Freizeitforscherin: Tourismusbranche ist "Leitökonomie der nachindustriellen Gesellschaft"

Nach Einschätzung der Tourismus- und Freizeitforscherin Felizitas Romeiß-Stracke muss sich die Reisebranche auf grundlegende Veränderungen einstellen.
Man lebe gegenwärtig in einer Zeit des Umbruchs. Davon sei auch die Tourismusbranche nicht frei, sagte Romeiß-Stracke am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur. Mit dem allgemeinen Wandel von einer Industrie- zu einer nachindustriellen Gesellschaft ändere sich auch die Art des Reisens, erläuterte die Soziologin.

Statt "Pauschalreisen vom Fließband" werde der Tourismus individueller, mehr auf die einzelnen Bedürfnisse zugeschnitten. "Das setzt voraus, dass man eine sehr, sehr gute Kenntnis nicht der Märkte, sondern der Menschen hat. Und da hapert es häufig noch." Laut Romeiß-Stracke wird der Trend zu Wellness-Reisen auch künftig anhalten, weil die Menschen spürten, dass sie für ihre Gesundheit verantwortlich seien.

Außerdem werde die Nachfrage nach Angeboten steigen, die den Einzelnen persönlich weiterbringen. Dabei gehe es nicht um Fortbildung, sondern darum, neue Erfahrungen zu machen oder Fähigkeiten zu entwickeln. Die Tourismusbranche sei die "Leitökonomie der nachindustriellen Gesellschaft", weil die meisten Menschen "nur im Urlaub so etwas ausprobieren" könnten, sagte die Soziologin.

Nach Ansicht von Romeiß-Stracke hat die Angst vor Terroranschlägen oder anderen Gefahren nur einen begrenzten Einfluss auf das Reiseverhalten. Bei Buchungen für die Türkei sei unter anderem wegen der Vogelgrippe derzeit eine gewisse Zurückhaltung zu bemerken, dies sei aber ein "temporäres Phänomen".

Dagegen sei der Terrorismus "etwas, womit man lernt zu leben". Da die Angst vor Anschlägen inzwischen weltweit gelte, sagten sich viele Menschen, dass es sie "überall treffen" könne. Die Tourismusforscherin verwies darauf, dass die Branche inzwischen auch begonnen habe, offen über Gefahren zu informieren.