Tropische Leere in Brandenburg
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An einem normalen Wintertag empfängt das „Tropical Islands“ in Brandenburg Tausende Besucher. Doch jetzt im Lockdown sind nur ein paar Mitarbeiter unterwegs. In der verwaisten Halle lassen sich jetzt sogar die dort lebenden scheuen Fasane blicken.
Eigentlich müsste vor uns jetzt ein riesiger Dom auftauchen, ein 66.000 Quadratmeter großer, ehemaliger Luftschiffhangar zwischen Wald und Wiesen. Heute kann man die Halle aber höchstens erahnen. Kein großer Aha-Effekt also: "Leider Gottes ist es komplett nebelig. Man sieht gar nichts."
Auf einem Kreisverkehr kündigen ein paar falsche Palmen und ein zugeschneiter Schriftzug an, dass wir uns dem "Tropical Islands" nähern - einem großen Schwimmbad, das mit seinen tropischen Pflanzen, Wasserrutschen und künstlichen Sandstränden an eine Mischung aus Vergnügungspark und Truman-Show erinnert.
Verwaiste Riesenhalle
Normalerweise sind am Tag zwischen 3000 und 5000 Besucherinnen und Besucher in der Halle – heute sind Marketingdirektor Kim Schäfer und ich fast alleine. Die meisten der über 500 Mitarbeitenden sind in Kurzarbeit. "Ich weiß nicht, wer noch in der Halle ist", sagt Schäfer. "Vielleicht drei, vier Leute, die noch ein paar Installationsarbeiten machen. Und es ist relativ kühl."
Kühl im Vergleich zu den sonst tropischen Temperaturen in der Halle. Aber ein bisschen geheizt wird auch ohne Besuch. Es leben Tiere und Pflanzen im Park und draußen liegt Schnee. So leer finde ich den Park eigentlich ganz angenehm.
Kim Schäfer hält den Lockdown für sinnvoll, mehr Trubel wäre ihm aber trotzdem lieber: "Es ist alles komisch. Es ist traurig, wenn man das hier so sieht. Und wenn man weiß, was das alles an Arbeit und Mühe kostet und an Geld verschlingt und dass keiner hier sein darf. Das ist schon ein bisschen deprimierend. Und jetzt ist noch nicht mal Wasser hier im Becken."
Der Park nutzt den Lockdown für Wartungsarbeiten, darum ist zum Teil das Wasser abgelassen. Ein paar der anderen Becken sind gefüllt, um die riesigen Pumpen und Rohe in Betrieb zu halten.
Hygienekonzept mit Hygienepatrouille
Von März bis Juni war das "Tropical Islands" schon einmal geschlossen, seit November erneut. Dazwischen, das zeigen die vielen Hinweisschilder und Desinfektionsmittelspender, brauchte es ein Hygienekonzept:
"Die erste große Regel war, dass wir nur die Hälfte der Kapazität hier reinlassen. Wir haben maximal 3000 Leute hier reingelassen", schildert Schäfer.
"Dann haben wir mit Aufklebern und Schildern versucht, dass die Leute ihren Abstand wahren, so das Übliche halt. In der Halle ist selber keine Maskenpflicht, wir haben dann später in den Restaurants eine Maskenpflicht eingeführt und in den Geschäften", so Schäfer weiter. "Wir haben extra eine Hygienepatrouille rumlaufen lassen, die unsere Gäste freundlich darauf hingewiesen hat, bitte die Maske zu tragen und, und und."
Unsere Wanderung durch die leere Halle ist unwirklich. Auf einem kleinen Hügel stehen riesige tropische Pflanzen. Die Blätter schlagen einem auf den schmalen Waldwegen ins Gesicht. Waldgeräusche vom Band.
Ein paar Schritte weiter, in einem unechten Tümpel, lebt eine Gruppe echter Flamingos. Durch die transparente Decke sieht man den grauen Himmel über Brandenburg. An einem der Wege warten drei bunte tropische Fasane auf uns. Sonst sehe man sie kaum, sagt der Marketingdirektor. Die Tiere seien schreckhaft, aber nun hätten sie den Park für sich.
Schnee im Außenbereich
Immer wieder tauchen Türen auf. Durch die man eines der teuren Hotelzimmer mitten in der Halle betreten kann oder einen Wellnessbereich. Dort riecht es nach Massageöl.
Wir steigen ein paar Treppen hinab, grüßen einen Techniker und verlassen das Haus durch eine andere Tür. Wir stehen wieder im Wald.
Während wir ganz allein auf den 27 Meter hohen Rutschenturm steigen, erklärt Kim Schäfer, was die Arbeit im Park für ihn nach all den Jahren noch immer so spannend macht:
"Die Faszination ist, dass es weiterhin wirkt auf die Gäste. Und wenn man selber hier ist, gerade abends, hat es wirklich eine tropische Atmosphäre. Ist ja nichts Plastik hier, ist ja alles echt."
Von hier oben sieht man den Strand, Restaurants, einen Kinderspielplatz, einen Bereich mit Zelten. Dahinter erstreckt sich ein Horizont aus grauen Hallenwänden.
Im Außenbereich stehen wir schließlich knöcheltief im Schnee. "Tut mir leid, ist halt Tropical Islands hier." Kim Schäfer fotografiert. Seit sechs Jahren gibt es die beheizten Außenbecken. Und gerade heute liegt zum ersten Mal Schnee:
"Jetzt haben wir jahrelang gewartet, dass wir endlich mal Bilder machen können von Gästen, die draußen im Wasser sind, das Wasser dampft und drumherum ist Schnee – und was haben wir? Lockdown!"
Zukunft trotz Lockdown gesichert
40.000 Euro Fixkosten hat der Park am Tag, schätzt Kim Schäfer – auch ohne Gäste. Löhne, Aufstocken des Kurzarbeitergeldes oder Heizkosten und Wartung etwa.
Um die Zukunft von "Tropical Islands" macht er sich trotzdem keine Sorgen. Der Park gehöre einem großen spanischen Investor, der weiterhin zahle. Und man bemühe sich um Kredite.
Mit einer Wiedereröffnung rechnet er nicht vor März – ein entsprechendes Marketingkonzept sei aber sicherheitshalber schon in Arbeit.