Fremdenfeindlichkeit

Wir Rechtspopulisten

"Bärgida"-Demonstranten von der Gruppe "Bärliner Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes"
"Bärgida"-Demonstranten von der Gruppe "Bärliner Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes" © imago stock&people
Von Fabian Köhler |
Rechtspopulisten seien nicht die Ausnahme, beobachtet der Journalist Fabian Köhler. Vielmehr würden sie die politische Kultur Deutschlands spiegeln. Tatsächlich grenze sich die ganze Gesellschaft immer wieder von Flüchtlingen, Muslimen und Migranten ab.
Als die selbsternannte "Alternative für Deutschland" ihr neues Parteiprogramm verabschiedete, waren sich die meisten Medien und Politiker in ihrer Ablehnung einig: "Anti-Islam-Kurs", "gegen das Grundgesetz", "Ende der Religionsfreiheit". Von einer "Anti-Deutschland-Partei", redete CDU-Generalsekretär Peter Tauber; von einer "zerstrittenen Rechtsaußen-Partei", sprach der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner.
Wir Demokraten gegen die Rechtspopulisten. Toleranz gegen Ausgrenzung. Willkommenskultur gegen Abschottung. Das klingt gut, ist aber völlig verlogen.
Denn so groß auch die Empörung über Wahlerfolge der AfD, Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Aufmärsche fremdenfeindlicher Ossis ist, die Gleichung, "dort das Pack, hier die demokratische Mehrheit", geht nicht mehr auf. Wenn sie es überhaupt jemals tat.
In einer schizophrenen Art der Selbstverleugnung schaffen es Medien, Politiker und die Öffentlichkeit Positionen zu verurteilen, die sie selbst vertreten: "Moscheen oder Minarette wirken da manchmal eben als Fremdkörper einer Religion, die hier nun mal nicht heimisch ist". Dieser Satz stammt nicht von der AfD, sondern vom CSU-Innenpolitiker Hans Peter Uhl.
Bewaffnete Grenzer einzusetzen, um "unkontrollierte Einwanderung" zu beenden, das forderte der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer. Und dass Flüchtlinge, die sich strafbar machen, ihr "Gastrecht" verwirkt hätten, wurde zur These von Sarah Wagenknecht, Chefin der Bundestagsfraktion "Die Linke".
Mehr noch: Migrantenfeindliche Positionen, die in der politischen Debatte zur eigenen Imagewahrung empört zurückgewiesen werden, sind still und leise zur politischen Realität geworden: "Kriminelle Ausländer raus" brüllten früher Nazis vom lokalen Dorfplatz. Seit Januar und infolge der Silvesternacht von Köln ist diese Forderung zum Gesetz geworden: Straffällige Ausländer können nun leichter ausgewiesen werden.

Die AfD ist nicht die Ausnahme

Dass die EU ihre Grenzen so dicht macht, dass die Zahl neu ankommender Flüchtlinge in Deutschland mittlerweile gegen null tendiert, hätte sich Lutz Bachmann in seinen islamfeindlichsten Träumen wohl nicht vorstellen können.
Rechtspopulisten à la AfD sind nicht die rechte Ausnahme. Sie sind das ungeschönte Spiegelbild der politischen Kultur eines Landes, die sich von Linke bis CSU nach rechts verschoben hat.
In einem Land, in dem mindestens einmal pro Monat ein neues Gesetz zur Einschränkung des Asylrechts und zur Verschlechterung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen beschlossen wird in diesem Land steht kaum noch jemand links der CDU-Bundeskanzlerin, diskutieren wöchentlich Talkrunden darüber, welche "berechtigten Sorgen vor dem Islam" man als nächstes ernst nehmen sollte.
Auch das Halluzinieren vor einer angeblich islamischen Überfremdung war bis vor zwei Jahren noch eine exklusive Domäne des rechten Randes. Heute vergeht keine Woche, ohne dass irgendein Gebetsteppich in der Uni, ein respektloser schweizerischer Schüler oder einen Flüchtling, der sich in der Sauna geirrt hat, dafür herhalten muss, um die vermeintliche Unvereinbarkeit von Migranten und abendländischer Kultur zu beschwören.
Und nein, diese ausgrenzenden Debatten, ob und wie viel Islam zu Deutschland gehöre, dient nicht der Vermittlung freiheitlicher Werte. Sonst hätten AfD, NPD und Co. schon längst einen Integrationsbambi verdient.
In Wahrheit verbirgt sich hinter dem hübschen Etikett von "Wir Demokraten gegen euch Rechtspopulisten" längst die ernüchternde Realität: "Wir Rechtspopulisten gegen euch Flüchtlinge, Muslime und Migranten."

Fabian Köhler hat in Jena und Damaskus Politik- und Islamwissenschaft studiert. Als freier Journalist schreibt er für Magazine und Zeitungen über Flüchtlinge und Islam(ophobie) und reist durch den nahen Osten oder das, was davon übrig ist.

© Camay Sungu
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