Eine Selbstverständlichkeit, endlich staatlich verordnet
Der Bundestag hat die Frauenquote für Aufsichtsräte beschlossen. Ein guter Tag, aber Grund zum Jubeln gibt es trotzdem nicht. Die Quote ist lediglich ein Anfang, kommentiert Falk Steiner.
Jubel bei der SPD, verhaltener Applaus in Reihen der Union, demonstrative Unterstützung durch die Spitzenfrau der Bundesrepublik Angela Merkel: Die Frauenquote für Spitzenpositionen hat es endlich durch den Bundestag geschafft. Eine Quote mit vielen Einschränkungen, die ein bisschen mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern im finalen Stadium des beruflichen Vorankommens sicherstellen soll.
Ein schlechter Tag sei das heute, sagen die einen, greift der Staat doch tief in die unternehmerische Freiheit ein. Und anderen geht der Entwurf nicht weit genug. Ein Grund zum Jubeln, sagen wieder andere, schließlich ist das Vorhaben über Monate hinweg mit allen möglichen und, auch das nicht zu knapp, unmöglichen Argumenten torpediert worden.
Am Rednerpult ist es allen Abgeordneten - gleich welchen Geschlechts - inzwischen doch zu peinlich, zu behaupten, dass die Frauen eben einfach nicht gut genug seien. Aber wohlfeile Hilfsargumente, dass Frauen eben nicht gut genug ausgebildet seien oder dass die Marktwirtschaft eben nur die Besten nach ganz oben befördere, die waren noch oft in der langen Debatte um die Frauenquote zu hören.
Es gibt noch immer viel zu tun
Mann wie Frau können froh sein, dass dieses unwürdige Spektakel nun nach langem Ringen ein vorläufiges Ende findet. Denn dass eigentlich viel zu tun wäre, daran kann kein Zweifel bestehen. Ein Beispiel: es gibt einen Verband, einen Wirtschaftsverband, der hat einen Vorstand, in dem sitzen sage und schreibe 65 Personen. Davon Frauen: Bislang keine einzige. Bald wird dort eine Frau einziehen. Die Quote dort dann: sagenhafte 1,65 Prozent.
Die Organisation heißt "Verband Kommunaler Unternehmen", der Vorstand besteht vorwiegend aus Geschäftsführern von Müllentsorgungs-, Wasserversorgungs- und ähnlichen Unternehmen, die Kommunen in ganz Deutschland gehören. Dazu gesellen sich viele, viele Bürgermeister – darunter natürlich auch SPD-Politiker.
In wenigen Jahren wird die Quote ganz normal sein
Es ist also auch der unmittelbare Einflussbereich der Politik selbst, in dem Gleichberechtigung bis heute eben keine Selbstverständlichkeit ist. Und genau das unterstrich die Kanzlerin heute unfreiwillig, als sie sich mit einer gut gemeinten, demonstrativen Geste an der Abstimmung beteiligte und für die Frauenquote votierte.
Zu Bejubeln gibt es aber heute eigentlich gar nichts, wenn eine Selbstverständlichkeit per staatlichem Eingriff verordnet werden muss. Die nun eingeführte Frauenquote wird in wenigen Jahren einfach nur normal sein und nicht einmal mehr für den Stammtisch taugen, wenn sie denn konsequent angewandt wird.
Vielleicht ja sogar schon 2018, in drei Jahren. Dann wird das Frauenwahlrecht in Deutschland 100 Jahre alt, das die Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger manifestierte. Ein Argument der damaligen Gegner: die Unfähigkeit der Frauen, Politik zu verstehen. Was wiederum schon heute vollkommen absurd klingt.