Freiräume verteidigen

Kabarett und Fußball: Spiele auf offener Bühne

55:50 Minuten
Der Kabarettist Andreas Rebers dunkel ausgeleuchtet in einer Bühnensituation, neben einem Archivfoto von 1977 mit Dietmar Demuth am Ball beim Spiel zwischen 1. FC Saarbrücken - FC St. Pauli.
Kabarettist Andreas Rebers und der Exprofi und ehemalige Fußballtrainer Dietmar Demuth sprechen darüber, was sich im Laufe ihrer Karrieren gewandelt hat. © Collage: Susie Knoll, imago/ Ferdi Hartung
Von Heinz Schindler und Thomas Wheeler · 31.10.2021
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Der eine macht politisches Kabarett, der andere saß auf der Trainerbank beim FC St. Pauli, Chemie Leipzig und Babelsberg 03. Andreas Rebers und Dietmar Demuth sprechen über politische Einstellungen im Stadion und veränderten Zeitgeist.
Im Licht der Öffentlichkeit ist man nicht alleine. Heute noch weniger als früher. Kommunikation ist keine Einbahnstraße mehr, manche Retourkutsche wird zur Geisterfahrt. Man muss zur Seite springen und andere achten darauf, dass es die richtige Seite ist.

Das gilt für klassische Bühnenberufe, aber auch dort, wo mediale und virtuelle Bühnen erschaffen worden sind. Kabarettist Andreas Rebers und Fußballtrainer Dietmar Demuth erfahren das gleichermaßen. Der eine wird - gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen - politisch lokalisiert. Der andere saß oftmals dort auf der Trainerbank, wo die politische Verortung des Vereins fast noch wichtiger scheint als die nackten Ergebnisse. Ob nun beim FC St. Pauli, bei Chemie Leipzig oder bei Babelsberg 03. Diese Vereine gelten als politisch links, was ihr früherer Trainer distanziert betrachtet. "Es ist schön, dass sie sich dafür einsetzen. Aber ich habe was dagegen, wenn die Politik mit ins Stadion kommt." Das habe er zum Beispiel den Fans in Babelsberg gesagt. "Und ich muss nicht noch Fahnen von Ernst Thälmann schwingen, das hat im Fußball nichts zu suchen."

Welche Macht haben Bilder und Regie?

Demuth und Rebers sprechen darüber, was sich im Laufe ihrer Karrieren gewandelt hat: der Zeitgeist, die eigene oder die Wahrnehmung durch andere? Welche Macht haben Bilder und Regie - Demuth ist passiv medienerfahren, Rebers war Schauspielleiter am Theater - oder welche Ohnmacht hat man selbst, weil jemand anders Regie führt, seien es die klassischen Medien oder Social Media?

Einschränkungen, die nicht immer gutzuheißen sind

"Früher haben Kabarettisten Fernsehen gemacht. Hildebrand hat Fernsehen gemacht, Hüsch hat Fernsehen gemacht, Polt hat Fernsehen gemacht. Jetzt macht Fernsehen Kabarett", sagt Andreas Rebers, der sein erstes Soloprogramm vor dreißig Jahren gespielt hat. "Mittlerweile ist es auch so, dass im Zuge der Political Correctness die Redaktionen einen sehr starken Einfluss nehmen auf das, was gesagt wird." Das gilt es einerseits zu respektieren, andererseits sieht der 63-jährige Einschränkungen entstehen, die nicht immer gutzuheißen sind. "Spielräume sind wichtig - auf der Bühne, ebenso im Fußball. Man braucht Freiräume. Und wenn man einer Figur die Sprache nimmt, funktioniert sie nicht."

Kein Blatt vor den Mund genommen

Dietmar Demuth, der als Spieler des FC St. Pauli kein Blatt vor den Mund nahm, überträgt Rebers' Beobachtungen in seinen Bereich. "Kommentare von Spielern? - Die sind ja vorgekaut. Das ist ja chemisch gereinigt. Was anderes dürfen sie gar nicht sagen und wenn nicht, dann dürfen sie nicht vors Mikro."
Fußballtrainer Dietmar Demuth und Kabarettist Andreas Rebers beim Treffen in Berlin.
Fußballtrainer Dietmar Demuth und Kabarettist Andreas Rebers beim Treffen in Berlin.© Tommy Wheeler
Bei uns am Mikrofon erzählt Demuth auch von seinem Aufenthalt in Ghana, der in privater Hinsicht erfolgreicher war als in sportlicher. Rebers berichtet unter anderem über seinen Job im Irak aus der Zeit vor seiner Bühnenkarriere. Beide reflektieren zudem die Rolle der Medien - aus eigenen Erfahrungen und im politischen Diskurs.
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