin historische Entwicklungen und Fakten über die Konditionen der Aufnahmeländer, wie Palästina, den USA und Südafrika. Und bedrückend erlebt der Leser, wie viele Hürden – psychologisch und rein praktisch – genommen werden mussten, um diesen großen Schritt zu tun.
Wer half den Geflüchteten bei der Beschaffung von Pässen, Aus- und Einreisepapieren, Transitvisen, Schiffskarten und finanzieller Unterstützungen? Wie ging die Ausreise vonstatten, auf welchen Schiffen und von welchen Häfen aus fuhren sie ins Ungewisse? Wie erlebten die Menschen ihre Ankunft?
Kristine von Soden hat sich in zahlreiche Archive begeben und mit Zeitzeugen gesprochen, um genau jene Fragen – die bisher weitgehend unterbelichtet in der Aufarbeitung deutscher Geschichte blieben – zu beleuchten. Es ist ihr ein eindringliches Stück Literatur gelungen, das heute aktueller denn je scheint.