"Es gab sofort die rote Karte"
Kurz vor dem großen Jubiläum des Kunstmuseums Wolfsburg ist der Direktor Ralf Beil mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Beil glaubt nicht, dass nur sein kritischer Blick auf das Ölzeitalter der Grund für den Rauswurf war.
Den endgültigen Auflösungsvertrag habe er erst am Mittwoch erhalten, sagte Ralf Beil im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Besonders erstaunlich seien für ihn darin die Passagen, die den totalen Verzicht auf seine Urheberrechte vorgesehen hätten, sowie eine Pressemitteilung, die ihn als Kündigenden ausgewiesen hätte:
"Und das just vor dem Jubiläumsjahr, wo ich eigentlich doch mit vollen Kräften dabei bin, diese Projekte durchzuziehen. Das war einfach nicht akzeptabel."
Keine Begründung für den Rauswurf
Seltsam sei gewesen, dass es für ihn keine richtigen Gründe für die Freistellung gegeben habe. "Es gab keine gelbe Karte, es gab sofort die rote Karte."
Er habe regulär seine Vertragsverlängerung für den 2020 auslaufenden Vertrag beantragt. Und in einem dazu erfolgten Gespräch sei ihm mitgeteilt worden, dass das Unternehmen ab sofort einen neuen Direktor suche. "Was sie mir nicht sagen konnten war, was eigentlich das Problem ist. Mir wurde lediglich gesagt, ich hätte einigen Personen in Wolfsburg auf die Füße getreten."
Was ein Museum leisten kann
Beil habe dann von Dritten gehört, dass das Museum künftig mehr den VW-Konzern unterstützen solle.
"Das kann doch nicht Sinn und Zweck eines Museums sein, dass wir Zulieferer werden für Ideen, die dann wohlwollend aufgenommen werden. Ich denke, wir sind ein Spiegel bestenfalls für die Welt und die Menschen, die dort in dieses Museum hineingehen. Wir können dort Gedanken anregen und das ist das ganz Wesentliche."
Dass es einen Zusammenhang zu seiner für den nächsten Herbst geplanten Ausstellung "Schönheit und Schrecken des Ölzeitalters" gebe, sei sicherlich ein Aspekt für die Freistellung.
Das Diesel-Thema ergab sich von selbst
Sein erstes Ausstellungsprojekt "Wolfsburg unlimited" sei direkt in die Zeit des Diesel-Skandals gefallen: "Das heißt, ich habe mich mit Wolfsburg beschäftigt, aber natürlich notwendigerweise auch mit dem Diesel-Thema. Ich habe jetzt im Jubiläumsjahr ganz bewusst programmatisch die Frage gestellt, 'Was kann ein Museum bewirken' mit diesem Thema in dieser Stadt, weil es dort so akut ist."
Dabei sei es nicht nur um das Auto gegangen, sondern auch um das Fliegen, den Schiffsverkehr und vor allem das Erdöl, das uns vom Schmerzmittel bis zur Zahnbürste umgebe. Als "Zünglein an der Waage" habe das vielleicht dann auch zu seiner Freistellung geführt.
Autobauer halten zu Beil
Dabei erfahre er große Unterstützung von Wolfsburgern:
"Es ist nicht so, dass die Wolfsburger alle Autobauer sind, die nichts anderes als den Dieselgeruch lieben. Es ist einfach schade, dass es dort eine kleine Fraktion von Leuten gab, die aber doch so viel Einfluss haben, dass sie das durchsetzen können. Und dass ich dadurch meine Arbeit nicht so zu Ende führen kann, wie ich mir das gewünscht hätte, auch im Sinne der Stadt und auch im Sinne der Kunst und Kultur."
Eigentlich hätte er auch mit der regulären Kündigungsfrist von sechs Monaten die große Sammlungsausstellung bis zum 31. März realisieren können und dann die Ausstellung soweit vorantreiben können, dass sie mit Katalog und Werkauswahl fertig vorbereitet gewesen wäre. "Für mich, in diesem Moment, habe ich den Eindruck, es ist nicht gewollt, dass man zu sehr unabhängig – vielleicht mit einer kritischen Note – diese Arbeit macht. Man sollte mich nicht als den 'Kritiker-Kurator' bezeichnen; ich versuche durchaus sehr sinnlich zu arbeiten, aber auch das wohl die Kritiker nicht überzeugen können."