Hoffnung auf mentale Revolutionen
Seit über drei Jahrzehnten wird Simbabwe von Robert Mugabe autokratisch regiert. Der 90-Jährige dominiert das Land - und dessen Image. Die feministische Bloggerin Fungai Machirori möchte das ändern und jungen, visionären Frauen eine Stimme geben.
Mit einem gewinnenden Lächeln öffnet Fungai Machirori die Eingangstür zu ihrem Büro, mitten in Harare. Schon auf den ersten Blick eine starke Frau: groß und kräftig, ein krauser Afro umringt ihr Gesicht. Auf ihrem Schreibtisch liegen zwei Handys neben einem aufgeklappten Laptop. Die 30-Jährige ist ein Workaholic mit einer Mission: Simbabwes Frauen eine Stimme zu geben. Vor gut zwei Jahren hat die Medienwissenschaftlerin die Online-Plattform "Her Zimbabwe" – Ihr Simbabwe – gegründet.
"Die Idee kam mir während meines Studiums. In meiner Abschlussarbeit habe ich mich mit der simbabwischen Frauenbewegung beschäftigt. Darin kam ich zu dem Schluss, dass wir das Internet besser nutzen sollten. Auch um Frauen in der Heimat mit der Diaspora zu vernetzen. Deshalb bin ich nach dem Studium in England zurückgekehrt und habe mich mit Elan in diese neue Aufgabe gestürzt."
Diese Energie springt online direkt über: "Ihr Simbabwe. Ihre Stimme. Ihre Revolution." heißt es da kämpferisch.
"Dahinter steckt der Wunsch, dass die Nutzerinnen unserer Webseite eine mentale Revolution erleben. Das kann bedeuteten, dass sie die Dinge anders betrachten, nachdem sie einen unserer Artikel gelesen haben, oder dass sie sich trauen, etwas in ihrem Leben zu verändern. Darauf hoffen wir: Auf individuelle und kollektive Revolutionen."
Geschichten von mutigen Frauen
In einem Land, in dem Gewalt gegen Frauen an der Tagesordnung ist, kann eine solche Revolution darin bestehen, den Partner zu verlassen oder sich gegen den alltäglichen Sexismus zu wehren. "Her Zimbabwe" zeigt Alternativen auf. Die Abgründe der patriarchalischen Gesellschaft und Geschichten von mutigen Frauen sind regelmäßig Thema von Kommentaren, Essays und Videos. Ebenso wie die kritische Auseinandersetzung mit der Frauenbewegung selbst. Doch es geht nicht nur um klassische Frauenthemen. Alles, was Simbabwe auf den Nägeln brennt, wird debattiert – natürlich aus weiblicher Sicht – die Wirtschaftskrise, der politische Stillstand unter Robert Mugabe, die umstrittenen Ambitionen seiner Frau Grace. Ziel sind mehr Meinungsvielfalt und eine lebendige Diskussionskultur.
"Zimbabwe leidet an einem Mangel freien und unabhängigen Denkens. Viele haben die Fähigkeit dazu verloren. Eine eigene Meinung zu haben, ist nahezu tabu. Einigen fällt es aus kulturellen Gründen schwer; es gehört sich nicht, der älteren Generation zu wiedersprechen. Dieses Problem hat sich durch den Kollaps unseres Landes in den vergangenen Jahren weiter verschärft. Fragen zu stellen, gilt nicht nur als falsch, sondern auch als gefährlich. Man könnte festgenommen werden. Etwas könnte einem zustoßen."
Bloggerin bewegt sich auf dünnem Eis
In einem autokratisch-autoritären Land wie Simbabwe, bewegt sich Fungai Machirori auf dünnem Eis. Immer wieder geht das Regime Mugabe gegen kritische Journalisten und Blogger vor. Manchmal reicht ein einziger Facebook-Eintrag. Doch "Her Zimbabwe" hatte bislang noch keine unangenehmen Besuche der berüchtigten Sicherheitspolizei. Die 30-Jährige schmunzelt amüsiert.
"Auch das könnte kulturelle Gründe haben. Wer sich mit Frauenthemen beschäftigt, wird mehr oder weniger in Ruhe gelassen. Denn die Leute denken: Was sollen diese Frauen schon zu sagen haben. Das wird schon nicht aufsehenerregend sein. Der Blickwinkel entscheidet also darüber, ob man Interesse weckt oder nicht. Aber ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ob wir beobachtet werden und sie nur darauf warten, dass wir einen Fehler machen."
Ein solcher Fehler wäre es, direkte Kritik an Präsident Mugabe oder seiner Machtclique zu üben – doch Fungai Machirori kennt die Fallstricke. "Ihr Simbabwe" setzt auf eine subtilere Revolution.