Überraschende Wende im Gezi-Prozess
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Neun Aktivisten, die sich an den Gezi-Protesten beteiligt haben, waren angeklagt. Der Vorwurf: Sie wollten die türkische Regierung stürzen. Jetzt wurden sie überraschend freigesprochen. Was steckt dahinter?
Lebenslange Haft unter erschwerten Bedingungen forderte die türkische Staatsanwaltschaft für die Aktivisten Osman Kavala, Mücella Yapici und Yigit Aksakoglu. Sie hatten sich bei den Gezi-Protesten im Jahr 2013 in Istanbul engagiert und sollen den Umsturz der türkischen Regierung angestrebt haben. Nun wurden die drei zusammen mit sechs weiteren Aktivisten von den Vorwürfen freigesprochen, weil es, so das Gericht, keine "ausreichenden Beweise" für die Vorwürfe gebe.
Kristian Brakel, Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul, zeigt sich vom Urteil "sehr überrascht". Keiner habe einen Freispruch erwartet, betont Brakel, der den Prozess selbst beobachtet hat. Eine mögliche Erklärung sei, dass gegenwärtig ein Kampf im Justizsystem, im Militär und der Bürokratie stattfinde, weil sich in der Türkei politische Änderungen abzeichneten und Präsident Erdgogan an Macht verliere. Dabei wolle man nicht auf der falschen Seite stehen.
Glaubhafter finde Brakel eine andere Erklärung: "Dieser Prozess war einer der wenigen Prozesse, die aus dem Ausland sehr aufmerksam beobachtet wurden. Auch aus Deutschland. Und das war eins der großen Hindernisse, die im Weg standen, damit die türkische Regierung und die Bundesregierung sich wieder näher kommen und die Zusammenarbeit zu bestimmten Themen wieder aufnehmen können. Dieses Prozesses wollte man sich vielleicht entledigen."
(leg)