Freiburger Barockorchester: "Robert Schumann - Violinkonzert + Klaviertrio Nr. 3, op. 110"
Schumann auf Darmsaiten
Das Freiburger Barockorchester hat Schumann neu eingespielt. Die Musik ist klar, durchsichtig und nuancenreich, meint Haino Rindler. Und das liegt vor allem am Klang der historischen Instrumente, die zum Einsatz kamen.
Isabelle Faust: "Wir haben uns davon eigentlich erhofft, diesen Schumann ein bisschen eingehender zu erforschen und auch dem Publikum die Gelegenheit zu geben, da ein bisschen breitflächiger einzutauchen und ihn auch über gewisse Jahre zu beobachten."
Es wurde zu einer abenteuerlichen Reise in die Welt von Robert Schumann. Keine dieser Reisen, die man unbeschwert mit leichtem Reisegepäck genießt, sondern eine Reise, auf der jeder Schritt erobert werden muss. Eine Bergtour.
Robert Schumanns Violinkonzert hat ein schweres Erbe, für das der Komponist eigentlich nichts kann. Vom Geiger Joseph Joachim wurde es als das Werk eines Geisteskranken gebrandmarkt, nachdem er von Schumanns Einweisung erfahren hatte. Unter den Nazis wurde es uraufgeführt als arischer Ersatz für den geächteten Mendelssohn. Und dann kommt noch etwas dazu:
"Es ist uns alle gerade in diesem exklusiven Schumann-Monat so gegangen, dass wir quasi in so eine Spirale hineinkamen. Das ist Musik, die so tief berührt. Und auch auf so eine quasi so verlorene Art und Weise und eben ganz unspektakuläre Schreibweise, vor allem im Violinkonzert auch, dieses ständig sich in den mittleren Registern aufhalten. Und dann plötzlich muss man mal ganz hoch springen und dann doch einen virtuosen Lauf hinlegen. Und das Ganze eigentlich äußerst 'unviolinistisch' geschrieben..."
Für das Orchester war Schumann Neuland
Und doch, so sagt Isabelle Faust, ist dieses Werk reine Musik, reine Innerlichkeit, der ungeschönte Ausdruck eines Grenzgängers.
"Dieses Winden hat auch mit Schumanns Persönlichkeit einfach viel zu tun. Er hatte auch kein Leben wie Mendelssohn, was geradeaus ging. Sondern das war alles doch immer viel mit Krisen verbunden. Und das kommt natürlich in diesem Stück auch durch."
Die Frage, mit welchem Orchester die Reise zu Schumann zu unternehmen sei, war schnell geklärt: Es sollte das Freiburger Barockorchester sein, erfahren im Umgang mit historischer Aufführungspraxis, dazu Alte-Musik-Spezialist Pablo Heras Casado. Schumann auf Darmsaiten – keine Selbstverständlichkeit.
"Wir haben uns gleich am Anfang des Projektes für diese Konstellation entschieden. Vor allem fürs Violinkonzert habe ich mir eine deutliche Artikulation vom Orchester versprochen. Für die war Schumann tatsächlich Neuland. Die haben die Proben tatsächlich zwei Tage vorher angefangen, denn auf 440 und mit teilweise neuen Instrumenten war das alles auch gar nicht so selbstverständlich. Das heißt, für die war das auch ein sehr aufregendes Projekt. Und die haben sich da wirklich mit Fleisch und Blut hineingestürzt. Wir haben da einfach Luxus erlebt, was das betrifft."
Im Kontrast zur herkömmlichen Schumann-Auffassung
Und diese Luxus-Version von Schumanns Violinkonzert fällt durch viele Merkmale aus dem Einerlei der Schumann-Einspielungen heraus: durch ihre klare, durchsichtige Textur, die nuancenreiche Gestaltung, auch durch den obertonreichen, ungewöhnlich schillernden und schlanken Klang der historischen Instrumente, der geradezu im Kontrast zur herkömmlichen Schumann-Auffassung steht.
"Das hat seine Vorteile für die Struktur, für die Transparenz, für die Details von diesem Stück. Und sicher auch für diese Art von Reduktion in diesem Violinkonzert. Da denke ich, ok, wir lassen jetzt jegliche Schnörkel und jeglichen Ballast einfach weg, und wir konzentrieren uns auf die Essenz. Das Stück kommt mir so vor, als eben Spätstil auch Schumanns. Dafür – glaube ich – ist diese Konstellation sehr gut gewesen."
Und so ist diese Rückkehr zu den Wurzeln Schumanns nicht nur eine Art Katharsis mit entschlackender Wirkung. Es ist auch der Aufbruch in eine bisher fast unbekannte Welt, die uns so nahe scheint und doch so fern ist: die Welt von Robert Schumann – dem genialen Komponisten der Romantik.