Freibeuterei in der Karibik
Crichton fällt mit seinem Piratenschmöker weit hinter den Spaß-Faktor der "Fluch der Karibik"-Filme zurück – und noch viel weiter hinter das Niveau, das der große Patrick O`Brian mit seinen Seefahrer-Romanen um Captain Jack Aubrey literarisch definiert hat.
Im November 2008 ist Michael Crichton gestorben. Jetzt, ein Jahr später, kommt sein letztes Buch – "Gold – Pirate Latitudes" auch bei uns auf den Markt, dessen Manuskript laut Verlag man im Nachlass gefunden habe. Ob Crichton das Werk allerdings wirklich so, wie es ist, autorisiert hätte, weiß man nicht, denn dieser Piratenschmöker ist ein teilweise untypisches Crichton-Buch.
Die Geschichte um den Freibeuter Captain Charles Hunter, der im 17. Jahrhundert in der Karibik den ultimativen Raubzug gegen eine spanische Festung mit dem dort vor Anker liegenden Schatzschiff unternimmt und dabei allerlei piratentypische Abenteuer bestehen muss, ist Crichton-typisch karg geschrieben. Die Figuren, ob Pirat, Gouverneur, sadistischer Spanier, mörderische Lesbe oder Hure mit Herz, sind platt; reine Funktionsträger ohne jeden interessanten oder überraschenden Aspekt. Der Plot ist simpel: Die spanische Festung muss geknackt werden, dafür werden Spezialisten angeheuert –, darunter ein Verräter. Man rauft sich zusammen, überwindet unmöglich erscheinende Hindernisse wie in "Mission Impossible", wird verfolgt, entrinnt knapp, wähnt sich in Sicherheit, bis endlich der letzte Schlag der Bösen erfolgt, die dann im Showdown ihrem gerechten Schicksal zugeführt werden. Das alles erzählt Crichton hölzern, steif, uninspiriert und ohne jeden Funken Witz und Ironie. Soweit also alles ganz normal. Ein Crichton-Roman eben.
Nicht unbedingt typisch ist, dass Crichton ganz einfach der Erfolgsspur der "Pirates of the Caribbean"-Filme hinterherschreibt – bis ins Detail, etwa einer ansonsten völlig sinnlosen und unrealistischen Begegnung der Piraten mit einer fresswütigen Riesenkrake, die wir aus dem zweiten Filmteil kennen.
Karibik, Piraten, Schätze – altehrwürdige und von den Klassikern seit Stevensons "Schatzinsel" erschöpfend behandelte Themen, die eben erst wieder im Kielwasser von Johnny Depps postmodernen und vergnüglich ironischen Genre-Spielereien machbar waren. Crichton fällt mit seinem gusseisernen Konzept weit hinter den Spaß-Faktor der Filme zurück – und noch viel weiter hinter das Niveau, das der große Patrick O`Brian mit seinen Seefahrer-Romanen um Captain Jack Aubrey literarisch definiert hat.
Und noch etwas fällt auf bei Crichton: Es war ihm immer gelungen, Themen und Trends zu setzen – seit "Emergency Room" und seit "Jurassic Park". Auch wenn er seine Themen strikt im Sinne der amerikanischen Konservativen streitbar verhandelte (ganz deutlich in "Nippon Connection", zuletzt in "Welt in Angs"t), immerhin konnte er damit der üblichen Bestsellerei ein Surplus geben.
Hier aber gibt es keinen Konflikt, kein Thema-, nichts, was nicht in jedem anderen x-beliebigen Piratenschmöker auftauchen könnte. Trotzdem, und vielleicht liegt da Crichtons Geheimnis, liest man die Schwarte bis zur letzten Seite durch. Vermutlich in der Hoffnung, irgendwo komme noch der große Dreh, der geniale Zug, die halsbrecherische Volte – vielleicht gar ein aktueller Bezug zur heutigen Piraterie. Sogar skeptische Leser ans Buch binden zu können, das ist dann vermutlich wirklich Crichtons Zauberformel.
Besprochen von Thomas Wörtche
Michael Crichton: Gold – Pirate Latitudes
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
München, Karl Blessing Verlag 2009
365 Seiten, 19,95 Euro
Die Geschichte um den Freibeuter Captain Charles Hunter, der im 17. Jahrhundert in der Karibik den ultimativen Raubzug gegen eine spanische Festung mit dem dort vor Anker liegenden Schatzschiff unternimmt und dabei allerlei piratentypische Abenteuer bestehen muss, ist Crichton-typisch karg geschrieben. Die Figuren, ob Pirat, Gouverneur, sadistischer Spanier, mörderische Lesbe oder Hure mit Herz, sind platt; reine Funktionsträger ohne jeden interessanten oder überraschenden Aspekt. Der Plot ist simpel: Die spanische Festung muss geknackt werden, dafür werden Spezialisten angeheuert –, darunter ein Verräter. Man rauft sich zusammen, überwindet unmöglich erscheinende Hindernisse wie in "Mission Impossible", wird verfolgt, entrinnt knapp, wähnt sich in Sicherheit, bis endlich der letzte Schlag der Bösen erfolgt, die dann im Showdown ihrem gerechten Schicksal zugeführt werden. Das alles erzählt Crichton hölzern, steif, uninspiriert und ohne jeden Funken Witz und Ironie. Soweit also alles ganz normal. Ein Crichton-Roman eben.
Nicht unbedingt typisch ist, dass Crichton ganz einfach der Erfolgsspur der "Pirates of the Caribbean"-Filme hinterherschreibt – bis ins Detail, etwa einer ansonsten völlig sinnlosen und unrealistischen Begegnung der Piraten mit einer fresswütigen Riesenkrake, die wir aus dem zweiten Filmteil kennen.
Karibik, Piraten, Schätze – altehrwürdige und von den Klassikern seit Stevensons "Schatzinsel" erschöpfend behandelte Themen, die eben erst wieder im Kielwasser von Johnny Depps postmodernen und vergnüglich ironischen Genre-Spielereien machbar waren. Crichton fällt mit seinem gusseisernen Konzept weit hinter den Spaß-Faktor der Filme zurück – und noch viel weiter hinter das Niveau, das der große Patrick O`Brian mit seinen Seefahrer-Romanen um Captain Jack Aubrey literarisch definiert hat.
Und noch etwas fällt auf bei Crichton: Es war ihm immer gelungen, Themen und Trends zu setzen – seit "Emergency Room" und seit "Jurassic Park". Auch wenn er seine Themen strikt im Sinne der amerikanischen Konservativen streitbar verhandelte (ganz deutlich in "Nippon Connection", zuletzt in "Welt in Angs"t), immerhin konnte er damit der üblichen Bestsellerei ein Surplus geben.
Hier aber gibt es keinen Konflikt, kein Thema-, nichts, was nicht in jedem anderen x-beliebigen Piratenschmöker auftauchen könnte. Trotzdem, und vielleicht liegt da Crichtons Geheimnis, liest man die Schwarte bis zur letzten Seite durch. Vermutlich in der Hoffnung, irgendwo komme noch der große Dreh, der geniale Zug, die halsbrecherische Volte – vielleicht gar ein aktueller Bezug zur heutigen Piraterie. Sogar skeptische Leser ans Buch binden zu können, das ist dann vermutlich wirklich Crichtons Zauberformel.
Besprochen von Thomas Wörtche
Michael Crichton: Gold – Pirate Latitudes
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
München, Karl Blessing Verlag 2009
365 Seiten, 19,95 Euro