Freiheitsmuseum in der Villa Schöningen

Von Barbara Wiegand |
Auch in Potsdam bringt der Fall der Mauer vor 20 Jahren diverse Feierlichkeiten mit sich. Am Sonntag eröffnet dort die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem polnischen Außenminister Radoswaw Sikorski und dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger ein Freiheitsmuseum in der rekonstruierten Villa Schöningen.
Von den Tränen, die ihm in den Augen standen, erzählt ein Westberliner Polizist - als die Menschen zu Hunderten, die nahe des neuen Museums gelegene Glienicker Brücke von Ost nach West und West nach Ost überqueren durften, vom mulmigen Gefühl, das er hatte, berichtet dagegen ein DDR-Grenzbeamter, der auf der anderen Seite des zuvor für gewöhnliche Menschen unüberwindbar im Sperrgebiet gelegenen Baus Pässe kontrollierte.

Erinnerungen an den Tag, nach dem die Mauer fiel, als am 10. November die unweit der Villa Schöningen gelegenen Glienicker Brücke geöffnet wurde - Erinnerungen an den Tag der Freiheit - im Freiheitsmuseum. Um ihnen lauschen zu können, muss man allerdings die kleinen Kopfhörer, die neben den Videostationen hängen, schon sehr fest ans Ohr pressen. Sonst versteht man im Stimmengewirr der Besucher und der teilweise laut in den Raum ausgestrahlten Politiker Interviews nicht wirklich viel. Und so ungünstig konzipiert, wie der akustische Teil der Schau oftmals ist, so schwer haben es die Exponate überhaupt, zur Geltung zu kommen. Ein ums andere Foto flimmert über zahlreiche Flachbildschirme, vom Jubel Tag der Freiheit, vom Agentenaustausch, der die Brücke zwar weltberühmt machte, aber nur einige wenige Male dort stattfand. Dazwischen Volkspolizei-Uniformen, Reisepässe und Reste von Grenzbefestigungen wie den am Uferbereich ausgelegten, aus stählernen Spießen bestehenden Stalinrasen. All das wirkt doch sehr assoziativ, fast ein bisschen willkürlich zusammengestellt - dem hohen Anspruch des Projektes zum Trotz.

"Ziel ist ein Museum für jedermann, auch gerade für junge Leute zu etablieren. Ziel ist es, auf die Schrecken des Totalitarismus hinzuweisen. Aber Ziel ist es vor allem, die Freiheit zu preisen und einen fröhlichen Ort der Freiheit zu schaffen","

erläutert Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, der gemeinsam mit dem Manager und Freund Leonhard Fischer die Villa Schöningen erwarb und in den letzten 18 Monaten aufwendig sanieren ließ. Dabei war stets klar, dass das Haus, sein Ort und seine Geschichte im Mittelpunkt der Nutzung stehen sollten.

Weil Friedrich Wilhelm IV das ursprünglich dort stehende Haus eines Bootsbauers ein solch unästhetischer Dorn im Auge war, dass er dort nach den Plänen des Architekten Persius eine Villa im italienischen Stil errichten ließ. Später kam es in den Besitz der jüdischen Bankiersfamilie Wallich, die von den Nazis enteignet wurde. In der DDR war es Kinderwohnheim, im wiedervereinten Deutschland Spekulationsobjekt - bis es Döpfner und Fischer vor gut zwei Jahren erwarben und ihr ehrgeiziges Projekt starteten. Ein Projekt, das auf nur 300 Quadratmetern nicht nur die eingangs beschriebene Dauerausstellung im Erdgeschoss präsentiert, sondern im ersten Stock auch wechselnde Schauen zeitgenössischer Kunst. Hier hat man eine glücklichere Hand bewiesen. In einer Kooperation mit der Kunsthalle Wien und ihrem Ausstellungsprojekt 1989 zeigt man hier etwa die Videoarbeit von Marcel Odenbach mit dem Titel "Niemand ist mehr da, wo er hinwollte" - als melancholische Reminiszenz an Tage des Aufbruchs. Oder die Gemälde von Ilya und Emilia Kabakov - mit ihren großen weißen Leerstellen. Gerald Matt, Direktor der Wiener Kunsthalle:

""Hier habe ich die Arbeiten, die fast schneeartig Szenen des Alltags im Sowjetsystem überdecken. Kabakov hat ja auch von einer gefrorenen Zeit gesprochen. In Deutschland spricht man eher von einer bleiernen Zeit. Einer Zeit des Stillstands. Ein System, das eigentlich auf Fortschritt, auf Veränderung ausgelegt war, aber wie unter einer Käseglocke wirkte."

So bleibt nach dem Rundgang durch das prächtig sanierte Haus ein zwiespältiges Gefühl: Es gibt einerseits die Enttäuschung über eine doch recht einfallslos zusammengestellte Dauerausstellung, andererseits recht sehenswerte zeitgenössische Kunst. In jedem Falle ist es das Verdienst der privaten Initiatoren, in der Villa Schöningen, einem derart von der Geschichte der deutschen Teilung geprägten Ort, diese Vergangenheit und ihre Spuren ein Stück weit zu bewahren - in einer Zeit, in der von öffentlicher Seite darauf oft erschreckend wenig Wert gelegt wird. Sie tun das im Übrigen erfreulich ideologiefrei.