Frauenquote ist "nicht ein Allheilmittel"
Susan Hennersdorf ist Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland und dort die einzige Frau. Sie lehnt eine generelle Frauenquote für Firmen ab. Eine Quote mache nur dann Sinn, wenn Frauen eine Führungsposition übernehmen möchten, man sie aber nicht lasse, sagte Hennersdorf im Rahmen der Reihe "Tacheles - das Aspenforum".
Deutschlandradio Kultur: Heute sind wir zu Gast im China-Club im Berliner Hotel Adlon. Ich freue mich sehr, Dr. Susan Hennersdorf, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland als Gesprächspartnerin begrüßen zu können. Frau Hennersdorf, herzlich willkommen.
Susan Hennersdorf: Vielen Dank.
Deutschlandradio Kultur: Frau Hennersdorf, wegen der Eurokrise, wegen steigender Arbeitslosigkeit, wegen geringerer Einkommen lassen Spanier und Italiener zunehmend ihre Handys links liegen. Sie telefonieren nicht mehr. Das trifft auch Vodafone insgesamt, das britische Unternehmen. Sie mussten Abschreibungen machen. Heißt das, dass diese Eurokrise mittlerweile auch tatsächlich bei den Medien und bei denen angekommen ist, die Mobilfunk vertreiben?
Susan Hennersdorf: Ich denke, so richtig Sorgen muss man sich nicht um uns machen. Natürlich spüren wir nachgelagert makroökonomische Konsumzurückhaltung. Aber wir haben in der Telekommunikationsstruktur einfach einen riesigen Vorteil. Selbst wenn wir Dinge wertberichtigen, sind das buchhalterische Wertberichtigungen, aber wir haben ja Assets da draußen. Da steht ja ein Netz. Das ist ja wirklich etwas, was da steht, was physisch vorhanden ist. Insofern sind Wertberichtigungen, wie gesagt, finanzieller Natur, aber es ist ja nichts zerstört in irgendeiner Form.
Deutschlandradio Kultur: Aber wenn das Geld knapp wird, kann man sich natürlich schon überlegen in diesen Ländern, wo die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist, dass man seltener telefoniert. Oder tun die Leute das nicht, weil das so wichtig ist, mit anderen noch in Kontakt zu bleiben?
Susan Hennersdorf: Ich sage mal: Eine normale Konsumzurückhaltung spüren wir natürlich auch, aber langfristig ist für uns viel wichtiger zu überlegen: Wie können wir denn die großen Investitionen, die wir in Netzwerke tätigen, so materialisieren, dass wir auch im zunehmenden Preiswettbewerb und auch in der zunehmenden Kommoditisierung unseres Marktes auch zukünftig so viel Ressourcen und Invest erwirtschaften, dass wir die Infrastruktur langfristig aufrechterhalten können? Das ist, glaube ich, die viel relevantere Frage als - sag ich mal - eine buchhalterische Wertberichtigung auf etwas, was sozusagen finanziell anders erwartet wird. Denn diese Infrastruktur, die da ist, ist ja eine Investition.
Deutschlandradio Kultur: Sie sind verantwortlich für den Privatkundenbetrieb bei Vodafone Deutschland. Es gibt 81 Mio. Deutsche. Und es gibt ungefähr im Moment 113 Mio. Handys, die hier in Deutschland irgendjemand hat. Und er hat natürlich auch Verträge. In den letzten Jahren konnten Sie viel Geld damit verdienen, dass Sie neue Verträge mit diesen Menschen hier in Deutschland gemacht haben und dass Handys verkauft wurden. Aber wenn 113 Mio. Handys bei 81 Mio. Menschen unterwegs sind, könnte man doch eigentlich auch sagen: Dieser Markt zumindest ist gesättigt.
Susan Hennersdorf: Die Telekommunikation war von jeher ein sehr expansiver Markt, also, weitete sich aus. Jetzt erreichen wir eine Sättigung im Sinne eines Nutzungsverhaltens. Und da geht es um die Frage: Wo liegen eigentlich Potenziale, den Markt auszuwerten und auszuweiten? Das geht insbesondere über das Thema Innovation. Ich nenne ein Beispiel für unser Unternehmen und auch für Deutschland: LTE, Long Term Evolution, also die 4G-Generation.
Deutschlandradio Kultur: Schnelle Datenübertragung.
Susan Hennersdorf: Schnelle Datenübertragung, ja, eine neue Netztechnologie, die die Datengeschwindigkeit in irgendeiner Form massiv vorantreibt. Es sind eben zukünftige Wachstumsfelder. Da ist in so einer Infrastrukturindustrie natürlich auch immer die Frage geboten: Worauf wettet man, auf welche Innovation? Und wie kanalisiert man dahingehend auch seine Investitionen? Wir haben jetzt für LTE, für die Ersteigerung der Frequenzen 1,4 Mrd. Euro investiert - vorab.
Deutschlandradio Kultur: Wie war es eigentlich bei UMTS? Da war es noch viel mehr?
Susan Hennersdorf: Da war es auch vergleichbar, aber das ist einfach eine vergleichbare Geschichte. Da hat man einfach eine Wette darauf abgeschlossen, dass diese Innovation in irgendeiner Form eine Nachfrage finden würde. Letztendlich hat sie das ja auch und man hat dann eben jenseits der Ersteigerungsinvestition natürlich dann auch sehr stark investiert in den entsprechenden Netzaufbau.
Für uns ist LTE mit Sicherheit auch eine Innovation und damit auch eine Marktausweitung. Wenn man in Zukunft vielleicht davon ausgehen kann, dass SIM-Karten untereinander in Echtzeit kommunizieren, dann könnte man zum Beispiel überlegen: Wenn ein Kind ein Handy in der Tasche hat und ein Auto auch mit einer SIM-Karte ausgestattet ist, dass die beiden in Zukunft nie mehr kollidieren können. Das sind natürlich sozusagen auch Phantasien und Wetten, an die man gerade in solchen Industrien, die Infrastruktur schaffen, einfach glauben muss und dann entsprechend auch vorab diese Investitionen tätigen muss.
Deutschlandradio Kultur: Wenn ich das richtig gelesen habe, dann haben Sie mittlerweile den Ausbau schon so weit vorangetrieben, dass Sie fast 18 Mio. Haushalte erreichen mit dieser neuen LTE-Technik. Aber die Nutzer greifen noch nicht richtig zu. Es sind Kunden im einstelligen%bereich, die sagen, okay, wir springen auf die neue Technologie drauf. - Warum tun die das noch nicht?
Susan Hennersdorf: Wir hatten, muss man sagen, von der Ausbaustrategie natürlich einige regulatorische Auflagen. Wir mussten erst die so genannten White Spots abdecken. Das heißt also, Landstriche in Deutschland, die eben heute massiv unterversorgt sind mit schnellen Datennetzen. Das sind in der Regel aber ja auch nicht die Landstriche gewesen, wo jetzt die Masse der Bevölkerung in Deutschland lebt. Nun gehen wir ja zunehmend in den Ausbau von Städten und sehen natürlich auch, dass die Akzeptanz des Produktes auch mit einer zunehmenden Bekanntheit deutlich zunimmt und die Nachfrage größer wird.
Also, ich bin, wir sind fest davon überzeugt, dass die Nachfrage - und das sehen wir auch, muss man sagen, also, das geht jetzt wirklich Schritt für Schritt nach oben, auch in dem Maße, wo diese LTE-fähigen Smartphones auf dem Markt kommen - nach diesen schnellen Datennetzen rasant zunimmt.
Deutschlandradio Kultur: Ihr Chef von Vodafone Deutschland, Jens Schulte-Bockum, ist seit wenigen Wochen jetzt dabei. Der sagt: In den nächsten drei Jahren würden in deutschen Mobilfunknetzen Daten im zweitausendfachen Umfang von dem übertragen, was wir im Moment haben. Also, wenn man das auf den Privatnutzer mal runter rechnet: Was macht der mit diesen Riesendatenmengen? Videospiele anschauen? - Das kann es doch nicht sein.
Susan Hennersdorf: Das macht vielleicht der Privatkunde und das macht er dann schneller, aber das große Anwendungsfeld sind solche Themen wie Krankenhäuser, E-Gesundheit, Unfallvermeidung, Verkehrssteuerung. Also, die Anwendungsflächen gehen weit über die private Nutzung, den privaten Kunden hinaus.
Deutschlandradio Kultur: Wo werden wir sein in drei oder fünf Jahren, wenn wir mit so viel neuem Datentransfer arbeiten können?
Susan Hennersdorf: Wenn man mal davon ausgeht, dass man in fünf Jahren in der Lage ist, SIM-Kartenkommunikation in Echtzeit abzubilden, dann kann man sich beispielsweise vorstellen in der privaten Automobilnutzung, dass Sie einfach ganz anders Auto fahren, dass diese so genannte machine-to-machine, dass also die Maschinen, die Autos miteinander kommunizieren, eben zum Beispiel dann nicht mehr zusammenfahren können, dass automatische Abbremsvorrichtungen da sind. Das heißt, es gibt eine Reihe von Anwendungen, von denen wir ausgehen, die einfach das Leben massiv leichter machen.
Und im Endkundenbereich: Wie steuere ich eigentlich meinen Haushalt, wie steuere ich meine Heizung, aber auch, wie steuere ich meine Sicherheit? Wir kennen alle das Babyphone mit Kindern. Wenn ich das in Zukunft eigentlich übertragen kann auf mein Smartphone und ich habe noch eine entsprechende Kamera dabei, dann sind das alles Anwendungsbereiche im privaten Konsum, die unser Leben durch diese Echtzeitkommunikation natürlich deutlich vereinfachen können.
Deutschlandradio Kultur: Sind Sie sich eigentlich sicher, dass diese hochfrequenten elektromagnetischen Felder völlig ungefährlich sind für Menschen, die irgendwo diese Massen um sich herum haben? Es gibt zumindest die Europäische Umweltagentur und auch die Weltgesundheitsorganisation, die sagen, man müsse zumindest genau prüfen, ob diese Dinge dann auch gesundheitsgefährdend sind.
Susan Hennersdorf: Genau prüfen muss man alles. Im Moment gibt es bei uns eigentlich keinerlei Hinweise darauf, und das wird ja sehr eng gemonitort auch, weil eben einfach auch von vielen Instituten da die Nachfrage kommt, dass wir irgendwie Gesundheitsgefährdungen eingehen, weil wir neben einem Funkmast oder einem Sendemast stehen
Die große Herausforderung ist, dass natürlich diese technologischen Möglichkeiten auch eine Komplexität mit sich bringen. Das ist die große Herausforderung: Wie macht man auch diese Komplexität beherrschbar? Das heißt: Wie kann man Telekommunikation, die wirklich prägend ist für unsere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung - ich hatte unlängst die Möglichkeit mit meinem Kollegen aus Ägypten zu sprechen, der sich dann nach der Revolution einfach mit 10 Prozent seiner Netzkapazität wiederfand und dann massiv auch feststellen musste, was macht eigentlich ein Land, was auf einmal sozusagen nur noch 10 Prozent seiner Netzkapazität hat, wie stark das auch die Wirtschaft betrifft -, wenn man diese Vorteile alle sieht, geht es vor allem um die Frage: Wie kriegt man die Komplexität gemanagt? Das ist auch die Frage: Wie können wir auch die ganzen Innovationen so kanalisieren, dass es eben Menschen nicht überfordert, sondern dass wirklich einen paritätischen und demokratischen Zugang haben zu diesen Möglichkeiten, die Telekommunikation zweifelsohne bietet.
Deutschlandradio Kultur: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, könnte man auch sagen: Telekommunikation in der Geschwindigkeit und Veränderung, wie wir sie im Moment erleben, beeinflusst die Gesellschaft sogar mehr als manche politische Entscheidung, die in irgendwelchen Hinterzimmern getroffen wird.
Susan Hennersdorf: Also, Shitstorm ist so ein Beispiel. Da gibt's irgendwie eine Diskussion und die findet tausendfache Verbreiterung und löst einen Strudel aus, wo man sagt: Wie kann man den jetzt beherrschen? - Natürlich machen wir uns Gedanken darüber, wie man mit so etwas umgeht. Unsere Maßgabe ist da: mit Dialog und mit Präsenz.
Aber grundsätzlich, sozusagen jenseits dieses Einzelbeispiels, natürlich führen wir so eine Diskussion. Wenn man einmal über neue Medien spricht, die Sie da angesprochen haben, dann gibt es natürlich unheimlich viele Vorteile. Es ist eine starke Demokratisierungsthematik, die man damit verbinden kann. Aber gerade, wenn man jetzt mal auch von Jugendlichen ausgeht oder auch von Kindern, setzen natürlich solche neuen Medien auch eine andere oder neue Medienkompetenz voraus. Das ist schon auch unsere Verantwortung als Anbieter solcher Lösungen, dass wir dazu beitragen, dass diese neue Medienkompetenz sich herausbilden kann.
Deutschlandradio Kultur: Aber was machen Sie denn da konkret? Es gibt beispielsweise die Vodafone-Stiftung. Da steht drin, Sie sind für die Entwicklung einer aktiven Bürgergesellschaft. Eigentlich könnte man sagen, das müssen Kommunen machen, das muss die Politik machen. Aber in der Stiftung soll dieser Gedanke mit einfließen in die Gesellschaft. Ein, zwei Beispiele, wo das deutlich wird?
Susan Hennersdorf: Genau, es gibt zwei Beispiele: Das eine ist das Beispiel, was sehr stark abzielt auf ihre gesellschaftliche Verantwortung. Wir sind stark engagiert in dieser Initiative "Schau hin". Das ist eine Initiative, die die Öffentlich-Rechtlichen, also ARD und ZDF gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium ins Leben gerufen haben, die wir stark unterstützen, wo es eigentlich um die Frage geht: Wie kann man eigentlich Medienkompetenz - auch vor dem Hintergrund dieser neuen Innovationen - an Jugendliche herantragen? Da gibt es eben technologische Lösungen, also Beispielsweise Apps, Applications, die wir da entwickeln, wo man also sehr, sehr stark über Apps steuern kann, welche Internetseiten zum Beispiel Kinder und Jugendliche anwählen dürfen, wo man auch kontrollieren kann, wo die eigentlich gewesen sind, also, wo Eltern und Kinder eigentlich eine neue Möglichkeit haben, sich über die Mediennutzung auseinanderzusetzen.
Deutschlandradio Kultur: Wenn es die Kinder mögen.
Susan Hennersdorf: Ja, aber ich glaube, das ist jenseits sozusagen der privaten erzieherischen Aufgabe, die Eltern eben haben. Und ich meine, wir sind auch teilweise mit Dingen konfrontiert worden, die wir nicht so mochten, aber das ist ja auch eine gesellschaftliche Verantwortung, die Eltern haben, aber - wie gesagt - an dieser Stelle nicht nur die Eltern, sondern es müssen eben auch Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, dass man solche Dinge eben auch wahrnehmen kann, also den erzieherischen Auftrag. So eine App ist das eine Beispiel.
Das zweite Beispiel ist gerade über diese Initiative "Schau hin", dass eben sehr stark auch in Diskussionen eingegriffen wird. Was ist eigentlich eine Medienkompetenz im Vergleich zu einer reinen Medienvermeidung? Heute sind ja viele Initiativen noch darauf aus, ich verbiete das einfach. Ich habe selber eine knapp 13-jährige Tochter. Wenn ich der sage, ich verbiete dir, irgendwie zu texten oder Medien zu nutzen, dann komme ich damit nur begrenzt weiter. Also, es muss eine andere Form der Auseinandersetzung stattfinden. Also, sprechen wir mal soziale Medien an, wie Facebook oder so was, dass man auch mit Kindern in Auseinandersetzung tritt - und das fördern wir sehr stark, solche Diskussionen. Pass auf, wenn du da ein Bild einstellst, das bleibt da fürs Leben. Und die Bilder können irgendwie verfremdet werden. Die können woanders eingestellt werden. Das heißt, es ist wirklich sozusagen in jungen Jahren eine andere Verantwortung, die die Kinder einfach lernen müssen. Und das ist für uns auch ein Teil dieser Komplexitätsreduktion. Solche Seminare und Initiativen fördern wir eben sehr, sehr stark, indem wir beispielsweise dieser Initiative "Schau hin" so eine große Bedeutung beimessen.
Deutschlandradio Kultur: Frau Hennersdorf, ich würde ein bisschen noch mal in die innerbetrieblichen Strukturen reinschauen bei Ihnen. Wenn ich das richtig gelesen habe, besteht die Geschäftsleitung von Vodafone genau aus neun Mitgliedern. Ist das richtig?
Susan Hennersdorf: Das stimmt.
Deutschlandradio Kultur: Acht Männer und eine Frau. Ist das gut? Sie sind die Frau.
Susan Hennersdorf: Also, ich find das gut, dass ich die Frau bin.
Deutschlandradio Kultur: Hätten Sie gerne noch eine dazu?
Susan Hennersdorf: Ich sag mal so: Es ist natürlich immer so, wenn man alleine in einem Kreis ist, hat man so einen Token-Status. Man steht, ob man will oder nicht, unter Beobachtung. Wenn man zu zweit ist, da ist man so froh, dass man nicht alleine ist, dass man nur untereinander quatscht. Also, insofern ist da wahrscheinlich der Hebel der Verbesserung begrenzt. Zu dritt wird sozusagen ein Schuh draus.
Aber es geht weniger um das Thema Gender, sondern es geht einfach um das Thema: Wie wird man auch integriert in dieses Team? Wie sehr ist auch gewollt, dass man - auch wenn man eine Minderheit darstellt und möglicherweise auch andere Kommunikations- und Wettbewerbsverhalten an den Tag legt - integriert und gehört wird? Ich muss sagen, gerade innerhalb Vodafones in diesem Team auch, in diesem Executive Committee fühle ich mich sehr gut integriert.
Deutschlandradio Kultur: Ich darf noch mal zuspitzen: Es geht um Frauenquote. 40 Prozent bis 2020 in Aufsichtsräten sagt die EU-Justizkommissarin, das wäre ein Ziel, weil, man könne nicht die Frauen einfach immer links liegen lassen. Ist das eine Position, wo Sie sagen, ja, da machen wir mit, dieses Ziel wollen wir haben? Die Telekom, Ihr Mitkonkurrent möchte das auch machen. Oder sagen Sie, nein, das ist nicht der Weg, wir wollen nicht irgendwo über Quote Qualität liefern, sondern wir machen das anders? Wie stehen Sie dazu?
Susan Hennersdorf: Persönlich würde ich vielleicht auch anders reden oder rede ich anders als ich das zum Beispiel vor 20 Jahren getan habe. Persönlich ist eine Quote sinnvoll, aber nur in einem einzigen Anwendungsfeld. Und ich bin nicht sicher, ob dieser Anwendungsbereich wirklich relevant ist. Eine Quote macht dann Sinn, wenn man eine Frau hat, die erstens eine Führungsposition übernehmen möchte, die zweitens die formale Qualifikation dafür mitbringt und die drittens - ich nenne das immer mal - die richtigen "Vorjobs" mitbringt, das heißt also Erfahrung, aber man lässt sie nicht.
In dem Fall macht eine Quote Sinn oder eine sonst wie mehr oder minder verbindliche Regelung. Mit Vorjobs meine ich, auch ein Vorstandsvorsitzender männlicher Art wird nicht ein solcher, der 30 Jahre lang nur Projektgeschäft gemacht hat oder in Stabsstellen gearbeitet hat. Das heißt, unter der Voraussetzung und der Annahme, dass man sagt, Führung ist auch zu lernen und setzt Erfahrung voraus, sind Vorjobs eben für eine Vorstands- oder sonst leitende Rolle eben solche Jobs, in denen man eben einfach mal eine größere Mitarbeiteranzahl geführt hat, in denen man in irgendeiner Form ein gewisses Geschäftsvolumen auch materiell, kommerziell verantwortet hat, Gewinn- und Verlustverantwortung.
Und wenn ich mal 30 Jahre lang in einer Stabsstelle als Assistent irgendwo gearbeitet habe, und das kann ich noch so gut und so intensiv gemacht haben, dann fehlt mir wahrscheinlich ein bisschen Erfahrung, um sozusagen diesen Vorstandsjob vernünftig auszuüben.
Und bei Frauen ist es mittlerweile eben immer noch häufig der Fall, dass sie entweder aus Stabsstellen kommen oder aus Kategorien oder aus funktionalen Einheiten, sei es Personal- oder Marketingbereichen, wo eben einfach - sag ich mal - die Führung von Mitarbeitern eher einen Projektcharakter hat oder wo in irgendeiner Form es eher weichere, nicht messbare Funktionsbereiche sind.
Das unterscheidet vielleicht die Frauen sozusagen in der Erfahrung einerseits von den Männern stärker. Und oft ist es natürlich auch so, dass Frauen gerade in der Familiengründungsphase, wenn sie denn sozusagen auch eine Familie anstreben, einfach längere Zeit einfach aussetzen. Diesen Erfahrungsmangel, nenne ich es jetzt mal, im weitesten Sinne, den kriegen Sie aber durch eine Quote irgendwie nicht gelöst. Das sind andere Maßnahmen, die da greifen müssen. Das ist eine Frage: Warum steigen Frauen in der Regel länger aus? Das kann ein materielles Thema sein, weil in einer Partnerschaft eben einfach klar wird, okay, wenn hier jemand aussetzt oder wenn jemand sozusagen zurücktritt, dann ist das vielleicht derjenige, der eben eine geringere Wahrscheinlichkeit hat, zum materiellen Familieneinkommen beizutragen. Da wäre zum Beispiel Equal Pay eine klare unternehmerische Maßnahme.
Deutschlandradio Kultur: Gleiche Bezahlung ...
Susan Hennersdorf: ... für Männer und Frauen. Oder es gibt andere Incentive-Strukturen, die Frauen, wie natürlich auch Männer incentivieren, auch nach einer Familienphase möglichst frühzeitig wieder zurückzukehren in den Beruf. Zum Beispiel, weil man Angebote schaffen kann, wie man private und auch berufliche Interessen stärker vereinbaren kann. Das heißt, Quote wirkt nur in einem Fall. Das ist der Punkt. Und ich glaube, dieser Fall wird eigentlich immer irrelevanter. Aber für diesen Fall macht sie Sinn.
Deutschlandradio Kultur: Ich frage da noch mal nach, weil auch selbst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung von einer "männlichen Monokultur" in diesen Chefetagen spricht und auch sagt, da gäbe es eine gläserne Decke. Die kriegen Sie nicht durchbrochen, wenn man das nicht tatsächlich öffnet, auch durch Quote, damit genau diese Fähigkeiten, die Frauen bekommen, von denen Sie sagen, wo dann die auch nachziehen können und diese Erfahrungen dann wieder vermitteln könnten. Also: Quote würde Ihrer Meinung nach da überhaupt nicht helfen? Sie bleiben bei Ihrer männlichen Monokultur, wenn wir das DIW zitieren?
Susan Hennersdorf: Ich habe ja klar gesagt, Quote in diesem einen Anwendungsbereich ist durchaus sinnvoll. Und durch eine Rede und Gegenrede, die Sie natürlich nur hinstellen können, wenn da auch mal jemand ist, der gegen redet, also rausgeht aus dieser Monokultur, die schafft dann ja auch wieder eine andere Transparenz. Also, wie gesagt, Quote macht schon Sinn oder eine sonstige verbindliche Regelung.
Wir haben bei Vodafone auch eine Regelung. Wir incentivieren schon selber stark und haben das auch in den Zielvereinbarungen aller Führungskräfte, dass wir anstreben, pro Jahr unter den Direct Reports eben eine Frau mehr sozusagen zu befördern. Und, wie gesagt, also, nicht jeder bei uns hat eine 100-prozentige Zielerreichung. Und nicht jeder bei uns schafft auch sein Umsatzziel. Aber es ist zumindest im Zielsystem verankert und ist insofern irgendwie transparent zu machen. Und jemand muss sich genauso dafür rechtfertigen, als wenn er seine Umsatzzielsetzungen irgendwie nicht erreicht. Insofern macht eine gewisse Art von Verbindlichkeit einfach Sinn, um auch Dialektik einzubringen.
Das eine, was ich sagen möchte, ist, dass eine Quote nicht ein Allheilmittel ist, auch sozusagen Frauen dazu zu bringen, die sagen, ich tue mir diese Komplexität nicht mehr an, weil, ich kriege die Vereinbarkeit mit Familie nicht mehr hin oder ich kriege die klassische Präsenzkultur irgendwie nicht gemanagt, und zwar gar nicht wegen Kindern, sondern weil ich einfach keine Lust darauf habe. Oder ich habe einfach keine Entscheidungsfreiheit aus materiellen Gründen, weil ich weniger verdiene als ein Mann. Deshalb ist es dann so, wenn die Frage aufkommt, wer steckt jetzt zurück - und solche Phasen hat man ja immer -, dass dann einfach diese Entscheidung nicht mehr aktiv diskutiert werden kann, sondern sie eigentlich vorher entschieden ist, weil die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau irgendwann über die Zeit mit dem Gehalt eines männlichen Pendants Schritt hält, eben nicht gegeben ist. Also, Quote ja, in bestimmten Sachverhalten hilfreich, aber kein Allheilmittel.
Deutschlandradio Kultur: Und gut bezahlte Arbeitsplätze auf alle Fälle, da stimmen Sie mir sicherlich zu, sofern der Konzern das auch bezahlen kann.
Sie werden im Dezember eine neue Zentrale in Düsseldorf beziehen. Früher nannte man das ein neues Firmengelände. Heute nennt sich das Vodafone Campus. Da wird es nicht nur um Arbeitsplätze gehen, sondern es gibt eine Menge an Incentives oder Geschichten, die dazu gehören. Es gibt ein Gesundheitszentrum, ein Fitnesszentrum. Sie können dort Haut-Screening machen. Sie können Ihren Impfpass checken lassen. Sie können in Geschäfte gehen. Also, Sie schaffen da möglicherweise den Arbeitsplatz der Zukunft, der nicht nur ein Arbeitsplatz ist, sondern eigentlich eine ganze gelebte Welt. Man hätte schon fast das Gefühl einer geschlossenen Einheit, wo man gar nicht mehr raus muss.
Susan Hennersdorf: Ach, so würde ich das nicht sehen, ganz im Gegenteil. Wir bieten auch an, wir nennen das "flexible work office". Das heißt also, die Menschen können eigentlich selbst entscheiden, ob sie auf diesem Campus arbeiten oder ob sie beispielsweise von zu Hause oder von anderen Örtlichkeiten arbeiten.
Das heißt, es gibt durchaus Möglichkeiten. Die werden ja auch gerade genutzt, um wirklich gerade nicht auf diesem Campus zu sein. Aber was sicherlich richtig ist, ist, dass in dem Campus schon zum Ausdruck kommt oder hoffentlich auch kommen soll - und man muss sagen, die Mitarbeiter, wir haben ja viele Führungen jetzt auch mit den Mitarbeitern, machen die mit den neuen Arbeitsplatzkonzepten vertraut - die Erfahrungen sind super, super positiv, weil es einfach eine Kultur der Offenheit ist.
Wir haben vorhin darüber gesprochen. Unsere Industrie lebt von Innovation. Und ich sage mal, wir haben eine Innovationsgeschwindigkeit Faktor 2 pro Jahr. Innovationsgeschwindigkeit in diesem Tempo kriegen Sie natürlich nur in irgendeiner Form hingestellt, wenn Sie wirklich Menschen haben, die offen sind, die die Diversifizierung und auch Diversity leben können. Das sind Themen, die wir eben einfach versuchen, auch durch dieses Bürokonzept zu unterstützen. Und da ist der Friseur, der da drin ist, eigentlich weniger der Kerntreiber als mehr die Art und Weise, wie auch die Arbeitsplätze beschaffen sind, also dass man eben in vielen Fällen einfach keine fest zugeordneten Schreibtische zum Beispiel mehr hat. Sondern, wenn man auf dem Campus lebt sozusagen, dann checkt man sich ein und dann setzt man sich halt dahin, wo Platz ist. Und das ist mal in meinem ureigenen Funktionsbereich, aber das ist auch mal in einem ganz anderen Funktionsbereich.
Der Austausch, der eben dadurch auch gefördert werden soll, der ist sicherlich hilfreich, um auch unsere Herausforderungen in der Zukunft im Sinne von Austausch, Innovation, Kreativität zu fördern.
Deutschlandradio Kultur: Noch eine Frage mit einer relativ kurzen Antwort, Frau Hennersdorf: Die Bundesnetzagentur will die Entgelte, die Sie und andere Telekommunikationsanbieter den Wettbewerbern für Anrufe in ihre Netze in Rechnung stellen, zum 1. Dezember fast halbieren. Das heißt, Telefonieren wird demnächst für Ihre Kunden billiger?
Susan Hennersdorf: Na, es ist ja schon billiger geworden über die Zeiten.
Deutschlandradio Kultur: Aber jetzt, wenn man am 1. Dezember halbiert.
Susan Hennersdorf: Wir halten das Signal der Bundesnetzagentur, Geld aus dem Markt zu nehmen an der Stelle, wo Infrastruktur geschaffen wird, für falsch. Was richtig ist, ist, dass Preiswettbewerb gefördert wird. Und das sehen wir ja auch. Wenn Sie jetzt einfach mal vergleichen, was kostet eigentlich eine Flatrate zum Telefonieren heute im Vergleich zu vor drei Monaten, dann sieht man, dass da deutlich die Preise gefallen sind. Das heißt also, Telefonieren wird tendenziell günstiger. Ob man - wie gesagt - Geld rausnehmen dort sollte, wo man eigentlich diejenigen hat, die die Netze instand halten und bauen, die eigentlich die Investitionen erwirtschaften müssen, das halte ich für sehr fragwürdig.
Deutschlandradio Kultur: Wir haben leider nicht die Flatrate, wo wir noch lange miteinander reden könnten. Die Zeit ist um. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen für die offenen Antworten.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Susan Hennersdorf: Vielen Dank.
Deutschlandradio Kultur: Frau Hennersdorf, wegen der Eurokrise, wegen steigender Arbeitslosigkeit, wegen geringerer Einkommen lassen Spanier und Italiener zunehmend ihre Handys links liegen. Sie telefonieren nicht mehr. Das trifft auch Vodafone insgesamt, das britische Unternehmen. Sie mussten Abschreibungen machen. Heißt das, dass diese Eurokrise mittlerweile auch tatsächlich bei den Medien und bei denen angekommen ist, die Mobilfunk vertreiben?
Susan Hennersdorf: Ich denke, so richtig Sorgen muss man sich nicht um uns machen. Natürlich spüren wir nachgelagert makroökonomische Konsumzurückhaltung. Aber wir haben in der Telekommunikationsstruktur einfach einen riesigen Vorteil. Selbst wenn wir Dinge wertberichtigen, sind das buchhalterische Wertberichtigungen, aber wir haben ja Assets da draußen. Da steht ja ein Netz. Das ist ja wirklich etwas, was da steht, was physisch vorhanden ist. Insofern sind Wertberichtigungen, wie gesagt, finanzieller Natur, aber es ist ja nichts zerstört in irgendeiner Form.
Deutschlandradio Kultur: Aber wenn das Geld knapp wird, kann man sich natürlich schon überlegen in diesen Ländern, wo die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist, dass man seltener telefoniert. Oder tun die Leute das nicht, weil das so wichtig ist, mit anderen noch in Kontakt zu bleiben?
Susan Hennersdorf: Ich sage mal: Eine normale Konsumzurückhaltung spüren wir natürlich auch, aber langfristig ist für uns viel wichtiger zu überlegen: Wie können wir denn die großen Investitionen, die wir in Netzwerke tätigen, so materialisieren, dass wir auch im zunehmenden Preiswettbewerb und auch in der zunehmenden Kommoditisierung unseres Marktes auch zukünftig so viel Ressourcen und Invest erwirtschaften, dass wir die Infrastruktur langfristig aufrechterhalten können? Das ist, glaube ich, die viel relevantere Frage als - sag ich mal - eine buchhalterische Wertberichtigung auf etwas, was sozusagen finanziell anders erwartet wird. Denn diese Infrastruktur, die da ist, ist ja eine Investition.
Deutschlandradio Kultur: Sie sind verantwortlich für den Privatkundenbetrieb bei Vodafone Deutschland. Es gibt 81 Mio. Deutsche. Und es gibt ungefähr im Moment 113 Mio. Handys, die hier in Deutschland irgendjemand hat. Und er hat natürlich auch Verträge. In den letzten Jahren konnten Sie viel Geld damit verdienen, dass Sie neue Verträge mit diesen Menschen hier in Deutschland gemacht haben und dass Handys verkauft wurden. Aber wenn 113 Mio. Handys bei 81 Mio. Menschen unterwegs sind, könnte man doch eigentlich auch sagen: Dieser Markt zumindest ist gesättigt.
Susan Hennersdorf: Die Telekommunikation war von jeher ein sehr expansiver Markt, also, weitete sich aus. Jetzt erreichen wir eine Sättigung im Sinne eines Nutzungsverhaltens. Und da geht es um die Frage: Wo liegen eigentlich Potenziale, den Markt auszuwerten und auszuweiten? Das geht insbesondere über das Thema Innovation. Ich nenne ein Beispiel für unser Unternehmen und auch für Deutschland: LTE, Long Term Evolution, also die 4G-Generation.
Deutschlandradio Kultur: Schnelle Datenübertragung.
Susan Hennersdorf: Schnelle Datenübertragung, ja, eine neue Netztechnologie, die die Datengeschwindigkeit in irgendeiner Form massiv vorantreibt. Es sind eben zukünftige Wachstumsfelder. Da ist in so einer Infrastrukturindustrie natürlich auch immer die Frage geboten: Worauf wettet man, auf welche Innovation? Und wie kanalisiert man dahingehend auch seine Investitionen? Wir haben jetzt für LTE, für die Ersteigerung der Frequenzen 1,4 Mrd. Euro investiert - vorab.
Deutschlandradio Kultur: Wie war es eigentlich bei UMTS? Da war es noch viel mehr?
Susan Hennersdorf: Da war es auch vergleichbar, aber das ist einfach eine vergleichbare Geschichte. Da hat man einfach eine Wette darauf abgeschlossen, dass diese Innovation in irgendeiner Form eine Nachfrage finden würde. Letztendlich hat sie das ja auch und man hat dann eben jenseits der Ersteigerungsinvestition natürlich dann auch sehr stark investiert in den entsprechenden Netzaufbau.
Für uns ist LTE mit Sicherheit auch eine Innovation und damit auch eine Marktausweitung. Wenn man in Zukunft vielleicht davon ausgehen kann, dass SIM-Karten untereinander in Echtzeit kommunizieren, dann könnte man zum Beispiel überlegen: Wenn ein Kind ein Handy in der Tasche hat und ein Auto auch mit einer SIM-Karte ausgestattet ist, dass die beiden in Zukunft nie mehr kollidieren können. Das sind natürlich sozusagen auch Phantasien und Wetten, an die man gerade in solchen Industrien, die Infrastruktur schaffen, einfach glauben muss und dann entsprechend auch vorab diese Investitionen tätigen muss.
Deutschlandradio Kultur: Wenn ich das richtig gelesen habe, dann haben Sie mittlerweile den Ausbau schon so weit vorangetrieben, dass Sie fast 18 Mio. Haushalte erreichen mit dieser neuen LTE-Technik. Aber die Nutzer greifen noch nicht richtig zu. Es sind Kunden im einstelligen%bereich, die sagen, okay, wir springen auf die neue Technologie drauf. - Warum tun die das noch nicht?
Susan Hennersdorf: Wir hatten, muss man sagen, von der Ausbaustrategie natürlich einige regulatorische Auflagen. Wir mussten erst die so genannten White Spots abdecken. Das heißt also, Landstriche in Deutschland, die eben heute massiv unterversorgt sind mit schnellen Datennetzen. Das sind in der Regel aber ja auch nicht die Landstriche gewesen, wo jetzt die Masse der Bevölkerung in Deutschland lebt. Nun gehen wir ja zunehmend in den Ausbau von Städten und sehen natürlich auch, dass die Akzeptanz des Produktes auch mit einer zunehmenden Bekanntheit deutlich zunimmt und die Nachfrage größer wird.
Also, ich bin, wir sind fest davon überzeugt, dass die Nachfrage - und das sehen wir auch, muss man sagen, also, das geht jetzt wirklich Schritt für Schritt nach oben, auch in dem Maße, wo diese LTE-fähigen Smartphones auf dem Markt kommen - nach diesen schnellen Datennetzen rasant zunimmt.
Deutschlandradio Kultur: Ihr Chef von Vodafone Deutschland, Jens Schulte-Bockum, ist seit wenigen Wochen jetzt dabei. Der sagt: In den nächsten drei Jahren würden in deutschen Mobilfunknetzen Daten im zweitausendfachen Umfang von dem übertragen, was wir im Moment haben. Also, wenn man das auf den Privatnutzer mal runter rechnet: Was macht der mit diesen Riesendatenmengen? Videospiele anschauen? - Das kann es doch nicht sein.
Susan Hennersdorf: Das macht vielleicht der Privatkunde und das macht er dann schneller, aber das große Anwendungsfeld sind solche Themen wie Krankenhäuser, E-Gesundheit, Unfallvermeidung, Verkehrssteuerung. Also, die Anwendungsflächen gehen weit über die private Nutzung, den privaten Kunden hinaus.
Deutschlandradio Kultur: Wo werden wir sein in drei oder fünf Jahren, wenn wir mit so viel neuem Datentransfer arbeiten können?
Susan Hennersdorf: Wenn man mal davon ausgeht, dass man in fünf Jahren in der Lage ist, SIM-Kartenkommunikation in Echtzeit abzubilden, dann kann man sich beispielsweise vorstellen in der privaten Automobilnutzung, dass Sie einfach ganz anders Auto fahren, dass diese so genannte machine-to-machine, dass also die Maschinen, die Autos miteinander kommunizieren, eben zum Beispiel dann nicht mehr zusammenfahren können, dass automatische Abbremsvorrichtungen da sind. Das heißt, es gibt eine Reihe von Anwendungen, von denen wir ausgehen, die einfach das Leben massiv leichter machen.
Und im Endkundenbereich: Wie steuere ich eigentlich meinen Haushalt, wie steuere ich meine Heizung, aber auch, wie steuere ich meine Sicherheit? Wir kennen alle das Babyphone mit Kindern. Wenn ich das in Zukunft eigentlich übertragen kann auf mein Smartphone und ich habe noch eine entsprechende Kamera dabei, dann sind das alles Anwendungsbereiche im privaten Konsum, die unser Leben durch diese Echtzeitkommunikation natürlich deutlich vereinfachen können.
Deutschlandradio Kultur: Sind Sie sich eigentlich sicher, dass diese hochfrequenten elektromagnetischen Felder völlig ungefährlich sind für Menschen, die irgendwo diese Massen um sich herum haben? Es gibt zumindest die Europäische Umweltagentur und auch die Weltgesundheitsorganisation, die sagen, man müsse zumindest genau prüfen, ob diese Dinge dann auch gesundheitsgefährdend sind.
Susan Hennersdorf: Genau prüfen muss man alles. Im Moment gibt es bei uns eigentlich keinerlei Hinweise darauf, und das wird ja sehr eng gemonitort auch, weil eben einfach auch von vielen Instituten da die Nachfrage kommt, dass wir irgendwie Gesundheitsgefährdungen eingehen, weil wir neben einem Funkmast oder einem Sendemast stehen
Die große Herausforderung ist, dass natürlich diese technologischen Möglichkeiten auch eine Komplexität mit sich bringen. Das ist die große Herausforderung: Wie macht man auch diese Komplexität beherrschbar? Das heißt: Wie kann man Telekommunikation, die wirklich prägend ist für unsere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung - ich hatte unlängst die Möglichkeit mit meinem Kollegen aus Ägypten zu sprechen, der sich dann nach der Revolution einfach mit 10 Prozent seiner Netzkapazität wiederfand und dann massiv auch feststellen musste, was macht eigentlich ein Land, was auf einmal sozusagen nur noch 10 Prozent seiner Netzkapazität hat, wie stark das auch die Wirtschaft betrifft -, wenn man diese Vorteile alle sieht, geht es vor allem um die Frage: Wie kriegt man die Komplexität gemanagt? Das ist auch die Frage: Wie können wir auch die ganzen Innovationen so kanalisieren, dass es eben Menschen nicht überfordert, sondern dass wirklich einen paritätischen und demokratischen Zugang haben zu diesen Möglichkeiten, die Telekommunikation zweifelsohne bietet.
Deutschlandradio Kultur: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, könnte man auch sagen: Telekommunikation in der Geschwindigkeit und Veränderung, wie wir sie im Moment erleben, beeinflusst die Gesellschaft sogar mehr als manche politische Entscheidung, die in irgendwelchen Hinterzimmern getroffen wird.
Susan Hennersdorf: Also, Shitstorm ist so ein Beispiel. Da gibt's irgendwie eine Diskussion und die findet tausendfache Verbreiterung und löst einen Strudel aus, wo man sagt: Wie kann man den jetzt beherrschen? - Natürlich machen wir uns Gedanken darüber, wie man mit so etwas umgeht. Unsere Maßgabe ist da: mit Dialog und mit Präsenz.
Aber grundsätzlich, sozusagen jenseits dieses Einzelbeispiels, natürlich führen wir so eine Diskussion. Wenn man einmal über neue Medien spricht, die Sie da angesprochen haben, dann gibt es natürlich unheimlich viele Vorteile. Es ist eine starke Demokratisierungsthematik, die man damit verbinden kann. Aber gerade, wenn man jetzt mal auch von Jugendlichen ausgeht oder auch von Kindern, setzen natürlich solche neuen Medien auch eine andere oder neue Medienkompetenz voraus. Das ist schon auch unsere Verantwortung als Anbieter solcher Lösungen, dass wir dazu beitragen, dass diese neue Medienkompetenz sich herausbilden kann.
Deutschlandradio Kultur: Aber was machen Sie denn da konkret? Es gibt beispielsweise die Vodafone-Stiftung. Da steht drin, Sie sind für die Entwicklung einer aktiven Bürgergesellschaft. Eigentlich könnte man sagen, das müssen Kommunen machen, das muss die Politik machen. Aber in der Stiftung soll dieser Gedanke mit einfließen in die Gesellschaft. Ein, zwei Beispiele, wo das deutlich wird?
Susan Hennersdorf: Genau, es gibt zwei Beispiele: Das eine ist das Beispiel, was sehr stark abzielt auf ihre gesellschaftliche Verantwortung. Wir sind stark engagiert in dieser Initiative "Schau hin". Das ist eine Initiative, die die Öffentlich-Rechtlichen, also ARD und ZDF gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium ins Leben gerufen haben, die wir stark unterstützen, wo es eigentlich um die Frage geht: Wie kann man eigentlich Medienkompetenz - auch vor dem Hintergrund dieser neuen Innovationen - an Jugendliche herantragen? Da gibt es eben technologische Lösungen, also Beispielsweise Apps, Applications, die wir da entwickeln, wo man also sehr, sehr stark über Apps steuern kann, welche Internetseiten zum Beispiel Kinder und Jugendliche anwählen dürfen, wo man auch kontrollieren kann, wo die eigentlich gewesen sind, also, wo Eltern und Kinder eigentlich eine neue Möglichkeit haben, sich über die Mediennutzung auseinanderzusetzen.
Deutschlandradio Kultur: Wenn es die Kinder mögen.
Susan Hennersdorf: Ja, aber ich glaube, das ist jenseits sozusagen der privaten erzieherischen Aufgabe, die Eltern eben haben. Und ich meine, wir sind auch teilweise mit Dingen konfrontiert worden, die wir nicht so mochten, aber das ist ja auch eine gesellschaftliche Verantwortung, die Eltern haben, aber - wie gesagt - an dieser Stelle nicht nur die Eltern, sondern es müssen eben auch Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, dass man solche Dinge eben auch wahrnehmen kann, also den erzieherischen Auftrag. So eine App ist das eine Beispiel.
Das zweite Beispiel ist gerade über diese Initiative "Schau hin", dass eben sehr stark auch in Diskussionen eingegriffen wird. Was ist eigentlich eine Medienkompetenz im Vergleich zu einer reinen Medienvermeidung? Heute sind ja viele Initiativen noch darauf aus, ich verbiete das einfach. Ich habe selber eine knapp 13-jährige Tochter. Wenn ich der sage, ich verbiete dir, irgendwie zu texten oder Medien zu nutzen, dann komme ich damit nur begrenzt weiter. Also, es muss eine andere Form der Auseinandersetzung stattfinden. Also, sprechen wir mal soziale Medien an, wie Facebook oder so was, dass man auch mit Kindern in Auseinandersetzung tritt - und das fördern wir sehr stark, solche Diskussionen. Pass auf, wenn du da ein Bild einstellst, das bleibt da fürs Leben. Und die Bilder können irgendwie verfremdet werden. Die können woanders eingestellt werden. Das heißt, es ist wirklich sozusagen in jungen Jahren eine andere Verantwortung, die die Kinder einfach lernen müssen. Und das ist für uns auch ein Teil dieser Komplexitätsreduktion. Solche Seminare und Initiativen fördern wir eben sehr, sehr stark, indem wir beispielsweise dieser Initiative "Schau hin" so eine große Bedeutung beimessen.
Deutschlandradio Kultur: Frau Hennersdorf, ich würde ein bisschen noch mal in die innerbetrieblichen Strukturen reinschauen bei Ihnen. Wenn ich das richtig gelesen habe, besteht die Geschäftsleitung von Vodafone genau aus neun Mitgliedern. Ist das richtig?
Susan Hennersdorf: Das stimmt.
Deutschlandradio Kultur: Acht Männer und eine Frau. Ist das gut? Sie sind die Frau.
Susan Hennersdorf: Also, ich find das gut, dass ich die Frau bin.
Deutschlandradio Kultur: Hätten Sie gerne noch eine dazu?
Susan Hennersdorf: Ich sag mal so: Es ist natürlich immer so, wenn man alleine in einem Kreis ist, hat man so einen Token-Status. Man steht, ob man will oder nicht, unter Beobachtung. Wenn man zu zweit ist, da ist man so froh, dass man nicht alleine ist, dass man nur untereinander quatscht. Also, insofern ist da wahrscheinlich der Hebel der Verbesserung begrenzt. Zu dritt wird sozusagen ein Schuh draus.
Aber es geht weniger um das Thema Gender, sondern es geht einfach um das Thema: Wie wird man auch integriert in dieses Team? Wie sehr ist auch gewollt, dass man - auch wenn man eine Minderheit darstellt und möglicherweise auch andere Kommunikations- und Wettbewerbsverhalten an den Tag legt - integriert und gehört wird? Ich muss sagen, gerade innerhalb Vodafones in diesem Team auch, in diesem Executive Committee fühle ich mich sehr gut integriert.
Deutschlandradio Kultur: Ich darf noch mal zuspitzen: Es geht um Frauenquote. 40 Prozent bis 2020 in Aufsichtsräten sagt die EU-Justizkommissarin, das wäre ein Ziel, weil, man könne nicht die Frauen einfach immer links liegen lassen. Ist das eine Position, wo Sie sagen, ja, da machen wir mit, dieses Ziel wollen wir haben? Die Telekom, Ihr Mitkonkurrent möchte das auch machen. Oder sagen Sie, nein, das ist nicht der Weg, wir wollen nicht irgendwo über Quote Qualität liefern, sondern wir machen das anders? Wie stehen Sie dazu?
Susan Hennersdorf: Persönlich würde ich vielleicht auch anders reden oder rede ich anders als ich das zum Beispiel vor 20 Jahren getan habe. Persönlich ist eine Quote sinnvoll, aber nur in einem einzigen Anwendungsfeld. Und ich bin nicht sicher, ob dieser Anwendungsbereich wirklich relevant ist. Eine Quote macht dann Sinn, wenn man eine Frau hat, die erstens eine Führungsposition übernehmen möchte, die zweitens die formale Qualifikation dafür mitbringt und die drittens - ich nenne das immer mal - die richtigen "Vorjobs" mitbringt, das heißt also Erfahrung, aber man lässt sie nicht.
In dem Fall macht eine Quote Sinn oder eine sonst wie mehr oder minder verbindliche Regelung. Mit Vorjobs meine ich, auch ein Vorstandsvorsitzender männlicher Art wird nicht ein solcher, der 30 Jahre lang nur Projektgeschäft gemacht hat oder in Stabsstellen gearbeitet hat. Das heißt, unter der Voraussetzung und der Annahme, dass man sagt, Führung ist auch zu lernen und setzt Erfahrung voraus, sind Vorjobs eben für eine Vorstands- oder sonst leitende Rolle eben solche Jobs, in denen man eben einfach mal eine größere Mitarbeiteranzahl geführt hat, in denen man in irgendeiner Form ein gewisses Geschäftsvolumen auch materiell, kommerziell verantwortet hat, Gewinn- und Verlustverantwortung.
Und wenn ich mal 30 Jahre lang in einer Stabsstelle als Assistent irgendwo gearbeitet habe, und das kann ich noch so gut und so intensiv gemacht haben, dann fehlt mir wahrscheinlich ein bisschen Erfahrung, um sozusagen diesen Vorstandsjob vernünftig auszuüben.
Und bei Frauen ist es mittlerweile eben immer noch häufig der Fall, dass sie entweder aus Stabsstellen kommen oder aus Kategorien oder aus funktionalen Einheiten, sei es Personal- oder Marketingbereichen, wo eben einfach - sag ich mal - die Führung von Mitarbeitern eher einen Projektcharakter hat oder wo in irgendeiner Form es eher weichere, nicht messbare Funktionsbereiche sind.
Das unterscheidet vielleicht die Frauen sozusagen in der Erfahrung einerseits von den Männern stärker. Und oft ist es natürlich auch so, dass Frauen gerade in der Familiengründungsphase, wenn sie denn sozusagen auch eine Familie anstreben, einfach längere Zeit einfach aussetzen. Diesen Erfahrungsmangel, nenne ich es jetzt mal, im weitesten Sinne, den kriegen Sie aber durch eine Quote irgendwie nicht gelöst. Das sind andere Maßnahmen, die da greifen müssen. Das ist eine Frage: Warum steigen Frauen in der Regel länger aus? Das kann ein materielles Thema sein, weil in einer Partnerschaft eben einfach klar wird, okay, wenn hier jemand aussetzt oder wenn jemand sozusagen zurücktritt, dann ist das vielleicht derjenige, der eben eine geringere Wahrscheinlichkeit hat, zum materiellen Familieneinkommen beizutragen. Da wäre zum Beispiel Equal Pay eine klare unternehmerische Maßnahme.
Deutschlandradio Kultur: Gleiche Bezahlung ...
Susan Hennersdorf: ... für Männer und Frauen. Oder es gibt andere Incentive-Strukturen, die Frauen, wie natürlich auch Männer incentivieren, auch nach einer Familienphase möglichst frühzeitig wieder zurückzukehren in den Beruf. Zum Beispiel, weil man Angebote schaffen kann, wie man private und auch berufliche Interessen stärker vereinbaren kann. Das heißt, Quote wirkt nur in einem Fall. Das ist der Punkt. Und ich glaube, dieser Fall wird eigentlich immer irrelevanter. Aber für diesen Fall macht sie Sinn.
Deutschlandradio Kultur: Ich frage da noch mal nach, weil auch selbst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung von einer "männlichen Monokultur" in diesen Chefetagen spricht und auch sagt, da gäbe es eine gläserne Decke. Die kriegen Sie nicht durchbrochen, wenn man das nicht tatsächlich öffnet, auch durch Quote, damit genau diese Fähigkeiten, die Frauen bekommen, von denen Sie sagen, wo dann die auch nachziehen können und diese Erfahrungen dann wieder vermitteln könnten. Also: Quote würde Ihrer Meinung nach da überhaupt nicht helfen? Sie bleiben bei Ihrer männlichen Monokultur, wenn wir das DIW zitieren?
Susan Hennersdorf: Ich habe ja klar gesagt, Quote in diesem einen Anwendungsbereich ist durchaus sinnvoll. Und durch eine Rede und Gegenrede, die Sie natürlich nur hinstellen können, wenn da auch mal jemand ist, der gegen redet, also rausgeht aus dieser Monokultur, die schafft dann ja auch wieder eine andere Transparenz. Also, wie gesagt, Quote macht schon Sinn oder eine sonstige verbindliche Regelung.
Wir haben bei Vodafone auch eine Regelung. Wir incentivieren schon selber stark und haben das auch in den Zielvereinbarungen aller Führungskräfte, dass wir anstreben, pro Jahr unter den Direct Reports eben eine Frau mehr sozusagen zu befördern. Und, wie gesagt, also, nicht jeder bei uns hat eine 100-prozentige Zielerreichung. Und nicht jeder bei uns schafft auch sein Umsatzziel. Aber es ist zumindest im Zielsystem verankert und ist insofern irgendwie transparent zu machen. Und jemand muss sich genauso dafür rechtfertigen, als wenn er seine Umsatzzielsetzungen irgendwie nicht erreicht. Insofern macht eine gewisse Art von Verbindlichkeit einfach Sinn, um auch Dialektik einzubringen.
Das eine, was ich sagen möchte, ist, dass eine Quote nicht ein Allheilmittel ist, auch sozusagen Frauen dazu zu bringen, die sagen, ich tue mir diese Komplexität nicht mehr an, weil, ich kriege die Vereinbarkeit mit Familie nicht mehr hin oder ich kriege die klassische Präsenzkultur irgendwie nicht gemanagt, und zwar gar nicht wegen Kindern, sondern weil ich einfach keine Lust darauf habe. Oder ich habe einfach keine Entscheidungsfreiheit aus materiellen Gründen, weil ich weniger verdiene als ein Mann. Deshalb ist es dann so, wenn die Frage aufkommt, wer steckt jetzt zurück - und solche Phasen hat man ja immer -, dass dann einfach diese Entscheidung nicht mehr aktiv diskutiert werden kann, sondern sie eigentlich vorher entschieden ist, weil die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau irgendwann über die Zeit mit dem Gehalt eines männlichen Pendants Schritt hält, eben nicht gegeben ist. Also, Quote ja, in bestimmten Sachverhalten hilfreich, aber kein Allheilmittel.
Deutschlandradio Kultur: Und gut bezahlte Arbeitsplätze auf alle Fälle, da stimmen Sie mir sicherlich zu, sofern der Konzern das auch bezahlen kann.
Sie werden im Dezember eine neue Zentrale in Düsseldorf beziehen. Früher nannte man das ein neues Firmengelände. Heute nennt sich das Vodafone Campus. Da wird es nicht nur um Arbeitsplätze gehen, sondern es gibt eine Menge an Incentives oder Geschichten, die dazu gehören. Es gibt ein Gesundheitszentrum, ein Fitnesszentrum. Sie können dort Haut-Screening machen. Sie können Ihren Impfpass checken lassen. Sie können in Geschäfte gehen. Also, Sie schaffen da möglicherweise den Arbeitsplatz der Zukunft, der nicht nur ein Arbeitsplatz ist, sondern eigentlich eine ganze gelebte Welt. Man hätte schon fast das Gefühl einer geschlossenen Einheit, wo man gar nicht mehr raus muss.
Susan Hennersdorf: Ach, so würde ich das nicht sehen, ganz im Gegenteil. Wir bieten auch an, wir nennen das "flexible work office". Das heißt also, die Menschen können eigentlich selbst entscheiden, ob sie auf diesem Campus arbeiten oder ob sie beispielsweise von zu Hause oder von anderen Örtlichkeiten arbeiten.
Das heißt, es gibt durchaus Möglichkeiten. Die werden ja auch gerade genutzt, um wirklich gerade nicht auf diesem Campus zu sein. Aber was sicherlich richtig ist, ist, dass in dem Campus schon zum Ausdruck kommt oder hoffentlich auch kommen soll - und man muss sagen, die Mitarbeiter, wir haben ja viele Führungen jetzt auch mit den Mitarbeitern, machen die mit den neuen Arbeitsplatzkonzepten vertraut - die Erfahrungen sind super, super positiv, weil es einfach eine Kultur der Offenheit ist.
Wir haben vorhin darüber gesprochen. Unsere Industrie lebt von Innovation. Und ich sage mal, wir haben eine Innovationsgeschwindigkeit Faktor 2 pro Jahr. Innovationsgeschwindigkeit in diesem Tempo kriegen Sie natürlich nur in irgendeiner Form hingestellt, wenn Sie wirklich Menschen haben, die offen sind, die die Diversifizierung und auch Diversity leben können. Das sind Themen, die wir eben einfach versuchen, auch durch dieses Bürokonzept zu unterstützen. Und da ist der Friseur, der da drin ist, eigentlich weniger der Kerntreiber als mehr die Art und Weise, wie auch die Arbeitsplätze beschaffen sind, also dass man eben in vielen Fällen einfach keine fest zugeordneten Schreibtische zum Beispiel mehr hat. Sondern, wenn man auf dem Campus lebt sozusagen, dann checkt man sich ein und dann setzt man sich halt dahin, wo Platz ist. Und das ist mal in meinem ureigenen Funktionsbereich, aber das ist auch mal in einem ganz anderen Funktionsbereich.
Der Austausch, der eben dadurch auch gefördert werden soll, der ist sicherlich hilfreich, um auch unsere Herausforderungen in der Zukunft im Sinne von Austausch, Innovation, Kreativität zu fördern.
Deutschlandradio Kultur: Noch eine Frage mit einer relativ kurzen Antwort, Frau Hennersdorf: Die Bundesnetzagentur will die Entgelte, die Sie und andere Telekommunikationsanbieter den Wettbewerbern für Anrufe in ihre Netze in Rechnung stellen, zum 1. Dezember fast halbieren. Das heißt, Telefonieren wird demnächst für Ihre Kunden billiger?
Susan Hennersdorf: Na, es ist ja schon billiger geworden über die Zeiten.
Deutschlandradio Kultur: Aber jetzt, wenn man am 1. Dezember halbiert.
Susan Hennersdorf: Wir halten das Signal der Bundesnetzagentur, Geld aus dem Markt zu nehmen an der Stelle, wo Infrastruktur geschaffen wird, für falsch. Was richtig ist, ist, dass Preiswettbewerb gefördert wird. Und das sehen wir ja auch. Wenn Sie jetzt einfach mal vergleichen, was kostet eigentlich eine Flatrate zum Telefonieren heute im Vergleich zu vor drei Monaten, dann sieht man, dass da deutlich die Preise gefallen sind. Das heißt also, Telefonieren wird tendenziell günstiger. Ob man - wie gesagt - Geld rausnehmen dort sollte, wo man eigentlich diejenigen hat, die die Netze instand halten und bauen, die eigentlich die Investitionen erwirtschaften müssen, das halte ich für sehr fragwürdig.
Deutschlandradio Kultur: Wir haben leider nicht die Flatrate, wo wir noch lange miteinander reden könnten. Die Zeit ist um. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen für die offenen Antworten.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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