Taliban-Herrschaft in Afghanistan
2014 konnten afghanische Frauen in ihrem Land noch an Radrennen teilnehmen, wie hier auf dem Bild zu sehen ist. Das ist seit der Machtübernahme der Taliban nicht mehr möglich. © AFP / Shah Marai
Sportlerinnen ohne Zukunft
04:55 Minuten
Afghanische Frauen, die Sport treiben, müssen um ihr Leben fürchten. Das berichtet die 21-Jährige Radrennfahrerin Kamilla aus Bamiyan. Sie und ihre Freundinnen verbrannten ihre Urkunden, als die Taliban an die Macht kamen.
Kamilla schaut den Jungs hinterher, die mit Volldampf einen Hügel hinunter rasen. Kamilla hat Tränen in den Augen. Vielleicht vom Staub, den ihre männlichen Teamkollegen gerade aufwühlen, aber wohl auch vor Wut und Trauer:
„Als die Taliban hier die Macht übernommen haben, haben Mädchen und Frauen aus unserem Rennradteam ihre Medaillen und Urkunden verbrannt oder vernichtet. Einige haben sogar ihre Räder zertrümmert oder versucht, sie zu verkaufen. Ich selbst habe alles an einem sicheren Ort versteckt.“
„Als die Taliban hier die Macht übernommen haben, haben Mädchen und Frauen aus unserem Rennradteam ihre Medaillen und Urkunden verbrannt oder vernichtet. Einige haben sogar ihre Räder zertrümmert oder versucht, sie zu verkaufen. Ich selbst habe alles an einem sicheren Ort versteckt.“
Die Taliban haben sich nicht verändert
Kamilla ist 21 Jahre alt. Bis Mitte August ist sie für das Team Bamiyan Rennen gefahren. Bamiyan ist eine Provinz in Zentralafghanistan, berühmt geworden durch die Buddha-Statuen, die die Taliban vor mehr als 20 Jahren in die Luft gesprengt hatten. Groteskerweise bewachen die Islamisten heute das Weltkulturerbe, seitdem sie im August die Macht im Land wieder übernommen haben.
Kamilla, die ehemalige Rennradfahrerin, sagt, die Taliban von heute hätten sich im Vergleich zu früher kein Stück verändert:
„Meine Familie wollte gar nicht, dass ich zum Interview komme. Die haben Angst, dass die Taliban mir was antun. Ein kleines Mädchen aus meiner Nachbarschaft hat letztens ihr Rad genommen, um damit zum Markt zu fahren. Ein Talib hat sie dann angehalten, ihr ins Gesicht geschlagen und gesagt: ‚Ich will dich nie mehr auf diesem Fahrrad hier sehen.’“
„Meine Familie wollte gar nicht, dass ich zum Interview komme. Die haben Angst, dass die Taliban mir was antun. Ein kleines Mädchen aus meiner Nachbarschaft hat letztens ihr Rad genommen, um damit zum Markt zu fahren. Ein Talib hat sie dann angehalten, ihr ins Gesicht geschlagen und gesagt: ‚Ich will dich nie mehr auf diesem Fahrrad hier sehen.’“
Keine Videoaufnahmen von Frauen beim Sport
„Unislamisch“ sei das, sagen die Taliban. Die Islamisten behaupten sogar, es gehe ihnen vor allem um den Schutz von Frauen. Der stellvertretende Leiter der Kulturkommission, Ahmadullah Wasiq, hat das in einem ausländischen Fernsehsender dann so erklärt:
„Wir sind im Medienzeitalter. Das heißt, es würde Bilder und Videos von den Frauen geben. Der Islam und das islamische Emirat erlauben es nicht, dass Frauen Sport machen, bei dem sie ungeschützt zu sehen sein könnten. Sie brauchen auch keinen Sport, das sieht der Islam nicht vor.“
„Wir sind im Medienzeitalter. Das heißt, es würde Bilder und Videos von den Frauen geben. Der Islam und das islamische Emirat erlauben es nicht, dass Frauen Sport machen, bei dem sie ungeschützt zu sehen sein könnten. Sie brauchen auch keinen Sport, das sieht der Islam nicht vor.“
Jugendnationalspieler Zaki stirbt auf der Flucht
Als die Taliban vor mehr als 20 Jahren zum ersten Mal in Afghanistan an die Macht gekommen sind, haben sie die Stadien im Land genutzt, um vor Publikum Menschen auf dem Spielfeld hinrichten zu lassen. Deshalb haben viele Sportlerinnen und Sportler nun auch versucht, das Land zu verlassen. Jetzt leben sie an unterschiedlichen Orten auf der Welt, einige auch in Deutschland.
Andere, wie Zaki, ein ehemaliger Jugendnationalspieler der afghanischen Fußballmannschaft, haben es nicht geschafft: „Fußball war seine große Leidenschaft”, erzählt Haji, er ist Zakis großer Bruder. „Er wollte das Land verlassen, um seinen Traum zu erfüllen: Er wollte Profifußballer werden.”
Am 16. August, einen Tag nach der Machtübernahme der Taliban, ist der 19-Jährige zum Flughafen gefahren, um einen Flieger der Luftbrücke zu erreichen. Er war mit Tausenden Menschen auf dem Rollfeld, als eine amerikanische Militärmaschine starten wollte. Er kam unter die Räder. Zaki ist auf der Flucht vor den Taliban ums Leben gekommen.
Am 16. August, einen Tag nach der Machtübernahme der Taliban, ist der 19-Jährige zum Flughafen gefahren, um einen Flieger der Luftbrücke zu erreichen. Er war mit Tausenden Menschen auf dem Rollfeld, als eine amerikanische Militärmaschine starten wollte. Er kam unter die Räder. Zaki ist auf der Flucht vor den Taliban ums Leben gekommen.
Für Männer gibt es Hoffnung, für Frauen nicht
Dennoch hoffen einige im Land darauf, dass die Taliban nun doch Sport zulassen werden. Im Fußballstadion in Kabul haben schon die ersten Trainings stattgefunden. Das afghanische Cricket-Nationalteam hat gerade beim T 20 World Cup gute Erfolge erzielt.
Und die Saison vom afghanischen Nationalsport Buzkashi hat gerade begonnen. Buzkashi ist ein beliebter Reitsport: Das Ziel ist, eine tote Ziege im Galopp zu ergreifen und vor einem Preisrichter abzulegen. Jeder spielt gegen jeden, und alles ist erlaubt, um an die Ziege heranzukommen. Auch dieser Sport war damals unter den Taliban verboten, aber nun spielen in den Provinzen sogar Taliban-Kommandeure mit.
Die Akteure: Männer. Die Zuschauer: Männer und Jungs. Für Frauen im Sport, sagt Kamilla aus Bamiyan, gebe es keine Hoffnung mehr in Afghanistan:
„Viele Sportlerinnen wie ich sind hier zurückgelassen worden. Deshalb erheben wir unsere Stimme: Unser Leben ist in Gefahr, wir dürfen keinen Sport mehr machen. Wir haben keine Zukunft mehr in unserem Land.”
Und die Saison vom afghanischen Nationalsport Buzkashi hat gerade begonnen. Buzkashi ist ein beliebter Reitsport: Das Ziel ist, eine tote Ziege im Galopp zu ergreifen und vor einem Preisrichter abzulegen. Jeder spielt gegen jeden, und alles ist erlaubt, um an die Ziege heranzukommen. Auch dieser Sport war damals unter den Taliban verboten, aber nun spielen in den Provinzen sogar Taliban-Kommandeure mit.
Die Akteure: Männer. Die Zuschauer: Männer und Jungs. Für Frauen im Sport, sagt Kamilla aus Bamiyan, gebe es keine Hoffnung mehr in Afghanistan:
„Viele Sportlerinnen wie ich sind hier zurückgelassen worden. Deshalb erheben wir unsere Stimme: Unser Leben ist in Gefahr, wir dürfen keinen Sport mehr machen. Wir haben keine Zukunft mehr in unserem Land.”